Rokokotheater Schwetzingen

Umbenennung des Rokokotheaters: Verantwortliche stehen Rede und Antwort

Michael Hörrmann, der Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser und Gärten (SSG), steht in der Redaktion unserer Zeitung Rede und Antwort zur Umbenennung des Rokokotheaters in Schwetzingen. Die Nachricht hatte für viel Unmut gesorgt.

Von 
Jürgen Gruler und Katja Bauroth
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Der Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser und Gärten Michael Hörrmann (r.) beim Redaktionsgespräch mit Chefredakteur Jürgen Gruler. © Bauroth

Die Volksseele in Schwetzingen kocht. Das Rokokotheater soll künftig Pigage-Theater heißen, wenn es nach dem Willen der Staatlichen Schlösser und Gärten geht. Alle drei Landtagsabgeordneten der Region wenden sich gegen das Vorhaben. In einer Bürgerversammlung im Theater sollen am 13. Dezember die Beweggründe erläutert werden, sagt Geschäftsführer Michael Hörrmann im Redaktionsgespräch. Oberbürgermeister Dr. René Pöltl steht eher aufseiten der Schlossverwalter. Aber es gibt eine breite Front der Ablehnung in der Öffentlichkeit, diverse Leserbriefe erreichten diese Zeitung und auch über eine Unterschriftensammlung wird nachgedacht.

Michael Hörrmann, der Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser und Gärten (SSG), gibt unumwunden zu: „Diese Reaktion hätte ich nicht erwartet. Eine große Akzeptanz in der Bevölkerung ist das höchste Gut für einen neuen Namen. Die Reaktionen in Schwetzingen zeigen mir, dass es uns nicht gelungen ist, mit unserer Pressemitteilung unsere Intention darzustellen und die Bürger zu überzeugen“, sagt er am Dienstag zur Mittagszeit in der Redaktion unserer Zeitung, wohin er zu einem Gespräch geeilt ist, nachdem wir ihn morgens mit Fragen konfrontiert hatten.

„Aufgrund der regen Diskussion wollen wir auf die Menschen zugehen und bieten am Dienstag, 13. Dezember, um 18 Uhr eine Bürgerversammlung am historischen Ort des Geschehens im Theater an. Dort wollen wir die Beweggründe erläutern und uns der Kritik und den Bedenken der Bürger stellen“, so Hörrmann. Kunsthistoriker und Konservator Dr. Ralf Wagner, Schlossverwalterin Sandra Moritz, SSG-Geschäftsführer Michael Hörrmann und vielleicht noch ein Pigage-Experte sollen auf der Bühne sitzen, die Moderation übernimmt eine neutrale Person.

Für Michael Hörrmann wird das wohl die letzte offizielle Veranstaltung in seinem Amt, er geht zum Jahresende in den Ruhestand. „Eigentlich ist das doch fantastisch, dass die Schwetzinger auf die Ankündigung der Umbenennung so stark reagieren, wenn ich mir auch andere Reaktionen gewünscht hätte, zeigt es doch, wie stark die Schwetzinger mit dem Schloss, dem Garten und dem Theater verbunden sind. Und ich will mich in gar keinem Fall im Unfrieden und Streit von meinem geliebten Schloss Schwetzingen verabschieden“, sagt Hörrmann und sichert auf Nachfrage zu: „Die Diskussion wird ergebnisoffen geführt. Das war eigentlich auch die Absicht bei unserer Pressemitteilung. Wir hatten ja betont, dass die Umbenennung zum 300. Geburtstag von Pigage am 3. August 2023 stattfinden soll bei einer entsprechenden Veranstaltung. Deshalb haben wir es bekannt gegeben, sodass jetzt noch Zeit ist zu diskutieren.“

Rokokotheater Schwetzingen in "Pigage-Theater" umbenennen: Wo kommt denn die Idee her?

Wer hatte denn eigentlich die Idee für die Umbenennung? „Wir sprechen schon länger darüber, denn aus konservatorisch-historischer Sicht ist es halt klassizistischer Stil, nicht Rokoko, den wir im Theater finden. Hinzu kam dann noch die Sache, dass der Begriff Rokokotheater erst in der Nazizeit aufkam und dass Pigage seinen 300. Geburtstag feiert. Der Begriff Rokokotheater ist eben kein Alleinstellungsmerkmal und da das Monument in Schwetzingen weltweite Bedeutung hat, wäre Pigage-Theater einmalig. Das schätzen auch Kulturveranstalter“, antwortet Hörrmann. Und Pigage sei wirklich eine außergewöhnliche Persönlichkeit, die die Ehrung verdient hätte. Er genieße deutschlandweite Präsenz“, ergänzt er noch.

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Schützenhilfe bekommt die SSG übrigens aus dem Schwetzinger Rathaus. Oberbürgermeister Dr. René Pöltl sagt, er sei „vor einigen Monaten von der Schlossverwaltung über die dort angedachte Änderung des Theaternamens informiert“ worden. Und wie findet er das? „Inhaltlich kann ich aus meiner Sicht sagen, dass ich die Ansicht des Landes teile, dass der bisherige eingeführte und überregional bekannte Name Rokoko historisch und inhaltlich unzutreffend ist. Ob man ihn deshalb ändert, kann man durchaus diskutieren, der gewählte neue Name Pigage ist aus meiner Sicht aber zutreffend und passend. Nicolas de Pigage hat als Entwerfer und Erbauer des Theaters und insbesondere des Barockgartens sehr grundlegende Verdienste. Dass sich ein Teil der Bevölkerung mit dieser Veränderung schwertut, ist für mich durchaus nachvollziehbar, gegebenenfalls war dies 1937 nicht anders, damals aus bekannten Gründen aber wohl kaum kommunizierbar“, sagt er uns.

CDU-Landtagsabgeordneter Andreas Sturm stellte am Dienstag eine offizielle Anfrage an die Landesregierung. Erstaunt zeigt er sich darüber, dass in der bereits gedruckten Broschüre der Schwetzinger SWR Festspiele 2023, die just an dem Tag in der Post lag, an dem die Staatlichen Schlösser und Gärten ihre Pressemitteilung versendet haben, der Name Rokokotheater gar nicht mehr auftaucht und stattdessen bereits überall Pigage-Theater stehe. „Damit ist klar, dass die Umbenennung schon längst intern verarbeitet wurde und die Broschüren bereits fertig waren, bevor die Öffentlichkeit darüber informiert wurde. Für mich ist das ein skandalöser Vorgang“, kritisiert Sturm scharf. Wir konfrontierten Hörrmann beim Redaktionsgespräch mit dem Vorwurf. Das sei reiner Zufall, dass Pressemitteilung und Broschüre am gleichen Tag rausgegangen seien. Die Festspielleitung habe man wie die Stadtverwaltung frühzeitig – vor einem Dreivierteljahr – über die Absicht informiert, weil sie stark betroffen seien.

Der CDU-Abgeordnete hat die Anfrage an die baden-württembergische Landesregierung gestellt, um einige drängende Fragen zu klären: „Ich möchte genau wissen, woher die Initiative zur Umbenennung kommt, in welchen Gremien das wann beraten wurde und wer im Einzelnen an der Entscheidung beteiligt gewesen ist“, sagt er unserer Zeitung. Ebenso interessiert den Abgeordneten, zu welchem Zeitpunkt politische Entscheidungsträger in den Umbenennungsprozess einbezogen waren.

Sturm befürchtet: „Es ist für mich vollkommen klar, dass diese Entscheidung spätmöglichst an die Öffentlichkeit ging, um Tatsachen zu schaffen, weil es eine breite Ablehnung dieser Umbenennung gibt. Mich erreichen diesbezüglich viele Zuschriften und Anrufe. Aus diesem Grund will ich von der Regierung wissen, weshalb es bei dieser historisch weitreichenden Entscheidung keine Bürgerbeteiligung gab, die doch sonst in jedem anderen Projekt gefordert werde.“

Sturm führt auch das Kostenelement an: Die Umbenennung gebe es zudem nicht zum Nulltarif, Schilder und Informationsmaterialien müssten geändert werden, aus diesem Grund beziehe sich eine Frage auch auf die Kosten dieser „Geheimaktion“. Er nennt die Namensumbenennung „einen großen Marketingschaden für das Schloss. Die Umstände der Namensumbenennung gilt es lückenlos aufzuklären“, fordert der CDU-Abgeordnete. Und das sehen seine Kollegen Daniel Born (SPD) und Andre Baumann (Grüne) ganz ähnlich (ihre Stellungnahmen finden Sie auf Seite 10).

Rokokotheater Schwetzingen in "Pigage-Theater" umbenennen:Viele halten es für einen Witz

Nicht nur in Schwetzingen gebe es große Fragezeichen, berichtet Andreas Sturm noch auf Reaktionen auf seine erste Presseerklärung, in der er das Vorgehen kritisiert hatte: „Da ich als kulturpolitischer Sprecher der CDU an einer Podiumsdiskussion teilgenommen habe, hatte ich am Wochenende Gespräche mit Kulturschaffenden und Inhabern von Privattheatern, welche die Meldung immer noch für einen Witz beziehungsweise für einen Schildbürgerstreich halten. Für mich ist klar, dass die Umbenennung rückgängig gemacht werden muss. Ich bin hier auch im Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern, wir überlegen, ob wir eine Unterschriftenaktion oder eine Onlinepetition starten sollen. Das Rokokotheater als jahrzehntelang geführte Weltmarke muss weiterhin für Schwetzingen und unsere ganze Region strahlen“, schließt Sturm.

Chefredaktion Jürgen Gruler ist Chefredakteur der Schwetzinger Zeitung.

Autor Katja Bauroth liebt Begegnungen und Storys - im Lokalen und auf Reisen.

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