Schwetzingen. Es gibt Nachrichten, die schlagen ein wie ein Blitz, machen sprach- und fassungslos, sind nur schwer zu begreifen: So geht es den Menschen, die am Mittwochmittag erfuhren, dass Siegfried Kollmar tot ist.
Der in Schwetzingen wohnende Polizeipräsident des Präsidiums Mannheim verstarb laut Angaben der Polizei am Abend des 12. März ganz unerwartet nach einer geplanten Operation. Er wurde nur 62 Jahre alt. Für seine Ehefrau Andrea und seine Tochter Nadine sowie die gesamte Familie, seine Freunde und Kollegen sowie jene, die ihn kannten und schätzten, ein Schock.
Siegfried Kollmar: Stationen seines Lebens
- Siegfried Kollmar ist am 14. Oktober 1961 in Heidelberg geboren.
- 1979 tritt er in den Polizeidienst ein und steigt 13 Jahre später erst in den gehobenen, 1998 in den höheren Polizeivollzugsdienst auf.
- 1998 wird Kollmar Referent für Öffentlichkeitsarbeit im Innenministerium Baden-Württemberg. 1999 folgt dann der Wechsel ins Polizeipräsidium Mannheim als Leiter Inspektion Zentrale Aufgaben. Ein Jahr später wird Kollmar Leiter der Kriminalinspektion 2.
- 2009 wechselt er zur Polizeidirektion Heidelberg. Im darauffolgenden Jahr wird er Leiter der Kriminalpolizei der Polizeidirektion Heidelberg.
- 2018 wird Kollmar nach acht Jahren Kripo-Leitung zusätzlich Vizepräsident des Polizeipräsidiums Mannheim.
- 2021 wird er zum Präsident des Polizeipräsidiums Mannheim berufen.
- Siegfried Kollmar stirbt am 12. März 2024 überraschend nach einer geplanten Operation.
„Die Beschäftigten des Polizeipräsidiums sind tief betroffen vom Tod ihres Dienststellenleiters. Unsere Gedanken sind bei seiner Familie“, teilt das Präsidium Mannheim mit. Die Dienststelle in Mannheim wird bis auf Weiteres durch Polizeivizepräsidentin Ulrike Schäfer geleitet.
Siegfried Kollmar war Vollblutpolizist seit 1979. Er verkörperte einen Polizeibeamten, der sich vom einfachen Streifenpolizisten bis ganz nach oben gearbeitet hatte. Vom Kripochef und Vizepräsidenten wurde der 62-Jährige im Juli 2021 zum Präsidenten des Polizeipräsidiums Mannheim ernannt und war von da an zuständig für die Sicherheit von rund einer Million Menschen auf einer Fläche von 1315 Quadratkilometern. Im Sommer dieses Jahres wollte er in den Ruhestand gehen.
Polizeipräsident Siegfried Kollmar: Authentisch, ehrlich, verlässlich
Das Präsidentenamt übertragen bekommen zu haben, bezeichnete Siegfried Kollmar in einem Interview mit dieser Zeitung zu seinem 60. Geburtstag im Oktober 2021 als „die Krönung meiner Laufbahn, eine große Ehre und viel Verantwortung“. Die Verantwortung hatte er dabei 24/7, musste also rund um die Uhr telefonisch erreichbar sein, wie er damals erzählte.
Siegfried Kollmar war durch seinen kooperativen Führungsstil sehr beliebt, galt als zugänglich, sachlich und hatte stets ein offenes Ohr für seine Mitarbeitenden. Ihm war es wichtig, neben der fachlichen, sozialen und persönlichen Kompetenz als Führungskraft authentisch, ehrlich und verlässlich zu sein sowie eine Vertrauensbasis zu den Mitarbeitern zu haben. „Dazu gehört für mich, dass man sich auch kritisch auseinandersetzen muss, denn ich muss auch viele Entscheidungen treffen, bei denen ich der Kollegin oder dem Kollegen nichts zukommen lassen kann und trotzdem einen ordentlichen, engagierten Dienst abverlange“, so Kollmar im Gespräch 2021. Ihm war es stets wichtig, den Menschen hinter dem Kollegen zu sehen und sich in dessen Lage zu versetzen. Dabei begegnete er jedem Mitarbeiter des Polizeipräsidiums auf Augenhöhe, schätzte jeden einzelnen. Das machte Siegfried Kollmar aus: Er war vor allem Mensch – bodenständig, umgänglich, blieb sich selbst und seinen Prinzipien treu. Ein Vorbild eben.
Und er war ein Heimatmensch, was sich zuletzt auch durch die Kandidatur für den Kreistag ausdrückte: Er ließ sich auf Listenplatz vier für die Schwetzinger Freien Wähler bei der anstehenden Kommunalwahl am 9. Juni aufstellen. Denn er weiß sehr wohl, wie wichtig es ist, die Demokratie zu verteidigen und zu schützen eben durch kommunalpolitisches Engagement, durch den Einsatz an der Basis.
Was Polizeipräsident Siegfried Kollmar wichtig war
Gerade durch den Polizeiberuf erlebte er die Veränderungen in unserer Gesellschaft hautnah und spürbar mit, die er im Interview 2021 wie folgt beschrieb: „Die Gesamtgesellschaft hat sich verändert, alles entwickelt sich weiter und manchmal in eine Richtung, die man gerne ändern würde. Es macht mich wütend und traurig, wenn ich Fälle anschaue, wo junge Menschen Flaschen auf Polizisten werfen. Das darf nicht sein und da greifen wir zur Not auch hart durch, setzen alles daran, die Tatverdächtigen zu ermitteln und zur Anzeige zu bringen. Ich finde es auch zu kurz gegriffen, wenn man das jetzt alles der Corona-Pandemie und den Entbehrungen für viele Menschen zuschreibt. Das mag mit ein Grund sein, aber es gibt doch viele Ursachen, wie die Frage nach den Werten der Menschen von heute, nach ihren Vorstellungen von Leben und Freiheit und ob und wie sie bereit sind, sich für unsere Gesellschaft einzusetzen. Da spielt auch sonst alles hinein, die vielen Kommunikationsplattformen, Social Media oder die Zukunftschancen der Menschen. Wenn man alles betrachtet, dann bleibt nur, die Werte, den Respekt gegenüber jedermann, die Achtung des Anderen und vieles mehr in die Sozialisationsphasen der Menschen einzubauen. Angefangen bei der Familie, über die Vereine bis hin zum Beruf. Wie bei einem guten Uhrwerk greifen dann irgendwann die Rädchen reibungslos ineinander und es funktioniert insgesamt gut oder zumindest besser. Wir haben immer noch sehr, sehr viele tolle Menschen unter uns – alle müssen in die richtige Richtung steuern, damit es wieder besser wird. Denn es muss besser werden.“
Dabei ging Siegfried Kollmar durchaus auch mit dem eigenen Berufsstand hart ins Gericht: „Für uns als Polizei gilt, dass wir als Vorbild vorangehen müssen. Ordentliche Dienstkleidung, eine respektvolle Ansprache und ein angemessener Ton sind die Grundvoraussetzungen. Nur wenn ich Respekt vorlebe, kann ich auch Respekt erwarten. Jetzt bin ich aber sicher nicht naiv und weiß, dass es bei 2650 Beschäftigten auch Fälle gibt, die seitens der Beamtinnen und Beamten nicht optimal gelaufen sind. Ich bin mir dann nicht zu schade, mich für die Polizei zu entschuldigen. In gravierenden Fällen gilt es, schonungslos und objektiv das Geschehen aufzuklären und Disziplinarmaßnahmen zu ergreifen.“ Er setzte sich dafür ein, in seinem Berufsstand ein klares Zeichen gegen Diskriminierung, Rassismus und Extremismus zu setzen.
Trotz seines vollen Terminkalenders im Berufsleben sowie als Vorsitzender der International Police Association – die größte internationale Berufsvereinigung von Polizeibediensteten – nahm sich Siegfried Kollmar als großer Fußballfreund stets Zeit, die Begegnungen seines Heimatvereins SG Heidelberg-Kirchheim gegen den SV 98 Schwetzingen zu besuchen („Davon kann mich eigentlich nur eine private Urlaubsabwesenheit oder der Dienst abhalten“). Als Fünfjähriger rannte er schon über den Rasen und kickte, war Keeper und bis 2019 Trainer. Dabei stieg er unter anderem mit Kirchheim in der Saison 20212/13 als Coach in die Verbandsliga auf. In seiner knapp bemessenen Freizeit schaltete Siegfried Kollmar gern mal beim Angeln am Rhein oder am Neckar ab, fuhr Motorboot und fand zuletzt beim Schlagzeugspielen seine Begeisterung.
Tod von Polizeipräsident Siegfried Kollmar: Große Betroffenheit in Schwetzingen
Am allerliebsten war er mit seinen Lieben, seiner Familie, zusammen, der große Anteilnahme widerfährt, etwa von Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl: „Wir trauern um Polizeipräsidenten Siegfried Kollmar. Die Polizeifamilie in Baden-Württemberg nimmt Anteil an seinem plötzlichen Tod. Unsere Gedanken in diesen schweren Stunden gelten seiner Familie und seinen Freunden. Siegfried Kollmar war ein Polizist mit Leib und Seele, geradlinig, ein Macher, der anpackt und nach vorne denkt, ein Polizist, der sich immer für seine Polizei eingesetzt hat.“
Der Mannheimer Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Thomas Mohr, sagte: „In den jeweiligen Rollen waren wir nicht immer einer Meinung. Dennoch pflegten wir einen respektvollen und sachorientierten Umgang. Die Nachricht erreichte mich schon in den frühen Morgenstunden und es macht mich betroffen und fassungslos."
Auch Landtagsabgeordnete der Region drücken ihr Mitgefühl aus und zeigen sich tief getroffen vom plötzlichen Tod des Mannheimer Polizeipräsidenten.
Andreas Sturm (CDU), Landtagsabgeordneter für den Wahlkreis Schwetzingen und Gemeinderat in Neulußheim: „Die Nachricht vom plötzlichen Tod von Siegfried Kollmar hat mich tief getroffen. In diesen schweren Stunden spreche ich seiner Familie mein tiefstes Mitgefühl und meine aufrichtige Anteilnahme aus. Siegfried Kollmar war eine große Persönlichkeit und der von ihm in jungen Jahren gewählte Beruf Polizist wurde zu seiner Berufung. Im Mittelpunkt seines dienstlichen Handelns, zuletzt seit 2021 als Präsident des Polizeipräsidiums Mannheims, standen immer die Menschen, denen er stets aufrichtig und offen begegnete. Gespräche mit ihm im Polizeipräsidium Mannheim waren stets sehr wertvoll und deutlich, er nannte die Dinge beim Namen und sprach Klartext. Auch in der Kommunalpolitik setzte sich Siegfried Kollmar ehrenamtlich für seine Mitmenschen, unsere Gesellschaft und unsere Demokratie ein. Siegfried Kollmar hat sich im Laufe seines Lebens herausragende und bleibende Verdienste erworben. Wir alle verlieren einen leidenschaftlichen und unermüdlichen Kämpfer für Recht und Gerechtigkeit.“
Christiane Staab (CDU), Landtagsabgeordnete für den Wahlkreis Wiesloch: „Mit großer Betroffenheit und Bestürzung habe ich heute den plötzlichen Tod unseres Mannheimer Polizeipräsidenten Siegfried Kollmar zur Kenntnis nehmen müssen. Viele Jahre war Siegfried Kollmar zunächst als stellvertretender Präsident des Polizeipräsidiums Mannheim und dann als dessen Präsident für mich ein stets erreichbarer und verlässlicher Gesprächspartner. Während meiner Zeit als Bürgermeisterin der Stadt Walldorf sowie als Abgeordnete des Wahlkreises Wiesloch konnte ich mit den unterschiedlichsten Belangen der Inneren Sicherheit der Städte und Gemeinden meines Wahlkreises und des Rhein-Neckar-Kreises immer vertrauensvoll auf ihn zugehen. Mein tiefes Mitgefühl gilt seiner Familie und seinen Freunden, sowie den Kolleginnen und Kollegen des Polizeipräsidiums Mannheim.“
„Die Nachricht vom Tod Siegfried Kollmars hat mich mit großer Betroffenheit erfüllt“, reagiert Schwetzingens Oberbürgermeister Dr. René Pöltl auf entsprechende Nachfrage dieser Reaktion: „Als Schwetzinger Bürger war er auch stets in unserer Stadt präsent. Meine Gedanken in diesen schweren Stunden sind bei seiner Familie und allen, die ihm nahe standen.“
„Wir sind alle geschockt und zutiefst bestürzt, dass Siegfried Kollmar so unerwartet aus dem Leben gerissen wurde. Es ist ein Schicksalsschlag und wir sind in Gedanken bei seiner Familie“, reagiert Elfriede Fackel-Kretz-Keller, die Vorsitzende der Schwetzinger Freien Wähler. Es gibt Nachrichten, die schlagen ein wie ein Blitz, machen sprach- und fassungslos, sind nur schwer zu begreifen. Der Tod von Siegfried Kollmar gehört dazu.
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