In den innerstädtischen Bereich rund um das ehemalige Capitol-Kino in der Herzogstraße scheint endlich wieder Bewegung zu kommen. Nachdem bereits 2016 ein Konzept zur Nutzung der Grundstücksflächen in diesem Bereich auf den Weg gebracht, aber an den fehlenden Finanzmitteln des ursprünglich an der Entwicklung interessierten Investors gescheitert war, hat mittlerweile erneut eine Investorengruppe großes Interesse an der Projektentwicklung bei Akzeptanz der städtebaulichen Sanierungsziele gezeigt.
Das bedeutet, dass diese nicht nur Wohngebäude errichten dürfen, sondern in diesem Zuge auch das ehemalige Kino und die alte Scheune zwischen Heidelberger und Herzogstraße sanieren werden – quasi eine Mischkalkulation.
Der Gemeinderat nahm nun mehrheitlich (bei vier Neinstimmen und drei Enthaltungen) in seiner Mittwochssitzung Kenntnis vom derzeitigen Entwicklungsstand und den Zielen für diese innerstädtische Erneuerungsmaßnahme. Mit einer neuen Investorengruppe, die bereits vielfältige Erfahrungen in der Entwicklung denkmalgeschützter Gebäude hat, soll jetzt die Umgestaltung des städtebaulich interessanten Bereiches realisiert werden.
Die vorgesehene städtebauliche Neuordnung sieht das Freistellen des stadtbildprägenden Capitols verbunden mit der Schaffung eines öffentlichen, verkehrsberuhigten Platzraumes mit hoher Aufenthaltsqualität vor. Zudem ist eine fußläufige Anbindung zur Fußgängerzone Mannheimer Straße geplant. Zusätzlich wird der Investor auf den sich inzwischen im Eigentum der Stadt befindlichen Grundstücken zwei Wohnhäuser mit einer Tiefgarage errichten. Auch die denkmalgeschützte städtische Scheune in diesem Bereich wird saniert. Das Capitol liegt im Sanierungsgebiet „Herzogstraße/ Schlossplatz“, für das die Förderung bis April 2024 verlängert wurde.
Schon 2009 gestartet
Mit dem städtebaulichen Erneuerungsgebiet „Herzogstraße Schlossplatz“ war die Stadt 2009 in das Bund-Länder Sanierungsprogramm ASP (Aktive Stadtzentren) mit einer Finanzhilfe von zwischenzeitlich 3,3 Millionen Euro und einem Förderrahmen von 5,5 Millionen Euro (einschließlich des kommunalen Anteils) aufgenommen. Die bisher bedeutendste städtebauliche Erneuerungsmaßnahme in diesem Sanierungsgebiet war die Neugestaltung des Schlossplatzes (Planung 2008-2009/Fertigstellung 2011).
Im nächsten Schritt gilt es nun, den städtebaulich neu entwickelten Bereich Capitol in die Umsetzung zu führen, innerstädtische Funktionen zu vitalisieren und historische Gebäude mit der Moderne zu verknüpfen. „Das ist jetzt ein Neustart“, meinte Bürgermeister Matthias Steffan und hoffte auf die Rückendeckung durch den Gemeinderat.
Einer der wichtigen Förderschwerpunkte im Programm der Städtebauförderung deckt sich mit den Vorhaben der Stadt im Zielplangebiet, nämlich Neustrukturierung, Sanierung und Umnutzung leer stehender, fehl- oder mindergenutzter Flächen und baulich vorgenutzter Brachflächen mit Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel und zur ökologischen Erneuerung, Verbesserung des Stadtbildes, unter anderem in den Handlungsfeldern Optimierung der Energieeffizienz, Verbesserung des Stadtklimas, Reduzierung von Lärm und Abgasen, Aktivierung der Naturkreisläufe, Verbesserung der grünen und blauen Infrastruktur sowie Qualifizierung von multifunktionalen Grün- und Freiräumen.
Die Verwaltung hatte bereits 2014 ein städtebaulich wertvolles und nachhaltiges Konzept der Nutzung der Grundstücksflächen im Bereich des Capitols entwickelt. Dieses wurde nochmals präzisiert und im Gemeinderat verabschiedet.
Zieger will lieber selbst bauen
Werner Zieger (Die Linke) hatten dagegen gestimmt. Für ihn sind diese Grundstücke dort Filetstücke, die er nicht einem privaten Investor überlassen will: „Hier sollte die Stadt bauen, zumal ihr schon ein Teil der Grundstücke gehört.“ So ähnlich sah es Haydar Sahin (Aktive Bürger). Mit dem Verkauf der Grundstücke gebe die Stadt die Steuerungsmöglichkeiten aus der Hand: „Wir tragen dazu bei, dass auf teurem Grundstück kein bezahlbarer Wohnraum entsteht, sondern Spekulationsobjekte. Das möchte ich nicht.“
Stattdessen solle lieber die Schwetzinger Wohnbaugesellschaft SWG dort bezahlbaren Wohnraum schaffen. Auch die Gestaltung sieht er fragwürdig: „Braucht Schwetzingen noch eine große Plaza, wo die Schönen und Reichen sich sehen lassen und gesehen werden wollen?“ Bürgermeister Steffan entgegnete dazu, dass die – von allen gewünschte – Erhaltung von Capitol und Scheune nur möglich sei, wenn ein Investor an anderer Stelle dementsprechende Einnahmen erziele.
Dr. Michael Rittmann (Bündnis 90/Die Grünen) hatte zwar dem neuen Zielplan zugestimmt. Für die Zukunft kündigte er aber an, die Planung der städtebaulichen Erneuerung im Bereich Herzogstraße/Capitol nicht mehr zu unterstützen, falls bei den nächsten Entscheidungsschritten weiterhin keine Festlegung auf eine nachhaltige ökologische und klimaverträgliche Gestaltung erfolgt: „Vage und unverbindliche Formulierungen wie ,nach Möglichkeit’ reichen nicht. Vor den nächsten Entscheidungen erwarte ich frühzeitige Information und ausreichend Zeit und Raum für Diskussion und für Mitsprache bei der Gestaltung.“ Darin wisse er sich mich mit den Mitgliedern seiner Fraktion einig.
Wichtigste Ziele der Erneuerungsmaßnahme rund ums Capitol
Erhalt, Sanierung und Nutzung der denkmalgeschützten städtischen Scheune. Der Erhalt des Capitol-Gebäudes wurde 2016 schon fest-geschrieben.
Städtebauliche Neuordnung und Neubebauung mit maximal zwei Vollgeschossen plus Dachgeschoss im Bereich der im Plan rot eingezeichneten Gebäudestandorte (Neubauten). Diese dienen als neue städtebauliche Raumkanten.
Nach Möglichkeit Erhalt des großen und alten Nussbaumes auf dem Grundstück neben dem Lokal „Da Lillo“.
Parken möglichst weitgehend in einer Tiefgarage unter dem öffentlichen Platz und unter der Neubebauung.
Verkehrsberuhigter Bereich – also Schrittgeschwindigkeit und Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer (ähnlich Schlossplatz) – mindestens im Bereich der im Zielplan beige markierten Flächen (öffentlicher Platz), fußläufige Verbindung zur Mannheimer Straße.
Schaffung eines Brunnens oder einer Wasserfläche im Bereich des öffentlichen Platzes. Begrünung der fußläufigen Erschließungsfläche zur Mannheimer Straße.
Versetzung/Aufrüstung des Stromverteilerkastens an einen Standort mit vertretbarer städtebaulicher Verträglichkeit. ali
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