Schwetzingen. Es geschah am 9. September letzten Jahres am Fußgängerüberweg am Schwetzinger Fußballstadion. Eine 84-jährige Rentnerin wollte mit ihrem Fahrrad die Ketscher Landstraße überqueren und forderte auf der Seite des Stadion an der Fußgängerampel Grün an. Sie wartete und bekam das Signal. Sie schob ihr Rad auf die Fahrbahn, ging zu Fuß daneben und da erfasste sie ein Transporter der Mannheimer Polizei.
Ungebremst, wie wir inzwischen wissen, denn endlich traf nun noch im März das Gutachten bei der Staatsanwaltschaft Mannheim ein, das vor Ort und anhand der Spuren an Fahrrad, Straße und Polizeiwagen erstellt worden war. Der Wagen war mit 55 Stundenkilometer auf die Frau geprallt. Der Fahrer hatte weder sie noch das zuerst orangene und dann rote Ampelzeichen gesehen. Warum, das bleibt bis heute ein Rätsel. Sein Anwalt hatte anfangs mitgeteilt, dass er kurz unaufmerksam gewesen sei – was immer das auch heißen mag.
Die Frau prallte auf die Scheibe des Mercedes-Busses und wurde dann auf die Straße geschleudert. Sie starb noch an der Unfallstelle, obwohl Passanten, die auch gesehen hatten, dass sie bei Grün über die Straße ging, sofort die Rettung gerufen hatten, alle Wiederbelebungsversuche des Notarztes scheiterten. Dabei hatte die Rentnerin sogar einen Fahrradhelm getragen. Die Frau hatte sich vorbildlich verhalten, lediglich den Blick nach links und rechts hatte sie wohl nicht mehr getan, der trotz grüner Ampel nochmals eine zusätzliche Sicherheit geben kann.
Verursacher bleibt beim Unfall in Schwetzingen unter der Höchstgeschwindigkeit
Laut Staatsanwalt Marc Schreiner liegt das Gutachten jetzt vor. „Es kommt zu dem Ergebnis, dass von einer deutlich unter der vor Ort zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 70 Stundenkilometern liegenden Kollisionsgeschwindigkeit von 55 Stundenkilometern auszugehen sei. Nach Sachlage habe der Beschuldigte bei der Annäherung an die bedarfsgesteuerte Lichtzeichenanlage sowohl das Gelb- als auch das Rotsignal nicht beachtet und die in diesem Moment die Straße querende und ihr Fahrrad schiebende Geschädigte erfasst. Die Kollision erfolgte ungebremst. Aus welchen Gründen die Ampel nicht beachtet wurde, konnte nicht rekonstruiert werden“, sagt uns der Staatsanwalt auf Nachfrage.
Wir konfrontieren den Staatsanwalt auch mit dem in Schwetzingen seit Wochen grassierenden Gerücht, der Unfallverursacher habe wohl auf sein Handy geschaut. Dazu sagt der Staatsanwalt: „Dafür, dass der Beschuldigte durch die Nutzung eines Mobiltelefons abgelenkt war, haben die Ermittlungen bislang keine konkreten Anhaltspunkte ergeben.“
Bei dem Fahrer des Polizeifahrzeugs handelt es sich nicht um einen Beamten und der Wagen war somit auch nicht im Sondereinsatz mit Blaulicht oder Martinshorn. Es handelt sich um einen damals 59-jährigen Zivilangestellten des Polizeipräsidiums Mannheim. Solche Mitarbeiter werden zu Servicedienstleistungen eingesetzt. So zum Beispiel, wenn Gegenstände von einem Revier zum anderen befördert, die Autos repariert werden müssen oder Beamte irgendwohin gebracht werden sollen. Gegen den Mann läuft ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung. Er hatte selbst bei dem Unfall einen Schock erlitten und war längere Zeit dienstunfähig.
Ausbleibende Reaktion des Fahrers beim Wechsel der Ampel bleibt weiter ein Rätsel
Ergebnislos geblieben sind bisher Bemühungen der Gemeinde Ketsch, den Verkehr auf dieser Straße insgesamt zu verlangsamen. Noch immer gilt auf einigen Hundert Metern der Straße keine Tempobegrenzung, sodass es oft an beiden Ortseinfahrten zu Tempoverstößen kommt. In diesem Fall war das aber offensichtlich nicht so. Warum der Fahrer das Umschalten der Ampel gar nicht registriert hat und ungebremst in sie fuhr, das kann eigentlich nur er selbst erklären. Und deshalb wäre ein Prozess auf für die Hinterbliebenen eine wichtige Sache. Ob es allerdings dazu kommen wird oder die ganze Angelegenheit durch einen Strafbefehl erledigt wird, ist derzeit noch fraglich. Die Staatsanwaltschaft hat das wohl noch nicht abschließend entschieden, will es aber in den nächsten Tagen tun, wie es auf Nachfrage heißt.
Interessanterweise war das offensichtlich dem zuständigen Mitarbeiter des Landratsamtes bereits bekannt, noch bevor das offizielle Gutachten bei der Staatsanwaltschaft eingetroffen war. Denn bereits in einem Schreiben an den Ketscher Bürgermeister in den ersten Wochen des Jahres 2023 hieß es, der tödliche Unfall mit der Rentnerin sei nicht auf überhöhte Geschwindigkeit zurückzuführen.
Schon ein ungewöhnlicher Vorgang, der wohl auf besonders guten Beziehungen zwischen den einzelnen Behörden beruhen dürfte. Die Verkehrsbehörde bem Landratsamt stellt sich jedenfalls weiterhin quer, hier Tempo 70 für die gesamte Strecke einzuführen. Und das, obgleich es mehrfach zu tödlichen Unfällen gekommen ist. Man erinnere sich nur an den Radfahrer, der die Straße von einem Radweg zum anderen überquert hatte und von einem überholenden Wagen erfasst worden und ebenfalls verstorben war.
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