Schwetzingen. Ein Leserbriefschreiber aus Schwetzingen hatte schon Quellen aufgetan, die zeigen, dass das Rokokotheater nicht erst vom NSDAP-Blatt „Hakenkreuzbanner“ so genannt wurde. Die hat Landtagsabgeordneter Andreas Sturm (CDU) nun im Landesarchiv eruiert und davon zum Beweis Abzüge anfertigen lassen. Lediglich die Quelle, dass schon 1907 die Bezeichnung verwendet worden sie, konnte nicht gehalten werden. Denn damals wurde zwar der Begriff Rokokotheater verwendet, gemeint war damals aber eine Freilichtaufführung am Apollo-Brunnen.
Aber eindeutig belegbar ist, dass die Karlsruher Zeitung bereits im Jahr 1928 über eine Sammlung berichtete, die dem Rokokotheater in Schwetzingen zugute kommen sollte. In einer Mitteilung vom Freitagnachmittag fordert Andreas Sturm deshalb die Staatlichen Schlösser und Gärten (SSG) dazu auf, die geplante Umbenennung in „Pigage-Theater“ zu stoppen und den Vorschlag zurückzunehmen.
Sturm sagt dieser Zeitung exklusiv im Gespräch: „Die Behauptung der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, der Name Rokokotheater sei im Jahre 1937 durch die NSDAP-Zeitung gegeben worden, ist unzutreffend. „Ich habe es von Beginn an nicht geglaubt und es hat mir keine Ruhe gelassen. Aus diesem Grund habe ich selbst in digitalen Zeitungsarchiven recherchiert. Früher wäre das alles viel zeitaufwändiger gewesen, heute hat man es aufgrund der Digitalisierung einfacher“, berichtet Sturm.
Fündig geworden ist der CDU-Landtagsabgeordnete in der Badischen Zeitung vom 4. / 5. Juli 1936, in welcher in der Abendausgabe ein ausführlicher Bericht zu finden ist, der den Titel „Rokokotheater im Dornröschenschlaf“ trägt und in dessen Mittelpunkt das Schwetzinger Rokokotheater steht. Und das deutet darauf hin, dass der Begriff auch 1936 nicht zum ersten Mal verwendet worden ist.
Sturm geht nach dem Ergebnis seiner Recherchen sogar noch einen Schritt weiter: „Auch die Behauptung, dass das Rokokotheater erst im Dritten Reich zu seinem Namen kam, hält einer historischen Prüfung nicht stand. In der Karlsruher Zeitung vom 5. Januar 1928 wird über eine Geldsammlung für das Schlosstheater berichtet. Und dort ist unter anderem folgendes Zitat zu finden: „Als des einzigen in seiner ursprünglichen Form erhaltenen Rokokotheaters in Deutschland.“
Weitere Erwähnungen, beispielsweise aus dem Jahr 1907, ließen sich nicht zweifelsfrei dem Schlosstheater zuordnen. Es zeige sich aber auch da schon, dass es im Schlossgarten eine Tradition von Theaterstücken aus der Rokokozeit gegeben habe und diese Stilrichtung eng mit dem Schloss verbunden gewesen sei.
Da wird rufschädigend gehandelt
Sturm argumentiert so: „In meiner ersten Stellungnahme in dieser Angelegenheit in der Schwetzinger Zeitung habe ich gesagt: Wer solche Ausführungen – eine Verbindung des Rokokotheaters zur NSDAP – öffentlich als Begründung für die Namensänderung nennt, der hat hoffentlich genau abgewogen, ob er damit rufschädigend handelt oder nicht. Aber offenbar fand hier weder eine Abwägung noch zuvor eine saubere Recherche statt. Nicht nur ich, sondern auch Bürgerinnen und Bürger, die mich kontaktiert haben, werden den Eindruck nicht los, dass man hier mit dem Nazitotschlagargument an die Öffentlichkeit ging, weil man ja weiß, dass es sofort zu einer natürlichen Abwehrhaltung kommt, weil niemand mit den Nazis etwas zu tun haben möchte.“
„Festzuhalten bleibt, dass hier eine Falschinformation in die Welt gesetzt wurde und mit dieser gearbeitet wird. Zunächst führte Michael Hörrmann, der Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, aus, dass der Name durch das zentrale Presseorgan der NSDAP in Mannheim und der Region, eingeführt worden sei und sagte: ,Auch wenn der Name selbst nicht belastet ist, sind die Umstände ohne Frage ein weiterer triftiger Grund für die Umbenennung.’ Im Interview mit der SZ wiederholt Hörrmann diese Aussage noch: ,Hinzu kam dann noch die Sache, dass der Begriff Rokokotheater erst in der Nazizeit aufkam.’ Diese absurde Argumentation habe ich sofort zurückgewiesen. Ich hoffe, dass die Verantwortlichen ihre Behauptung auch öffentlich zurücknehmen, damit keine Verbindung zwischen dem Rokokotheater und dem Dritten Reich hängen bleibt.“
Wer sich selbst von der Quellenlage überzeugen möchte, der kann Abdrucke der historischen Zeitungsausgaben im Wahlkreisbüro von Andreas Sturm in Hockenheim, Rathausstraße 2 anschauen, diese sind an der Plakatwand gut sichtbar angebracht. Sturms Dank gilt in diesem Zusammenhang einer sachkundigen Bürgerin und zwei Bürgern aus Schwetzingen sowie dem digitalen Archiv der Badischen Landesbibliothek, das maßgeblich zur Klärung des Sachverhaltes beigetragen habe, so der Abgeordnete im Gepräch.
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Schwetzinger Zeitung Plus-Artikel Rokokotheater Schwetzingen Braucht es Pigage?