Umfrage

Schwetzinger Festspiele: Diese Bedeutung hat das Festival für Schwetzinger

Die Schwetzinger SWR Festspiele 2025 gehen in ihr finales Wochenende. In einer Umfrage erzählen einige Schwetzinger über ihre Beziehung zu dem weltweit beachteten Festival.

Von 
Andreas Lin
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Endspurt heißt es an diesem Samstag für die Schwetzinger SWR Festspiele 2025. Ein Höhepunkt war die Musiktheaterproduktion ,,Amor vincitore". © SWR/Fernando Fath

Schwetzingen. Die Schwetzinger SWR Festspiele 2025 gehen an diesem Samstag zu Ende. Viele Menschen wissen vielleicht gar nicht um die internationale Bedeutung dieses weltweit größte Klassik-Radiofestivals. Deshalb haben wir uns bei einigen Schwetzingern umgehört, welche Bedeutung die Festspiele für Schwetzingen und auch für sie persönlich haben.

Welche Bedeutung haben die Festspiele Ihrer Meinung nach für Schwetzingen?

Ralf Eichhorn: Die Bedeutung der Festspiele für die Stadt ist erheblich. Nicht nur wird der Name Schwetzingen in die ganze Welt getragen – alle Konzerte werden vom Hörfunk mitgeschnitten – auch der direkte Einfluss ist allgegenwärtig. Die Künstler übernachten in der hiesigen Hotellerie, viele unserer Besucher kehren vor oder nach den Konzerten in der Gastronomie ein und auch der Einzelhandel profitiert von den tausenden Besuchern während der Festspielzeit.

Jürgen Pfau: Die SWR Festspiele gehören schon seit Jahren zu Schwetzingen, das ist ein großes Argument.

Hanna Schwichtenberg: Jedes Jahr freue ich mich auf den Mai in Schwetzingen. Es ist hierzulande die schönste Zeit: Leuchtender Frühling im Schlossgarten, Schwetzingen blüht auf - ein Fest für die Augen. Heimischer Spargel und Erdbeeren in Fülle - ein Fest für den Gaumen. Und das größte Highlight: die Schwetzinger SWR-Festspiele - ein Fest für die Ohren, ja für alle Sinne.

Manfred Kern: Historisch gesehen waren die Festspiele in der Kurpfalz als Gegenleistung für unsere Zustimmung zur Vereinigung von Baden und Württemberg gedacht. Der SWR als staatliche Einrichtung kommt der darin liegenden Verpflichtung mit großem Engagement nach. Schwetzingen darf stolz auf die Festspiele sein, sie sind ein großer Magnet für unsere Stadt und bereichern unser Kulturleben enorm. Die Stadt alleine würde diesen Aufwand keinesfalls stemmen können.

Dr. Michael Rittmann: Schwetzinger Spargel und Schwetzinger Festspiele gehören für mich zusammen. Sie haben unsere Stadt in ganz Deutschland bekannt gemacht, durch die Radioübertragungen der Konzerte sogar in Europa und darüber hinaus. Es wäre ein großer Verlust für Schwetzingen, wenn das Musikfestival wegen der Finanznot des SWR in Gefahr geriete. Ich hoffe sehr, dass die neue Leiterin die Attraktivität der Festspiele erhalten und mit neuen Formaten und einem neuen Zielpublikum sogar noch steigern kann.

Markus Bürger: Die SWR Festspiele haben für Schwetzingen eine große kulturelle und touristische Bedeutung. Sie bringen überregionale Aufmerksamkeit und machen unsere Stadt in ganz Deutschland und darüber hinaus bekannt. Auch wenn ich selbst kein Klassikexperte bin, erkenne ich den Wert dieser Strahlkraft – und begrüße es besonders, dass die Festspiele unter neuer Leitung Schritte gehen, um ein breiteres Publikum anzusprechen.

Robin Pitsch: Wenn man durch den Schlossgarten und die Stadt geht, dann merkt man schon: da ist was los. Es sind keine Massen wie bei Pop-Festivals oder Dieter-Thomas-Kuhn-Konzerten. Die Menschen sind gediegener, vielleicht auch schicker, tendenziell (leider) älter und vor allem: unaufgeregt. Man erkennt die Festspielbesucher. Die Festspiele sind für die Stadt und den Schlossgarten angenehm. Sie sollte es auf alle Fälle weiter geben. Gerne auch mit mehr Unterstützung des Landes. Wenn diese Festspiele in Ludwigsburg wären, würden die sich vor Zuschüssen gar nicht mehr retten können.

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Und welche Bedeutung haben die Festspiele für Sie persönlich?

Gerald Sams: Meine Beziehung zu den Festspielen ist ambivalent. Einerseits freue ich mich auf die Zeit, in der Schwetzingen in aller Munde, die Stadt noch belebter ist als sonst und man die Mitwirkenden auf dem Weg an den Instrumentenhüllen erkennt. Andererseits muss ich zugeben, noch nie ein Konzert besucht zu haben. Klassische Musik ist nicht so mein Fall, mit Ausnahme der populären Stücke wie Beethovens Sinfonien und die italienischen „Gassenhauer-“Arien. An die modernen Inszenierungen habe ich mich bisher noch nicht herangetraut.

Bürger: Persönlich sehe ich die Festspiele eher aus der Perspektive eines interessierten Außenstehenden. Ich schätze ihren Beitrag zum kulturellen Profil Schwetzingens, sehe aber auch, dass damit für die Stadt gewisse Kosten verbunden sind. Gerade in Zeiten angespannter Haushaltslagen ist ein offener Umgang mit der Frage nach Aufwand und Nutzen legitim – ohne die kulturelle Bedeutung infrage zu stellen.

Pitsch: Als Stadtrat sind die Festspiele natürlich ein Begriff und ein Pfund für Schwetzingen, mit dem man als Stadt aufwarten muss. Privat muss ich gestehen, dass ich bis vor drei Jahren eigentlich nur wenig Berührungspunkte zu den Festspielen habe - wie wohl auch viele andere Schwetzinger.

Haben Sie schon einmal ein Konzert besucht?

Hans-Peter Müller: Ich hatte das Vergnügen, die Premiere „Amor Vincitore“, also Reich mir die Hand, genießen zu dürfen. Ich war überwältigt von diesem im Prinzip Dreipersonenstück, wobei ich das erste Mal einen männlichen Sopranisten mit einer glockenklaren Stimme hören durfte. Gigantisch. Auch Chor und Orchester waren überwältigend. SWR Festspiele weiter so.

Dr. Rittmann: Seit über 50 Jahren besuche ich regelmäßig die Festspiele und bin immer wieder begeistert.

Schwichtenberg: Schon im Dezember studiere ich gründlich das noch druckfrische Programmheft und treffe meine Auswahl: Viermal feinste Kammermusik im Mozartsaal, ein besonderes Event im Rokokotheater und zweimal Nachtmusik, wo feine Perlen angeboten werden, sei es zarte Lautenmusik oder experimentelles crossover, wo sich Klassik und Moderne begegnen. Wenn das Festival zu Ende geht, habe ich viele musikalische Schätze gesammelt und das Beste ist, dass man viele Konzerte im Radio nachhören kann. In Schwetzingen geht es weiter mit der Fete de la musique zum Sommeranfang, wo die ganze Stadt singt und musiziert. Und im Herbst feiern wir in den historischen Schlossräumen das Schwetzinger Mozartfest mit wunderbarer Kammermusik. So erlebe ich Schwetzingen als musikbegeisterte Stadt und genieße ein großes Stück Lebensqualität.

Kern: Persönlich bin ich eher Jazz- als Klassikfan, finde aber immer wieder Highlights im Programm, die auch mich ansprechen. Mein erster Festspielbesuch war 1996: Meine Frau und ich hatten die Gelegenheit ergriffen, verbilligte Eintrittskarten mit schlechter Sicht ganz oben im „Olymp“ zu erwerben. Von dort schauten und hörten wir Achim Freyers „In Hora Mortis“, und ich war restlos begeistert. Danach war ich hin und wieder als Ehrengast bei den Premieren eingeladen, wovon mir die Haas-Oper „Bluthaus“ als das großartigste Werk in Erinnerung geblieben ist. Dieses Jahr waren wir noch nicht bei den Festspielen. Wenn es aber irgendwie machbar ist, gehen meine Frau und ich auch dieses Jahr wieder am letzten Festspielsamstag zu Lars Reichows Musikstunde.

René Kolb: Meine Frau und ich haben drei Veranstaltungen besucht, eine mit dem SMS als Netzwerktreffen und zwei als Churfürst begleitet. Bei allen drei Veranstaltungen haben wir eine sehr besondere Atmosphäre erlebt, tolle Künstler und herausragende Inszenierungen abgerundet mit der Schwetzinger Schloss Kulisse, die das Gesamterlebnis einmalig macht. Eine tolle Organisation, sehr freundliche und offene Mitarbeiter und eine überragende Cornelia Bend, die mit einer mitreisenden und lebendigen Freude durch die Räumlichkeiten fegt. Wir haben viele Menschen dort getroffen, die von weit her angereist sind, aber auch viele bekannte Gesichter aus der Region, die Festspiele sind für Schwetzingen ein tolles Aushängeschild, welches viele Menschen nach Schwetzingen zieht.

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Bürger: Ja, ich habe sowohl Opern- als auch Konzertaufführungen erlebt – stets angenehme Veranstaltungen, auch wenn klassische Musik nicht mein Heimspiel ist.

Pitsch: Ja, ich war auch schon mal zur Eröffnung dort, aber ehrlicherweise unregelmäßig, auch deshalb, weil ich das Konzept bislang dann doch recht elitär fand und alles war so abgegrenzt in Theater und Zirkelsaal. Dieses Jahr öffneten sich die Festspiele: ich finde die Musik in der Innenstadt toll, das Oboen-Wandelkonzert im Schlossgarten dieses Jahr war toll oder die Kinderkonzerte, die für Schüler die Musik einfach mal (be)greifbar machen. Auch die Kooperation mit anderen Gemeinden, z.B. mit Ketsch in der Kirche St. Sebastian finde ich gut. Wenn man die Festspiele noch mehr rausbringt aus ihrer elitär wirkenden Umgebung, wäre das auch für die klassische Musik an sich ein Gewinn.

Sabine und Walter Manske: Wir kommen gerade von einem Festspiel-Konzert im Rokokotheater und waren begeistert von dem Saxofon-Quartett mit Klavier und Violoncello. Wir besuchen seit mehr als 40 Jahren die Festspiele und waren schon oft begeistert von den Veranstaltungen, die in dieser Form einzigartig sind. Wir haben dabei erfahren, dass neue Interpretationen von Musik- oder Theaterstücken oder von Opern manchmal auf Unverständnis bei Besuchern stoßen, doch uns gefällt, dass in Schwetzingen keine „Allgemeinkost“ geboten wird. Besonders besuchen wir Veranstaltungen, die wir sonst nicht finden. Schon bei dem Erscheinen des Programms am Ende des jeweiligen Vorjahrs suchen wir uns zwei bis drei Veranstaltungen aus, die uns interessieren und planen mit diesen unsere Besuche für die nächsten Festspiele.

Pfau: Persönlich war ich leider noch nicht da – mangels Interesse.

Sams: Klassische Musik ist nicht so mein Fall, mit Ausnahme der populären Stücke wie Beethovens Sinfonien und die italeinischen „Gassenhauer-“Arien. An die modernen Inszenierungen habe ich mich bisher noch nicht herangetraut.

Oder habe sie vielleicht eine andere Beziehung zu den Festspielen - zum Beispiel beruflich?

Eichhorn: Ich bin seit vier Jahren für den SWR bei den Schwetzinger Festspielen tätig. Als Veranstaltungsleiter und Inspizient bin ich an der Ablauforganisation nahezu aller Veranstaltungen beteiligt und habe somit einen Bezug zu den Festspielen, der enger kaum sein könnte.

Pitsch: Seit diesem Jahr gibt es offenere Formen des Festspielbetriebes, was wir an unserer Realschule in Hockenheim wirklich gut finden. In diesem Jahr haben zwei Klassen unserer Schule die Kinderkonzerte mit den Saxofonisten (Signum Saxophone Quartet) besucht. Die Resonanz von Schülern und Lehrkräften war toll. Ich finde es einfach gut, wenn klassische Musik zu einem Erlebnis wird und im weiteren Sinne dann auch zu einem „Kultur“-Unterricht an Schulen.

Gibt es vielleicht ein besonderes Erlebnis?

Pitsch: In einer der letzten Festspieleröffnungen, deren Opern dann auch mal etwas experimentell und durchaus langatmig ausfallen können, gab es innerhalb der - nennen wir es: Musik - immer wieder musikdramaturgische Pausen von wenigen Sekunden. Nach bereits 60 Minuten kam nach einigen Paukenschlägen eine solche wenige Sekunden anhaltende Pause - in der dann aber ein lautes Schnarchen durch das Rokokotheater schnorzte, was hier und da für Heiterkeit sorgte.

Dr. Rittmann: Seit über 50 Jahren besuche ich regelmäßig die Festspiele und bin immer wieder begeistert. Ungewöhnliche Erlebnisse verbinde ich dabei mit dem großartigen Andras Schiff. An einem schwülheißen Tag spielte er Klaviermusik von Bach. Da für das Fernsehen aufgezeichnet wurde, sorgten zahlreiche Scheinwerfer für zusätzliche Hitze. Schiff – in Anzug und Weste – floss der Schweiß in Strömen vom Gesicht, was ihn überhaupt nicht zu stören schien. Unbemerkt von den Anwesenden im Jagdsaal zog ein Gewitter auf, das sich mit einem unglaublich lauten Donnerschlag entlud. Alles zuckte vor Schreck zusammen, nur Andras Schiff war keine Regung anzusehen. Versunken in sein Spiel verzog er keine Miene und war nicht aus dem Takt zu bringen. Nicht die leiseste Schwankung in seinem Spiel war zu hören. Übrigens gelang es Tontechnikern, dass in der Aufzeichnung nichts vom Donnern zu bemerken war. Bei einem anderen Konzert spielte Schiff eine Schubert-Sonate. Mitten in eine Pause vor der Reprise hustete eine Zuhörerin bellend laut. Schiff brach sein Spiel ab und schaute traurig von den Tasten auf. Ans Publikum gewandt sagte er sinngemäß: „Wer an dieser Stelle hustet, hat kein Verständnis für Musik“. Er sammelte sich und begann das Stück von vorn. Von da an war während des ganzen Konzerts vom Publikum nicht ein Mucks mehr zu vernehmen.

Wie sehen Sie die Zukunft der Schwetzinger SWR Festspiele?

Kern: Gefragt, was ich mir für die Zukunft der Festspiele wünsche, würde ich antworten: Macht weiter so! Und denkt bitte einmal darüber nach, ob es nicht auch eine Zusammenarbeit mit der Jazzinitiative geben könnte.

Redaktion Stv. Redaktionsleiter + Lokalsportchef Schwetzinger Zeitung

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