Schwetzingen. Selten zuvor klang die Rede eines Schwetzinger Oberbürgermeisters anlässlich der alljährlichen Einbringung des Haushalts für das nächste Jahr so skeptisch wie dieses Mal: „Der städtische Etat wird vor allem dadurch geprägt, dass immer neue Aufgaben, Projekte und Leistungen sowie deutliche Kostensteigerungen zu erheblichen Steigerungen der laufenden Ausgaben führen“, sagte Dr. René Pöltl am Mittwochabend in der öffentlichen Gemeinderatssitzung und kam zu einer unerfreulichen Prognose: „Wie schon länger zu erwarten und zu befürchten war, übersteigt dies nunmehr die Finanzkraft der Stadt bei den laufenden Ausgaben.“
Wie immer in seiner Amtszeit stellte er seinem Vortrag ein Zitat eines berühmten Menschen voran: „Wer nichts verändern will, wird auch das verlieren, was er bewahren möchte.“ Dies hatte der ehemalige Bundespräsident Gustav Heinemann einst gesagt – für Pöltl passt es zur aktuellen Situation nur zu gut. Diese sei allerdings keineswegs nur ein Phänomen der Stadt Schwetzingen, sondern bilde sich aktuell auf allen staatlichen Ebenen ab und betreffe dem Grunde nach auch alle Kommunen in Deutschland.
Dabei gelte: „Wir haben bislang in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten in Schwetzingen ordentlich gehaushaltet und viel investieren können, zugleich haben wir derzeit eine gute finanzielle Rücklage.“ Und dennoch gebe die aktuelle Entwicklung Anlass zu größerer Sorge: „Ich habe es noch nie erlebt, dass wir ohne eine existenzielle Krise solche Probleme haben, unseren Haushalt zu finanzieren.“
Personal, Energie, Kinderbetreuung – auf Schwetzingen kommen hohe Ausgaben zu
Der Ergebnishaushalt 2024 weise zum Zeitpunkt seiner Einbringung ein Defizit in Höhe von rund 2,2 Millionen Euro aus, nachdem er bei der Aufstellung durch die Kämmerin und die unterstützenden Fachämter bereits erheblich gekürzt worden sei. „Erschreckend ist dabei, dass die Erträge mit rund 73 Millionen Euro historisch hoch sind und diese dennoch nicht ausreichen, um die laufenden Ausgaben zu finanzieren“, betonte der Oberbürgermeister. Schwetzingen habe zum Beispiel einen so hohen Gewerbesteuerbestand wie noch nie.
Wesentliche Gründe für die deutliche Erhöhung der Ausgabenseite seien die tariflichen Steigerungen beim Personal, der deutliche Anstieg der Kosten der Kinderbetreuung und die allgemeinen Kostensteigerungen bei vielen Ausgaben wie Kosten für Energie und Fremdfirmen. Daneben seien auch die Ausgaben für die freiwilligen Leistungen (Kultur, Wirtschaftsförderung, lokale Förderung, öffentliche Einrichtungen, Unterhaltungsmaßnahmen) angestiegen.
Und über allem schwebe noch die drohende Erhöhung der Kreisumlage: „Die wird definitiv kommen“, hatte Pöltl kurz vor der Sitzung erfahren. Und wenn die Steigerung drei oder vier Prozent umfasse, drohe sogar die Gefahr, dass der Haushalt nicht mehr genehmigungsfähig sei.
Auch der Finanzhaushalt 2024 umfasse mit geplanten rund 16 Millionen Euro Investitionen einen Höchststand. Zwar könne er 2024 dank hoher, in den vergangenen Jahren erwirtschafteter Rücklagen ohne Kreditaufnahme auskommen, die Ersparnisse würden so aber nahezu aufgebraucht, was innerhalb eines Jahres kaum darstellbar sei. Die hohen Investitionen seien im Bereich der Kindergärten, Schulen, des S-Bahn-Haltepunkts Nordstadt, des Rothacker’schen Hauses, der Sanierungs- und Gewerbegebiete, im Bereich der Vereine (städtisches Stadion), im Pfaudler-Areal und bei der Feuerwehr vorgesehen.
Diese Umstände des Haushalts 2024 führen für Dr. Pöltl zu vier wichtigen Erkenntnissen und Erfordernissen: Der Haushaltsplan 2024 bilde deutlich zu viele Aufgaben und Projektumsetzungen ab: „Die Erfahrungen der vergangenen Jahre haben ganz klar gezeigt, dass die Fülle der enthaltenen Projekte mit den vorhandenen Personal- und Sachressourcen nicht umsetzbar ist.“ Der Gemeinderat müsse daher in der laufenden Haushaltsberatung als berufenes politisches Verwaltungsorgan eine klare Priorisierung für das Jahr 2024 und die folgenden Jahre vornehmen. „Fast alles ist beschlossen und wünschenswert, es wird aber keinesfalls alles auf einmal gehen, die Priorisierung obliegt dem Gemeinderat.“ Klarer Rahmen und Richtschnur seien die nachgewiesenen maximal machbaren Ausgabenhöhen der vergangenen Haushaltsjahre.
Stadt Schwetzingen muss sparen: Keine neuen Standards aufbauen
„Wir müssen realisieren, dass wir auf allen staatlichen Ebenen über Jahre und Jahrzehnte hinweg kontinuierlich höhere Standards und Angebotsstrukturen aufgebaut haben, die wir künftig nicht mehr werden halten können, da uns die notwendigen Finanz- und Personalressourcen fehlen“, stellte der OB klar und ergänzte: „Wir erleben aktuell sehr deutlich, dass unsere volkswirtschaftlichen Gesamteinnahmen die beschlossenen Aufgaben nicht mehr finanzieren können und dass wir nicht mehr über die Arbeitskräfte verfügen, die zur Umsetzung benötigt werden.“
Dies zeige sich in allen Lebensbereichen, auch auf der kommunalen Ebene. Pöltl: „Wir sind daher als Gesellschaft dringend gehalten, keine neuen Standards mehr aufzubauen, die nicht erfüllt werden können.“ Ein Stichwort ist da die Betreuung in den Grundschulen: „Das werden wir nicht erfüllen können.“
Der Gemeinderat und die Stadt müssten auch stets die Einnahmeentwicklung im Auge behalten. Und er blickte in diesem Zusammenhang auch auf den bevorstehenden Kommunalwahlkampf 2024 voraus: „Da sollten nicht zu viele Versprechungen gemacht werden.“ Es werde so gut wie keinen Lebensbereich geben, der durch staatliche und kommunale Leistungen im bisherigen Umfang wird finanziert werden können.
Der Gemeinderat werde in den kommenden Wochen zum einen zwingend eine Priorisierung der Aufgabenerfüllung im Jahr 2024 und in den folgenden Jahren vorsehen müssen, zum anderen überlegen müssen, an welcher Stelle die Ausgabenhöhe gegebenenfalls noch reduziert werden können. OB Pöltl sieht aber da durchaus noch Potenzial. „Auf der Einnahmeseite haben die Bürger bereits bei der Konsolidierung des Haushalts im Jahr 2022 geliefert, mehr geht an dieser Stelle nicht mehr.“
URL dieses Artikels:
https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/schwetzingen_artikel,-schwetzingen-schwetzinger-haushalt-2024-vor-grossen-herausforderungen-steigende-kosten-knappe-ressour-_arid,2135120.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/schwetzingen.html