Speyer. Was für ein Erfolg! Die Saliergesellschaft kann sich über eines der besten Spendenergebnisse seit Einführung des Privilegienfestes im Jahre 1992 freuen. Bei der hervorragend besuchten Lichtermesse am Samstag im Kaiser- und Mariendom zeigten sich die Besucher äußerst großzügig. Mit 1250 Euro waren die Spendenkörbe unerwartet gut gefüllt. Das Ergebnis spiegelte sich auch in den Gesichtern mehrerer Repräsentanten vom Deutschen Roten Kreuz und Mitarbeitern der Speyerer Tafel wider, der die Spendensumme zur Unterstützung bedürftiger Menschen in voller Höhe zukommt.
Möglicherweise gibt es noch einen Bonus obendrauf, denn in den vergangenen Jahren hat die Salier-Gesellschaft die jeweilige Spendensumme immer mal wieder nach oben aufgerundet. Die Entscheidung darüber fällt am Dienstag bei einem Treffen der Mitglieder.
Genau am Todestag Heinrichs IV.
Traditionell findet das Privilegienfest Anfang August im Dom statt. Mit der Terminwahl ist den Organisatoren eine Punktlandung gelungen, denn Kaiser Heinrich IV. ist am 6. August 1106 in Lüttich verstorben. Das Fest in Form eines Lichtergottesdienstes wird in Erinnerung an ihn und seinen Sohn und Nachfolger Heinrich V. durchgeführt, der der Stadt anlässlich der Loslösung seines Vaters vom Kirchenbann anno 1111 wichtige Privilegien verlieh (wir berichteten).
Viel Lob gab es für die Organisation der traditionellen Veranstaltung und den geänderten Ablauf, über den wir vorab ebenfalls berichteten. Wie gut die Spendengelder angelegt werden, machte Vorsitzender Alfred Schießler bei seiner Begrüßungsansprache deutlich. Demnach nimmt die Armut in Deutschland nach einer Studie des Paritätischen Gesamtverbandes weiter zu und hat mit 13,8 Millionen Betroffenen einen Höchststand erreicht. Bei der Speyerer Tafel würden an drei Tagen pro Woche jeweils etwa 100 Personen versorgt. Weiteren 30 nicht ausgehfähigen Betroffenen würden ihre Rationen nach Hause geliefert, unterstrich Schießler eine Entwicklung, die in letzter Zeit zu einer übermäßigen Belastung der Speyerer Tafel geführt habe.
„Im Namen der Herrn Jesus Christus“ schallte es zum Auftakt der Lichtermesse klangvoll durch das gewaltige Gotteshaus. Es folgten das Entzünden der von Besuchern erworbenen Kerzen, Lesungen unter anderem aus dem Buch der Weisheit, Fürbitten für verstorbene Mitglieder der Saliergesellschaft und notleidende Menschen, die Eucharistiefeier mit der Gabenbereitung und die Segnung der Pax-Christi-Brote.
Zu den Höhepunkten der erstmals von Generalvikar Markus Marin zelebrierten Messe gehörte dessen Predigt, in der er zur Überraschung der Besucher einen fast tausendjährigen Bogen vom 1122 zwischen Kaiser Heinrich V. und Papst Calixt II. abgeschlossenen „Wormser Konkordat“ und der Gründung der Bundesrepublik Deutschland spannte. Vorab sei erwähnt, dass der jahrzehntelang zwischen weltlichen Herrschern und höchsten kirchlichen Würdenträgern schwelende Investiturstreit mit dem Wormser Konkordat weitgehend beigelegt wurde.
„Warum heißt unser Land Bundesrepublik und nicht Vertragsrepublik?“, eröffnete Magin seine Predigt mit einer nur anfangs irritierenden Frage. Erklärend fügte er hinzu, in Verträgen würden alle möglichen Dinge wie Finanzangelegenheiten geregelt. Was selbstredend auch auf Eheverträge zutreffe. Ein Bund wie beispielsweise ein Bund fürs Leben sei jedoch weitaus mehr. In einem Bund gehe es ums Ganze, ums Miteinander, ums Zusammenleben, um die Beziehung von Menschen zueinander.
Konkordat gibt Menschen Frieden
Der Gedankensprung zum Wormser Konkordat erfolgte dann überraschend, aber genauso schlüssig wie der Einstieg in die Predigt. Im Ringen zwischen weltlichen und geistlichen Machthabern jener Zeit um den Anspruch, wer Bischöfe einsetzen dürfe (Investitur), sei kein Vertrag abgeschlossen worden, stellte der Generalvikar klar. Statt „Brief und Siegel“ habe es lediglich zwei getrennte Willenserklärungen gegeben, in denen es um weit mehr als um Vertragstexte gehe.
Die Botschaften seien trotz unterschiedlicher Formulierungen eindeutig gewesen. Um den Konflikt zu beenden und damit die Menschen endlich in Frieden leben könnten, hätten Kaiser Heinrich V. und Papst Calixt II. einen Bund für „Wahren Frieden“ geschlossen, was 1949 sicherlich auch das Ziel der Gründungsväter der Bundesrepublik Deutschland gewesen sei.
Musikalisch wurde der Gottesdienst vom Kirchenchor St. Cäcilia aus Hanhofen unter Leitung von Joshua Weindel und Adrian Brech an der Orgel gestaltet. Die knapp 20 Sängerinnen und Sänger trugen unter anderem mit einem ruhigen Stück im Stil eines Evensongs, einer voluminösen Halleluja-Coda und dem großen Teil einer dreistimmigen Messe von Joseph Callaerts zum Gelingen der Veranstaltung bei. Gleiches gilt für Organist Adrian Brech, der mit klangvollen Beiträgen und einer spannenden Verarbeitung des Liedgutes überzeugte.
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