Open-Air-Festival - Palatina-Klassik-Ensemble mit Leo Kraemer im Garten der Dreifaltigkeitskirche

Kammerensemble spielt in Speyer Vivaldi

Von 
Uwe Rauschelbach
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„Venedig trifft Wien“: Das Palatina-Klassik-Barockensemble spielt als Quintett Musik aus den Metropolen Wien und Venedig. Am Klavier mit dem Rücken zum Publikum ist der künstlerische Leiter Prof. Leo Kraemer am Werk. © Venus

Speyer. Wenigstens bei Antonio Vivaldis Zyklus sind sie noch intakt: die vier Jahreszeiten. Das Kammerensemble der Palatina Klassik vermittelt sie uns in ihrer typischen Charakteristik und mit lebhaften Klanggesten. Wenn der Frost klirrt und das Kaminfeuer knistert, empfinden wir den Sommer im „Paradiesgarten“ der Dreifaltigkeitskirche schon nicht mehr als ganz so drückend. Auch wenn der Italienklassiker „’O sole mio“ als Zugabe die Sonnenanbetung für unseren Geschmack ein wenig übertreibt.

Doch unter den schattigen Zeltdächern lässt sich das Dasein an diesem Sonntagvormittag durchaus ertragen, während das Instrumentalquintett unter der Leitung Leo Kraemers einen launigen Streifzug durch zwei europäische Hauptstädte der Musik unternimmt: Venedig und Wien. Robert Frank, einst Konzertmeister im Mannheimer Nationaltheater, mit Susanne und Stefanie Thieler an der zweiten Geige und an der Bratsche sowie mit Heidrun Mertes am Cello sind zusammen mit Krämer ein spielfreudig aufgelegtes und fabelhaft aufeinander abgestimmtes Ensemble, das Vivaldis drei Jahreszeiten – der Herbst wird im Programm ausgespart – Farbe und Atmosphäre gibt.

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Speyer: Palatina Klassik im Paradiesgarten

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Den Orchestersatz liefert Leo Kraemer am E-Piano, dem er Cembalotöne entlockt, sozusagen frei hinzu. Die Musiker agieren beherzt, präzise und homogen. Inspiriert vom Genius loci, dem lauschigen Garten am Fuß der barocken Dreifaltigkeitskirche, wirken diese Jahreszeiten frisch und authentisch wie ehedem. Als wäre die Tinte, mit der Vivaldi sein Jahrhundertwerk notiert hat, noch immer nicht trocken.

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Mit Walzern von Johann Strauss und Liedern von Robert Stolz wechselt das Ensemble nicht nur in die österreichische Musikmetropole, sondern bekennt sich auch zum unterhaltenden Fach. Zu Strauss’ Walzerhit „An der schönen blauen Donau“ könnte man eigentlich auch ein Tänzchen auf dem Rasen wagen, aber mit einer Zitronenbrause auf der Bierbank zu sitzen und genüsslich zu lauschen, scheint angesichts der hochsommerlichen Temperaturen dann doch die bessere Wahl zu sein. Fritz Kreislers „Liebesleid“ und „Liebesfreud“ kontrastieren melancholisch gefärbte Molltönigkeit mit fröhlichem Walzertemperament. Mit den beiden Polkas „Unter Donner und Blitz“ und „Auf der Jagd“ von Johann Strauss machen die Palatina-Klassiker noch einmal mächtig Dampf. Munter klopft die Sitznachbarin, die es kaum noch auf der Bank hält, die Rhythmen auf dem Tisch dazu; diese Dreiertaktigkeit ist eben gar zu verführerisch.

Doch dann sorgt der Vorsitzende des Vereins Palatina Klassik, Michael Wagner, mit mehreren Liedvorträgen, in denen er seinen hellen und kraftvollen Tenor über den Paradiesgarten schallen lässt, für die eigentliche Überraschung. „Wien, du Stadt meiner Träume“ von Rudolf Sieczynski, „In Wien gibt’s manch winziges Gasserl“ und „Im Prater blüh’n wieder die Bäume“ von Robert Stolz sind nicht nur schmachtende Liebeserklärungen an die Donaustadt, sondern ans Leben und die Liebe überhaupt. Mit „’O sole mio“ darf am Ende die Sonne nicht nur über Neapel, sondern für immer über uns alle scheinen. Ob der CDU-Politiker vergleichbare Vorstellungen im Mainzer Landtag gibt? Fast möchte man es sich wünschen.

Info: Mehr Bilder von der Matinee: www.schwetzinger-zeitung.de

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