Schwetzingen. Gescheitert ist am Mittwoch um die Mittagszeit der Versuch der SPD im baden-württembergischen Landtag, die Schließung von 18 weiteren Notfallpraxen - unter anderem auch der in Schwetzingen – zu stoppen. Bei der namentlichen Abstimmung waren 53 Abgeordnete der SPD, der FDP und der AfD für den Stopp, 83 Mitglieder der Regierungsparteien Grüne und CDU stimmten dagegen. Damit kann die Kassenärztliche Vereinigung (KVBW) wohl am 1. April mit der schrittweisen Schließung eines Drittels der Bereitschaftsdienstpraxen im Land beginnen. Die Schwetzinger Praxis würde nach dieser Planung ist dann zur 31. Juli zur Schließung vorgesehen.
Schwetzinger Abgeordnete Daniel Born sammelte 11.000 Stimmen
Dass just der hiesige SPD-Abgeordnete Daniel Born, der ja mit seinem Team mehr als 11.000 Unterschriften gegen die Schließung des Schwetzinger Bereitschaftsdienstes gesammelt hatte, die Sitzung als Landtagsvizepräsident leitete, entbehrt nicht einer gewissen Ironie des Schicksals.
Mehrmals musste er der von Zwischenrufen aus seiner Fraktion unterbrochenen Rede von Minister Manne Lucha (Grüne) dabei Gehör verschaffen. Lucha sieht nach wie vor weder einen sachlichen Grund, noch juristische Möglichkeiten als Rechtsaufsicht das „keine Ermessensgrenzen überschreitende“ Konzept der KVBW zu stoppen.
Fälschlicherweise behauptete Lucha sogar, dass damit der bewusst eingeschlagene Weg, diese Praxen an Kliniken anzusiedeln, „abgesichert wird“. Und das, obwohl dies genau im Fall Schwetzingen nicht beachtet wurde und hier alle Kriterien für einen Weiterbetrieb vorhanden sind. Auch warf er den Oberbürgermeistern und Bürgermeistern, die gegen die Schließungen klagen, vor, nicht die Wahrheit zu sagen, weil es sehr wohl im Vorfeld Gespräche der KVBW mit ihnen gegeben habe. Sie sollten sich lieber um die Erfüllung der Kita-Gesetzlichkeiten kümmern, um nicht selbst vom Land verklagt zu werden, meinte der Grüne.
Grünen-Sprecherin Petra Krebs verteidigte ihren Minister vehement. Man müsse sich den Realitäten stellen, dürfe die Absichten der Schließung von Notfallpraxen nicht isoliert betrachten. Die Entscheidung obliege weder dem Landtag, noch der Landesregierung, sondern der Selbstverwaltung der Kassenärzte. „Die Grünen begrüßen das Konzept der KVBW zur Stärkung der Regelversorgung“, sagte Krebs dann noch.
Es geht nicht um die Notfallversorgung?
Etwas neutraler äußerte sich Dr. Michael Preusch für die CDU: „Bei der emotional sehr aufgeladenen Diskussion geht es nicht um die Notfallversorgung der Menschen sondern darum, nachts und am Wochenende die Vertretung der Hausärzte zu gewährleisten. Die CDU-Fraktion hätte sich aber schon eine bessere Kommunikation und eine Einbindung der Kommunen durch die Kassenärztliche Vereinigung vor der Entscheidung gewünscht, welche Standorte geschlossen werden sollen“, so Preusch, dessen Fraktion dann aber doch fast geschlossen gegen einen Stopp stimmte.
Zu Beginn der rund 45-minütigen Debatte hatte SPD-Fraktionschef Andreas Stoch gesagt, dass „die KVBW und Minister Lucha stur daran festhielten, die medizinische Versorgung im Land deutlich zu verschlechtern“. Man handle gegen die Interessen der Menschen in einer zunehmend alternden Gesellschaft. Und dabei dürfe es auch nicht um Auslastung sondern um Vorsorge gehen. Dann nannte er die Hintergründe für die Initiative der SPD, über die wir bereits in der Mittwochsausgabe auf Seite 1 berichtet hatten. Der Minister nenne einzig nur immer wieder die Argumente der KV, ohne die Kriterien in Frage zu stellen. Ein anderer Abgeordneter sagte später, die KV erfinde Kriterien einfach selbst, so zum Beispiel eine Erreichbarkeit einer Praxis binnen 45 Minuten. Dabei seien 30 Minuten bei Kliniken üblich.
Auch die FDP forderte einen Stopp der Schließungsabsichten durch Minister Lucha. Jochen Haußmann sprach von einer dramatischen Verschlechterung der Versorgung, vor allem im ländlichen Raum. Der Minister hätte in den Dialog um die Rettung der Standorte gehen müssen, so Haußmann. So wie das in anderen Bundesländern geschehen sei. Hier habe Lucha aber über ein Jahr abgewartet, seit ihm die Absichten der KV bekannt gewesen seien, um dann zusammen und im Einklang mit der KV öffentlich endlich zu informieren. Und zur Telemedizin, die Lucha immer wieder als Alternative anpreise, meint Haußmann: „Doc direkt gibt es jetzt seit 2018, aber das kennt doch kein Mensch im Land.“
Baden-württembergische AfD sieht Überlastung der Notaufnahmen
Die AfD sieht ebenfalls eine Überlastung der Notaufnahmen in den Krankenhäusern und der Rettungsdienste als Folge der Schließungspläne auf die Bürger zukommen. Bernhard Eisenhut bezeichnet es als großen Fehler, nach dem Poolärzte-Urteil diese nicht bei der Stange gehalten zu haben, wie das in anderen Bundesländern geschehen sei. Telemedizin könne die ärztliche Untersuchung nicht ersetzen: „Ich bin doch kein Auto mit einem Diagnosestecker“, sagt Eisenhut.
Die namentliche Abstimmung ergab, dass alle SPD-, FDP- und AfD-Abgeordneten für den Stopp der Schließungen gestimmt haben – damit auch Daniel Born. Alle Grünen haben dagegen gestimmt, der hiesige Abgeordnete Andre Baumann befindet sich jedoch im Krankenstand und nahm nicht an der Abstimmung teil. Bei der CDU stimmten fast alle Abgeordneten gegen den SPD-Antrag, auch der hiesige Abgeordnete Andreas Sturm. Lediglich von Sabine Kurtz gab es ein Ja zum Stopp und Manuel Hailfinger hat sich enthalten.
Anschließend wurde dann ein gemeinsamer Antrag von Grünen und CDU abgestimmt und mehrheitlich angenommen, in dem es heißt, dass in Baden-Württemberg eine gute Struktur von Bereitschaftspraxen erhalten werden müsse, was immer das dann konkret heißen soll.
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