Finanzen

VVR Bank Kur- und Rheinpfalz blickt auf gutes Jahr

Es hätte ein sehr gutes Geschäftsjahr, vielleicht sogar ein Rekordjahr werden können für die VVR Bank Kur- und Rheinpfalz mit Sitz in Speyer. Aber dann kamen der Krieg, explodierende Preise, Inflation und Zinssteigerungen.

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Jürgen Gruler
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Der neue Vorstand der VR Bank Kur- und Rheinpfalz mit Achim Seiler (v.l.), Thomas Sold, Rudolf Müller und Till Meßmer. © Gruler

Speyer. Morgen kann kommen - so lautet das Motto bei der Vereinigten VR Bank Kur- und Rheinpfalz in Speyer. Das ist zum einen darauf zurückzuführen, dass ein gutes Geschäftsjahr 2022 verhaltenen Optimismus auch für 2023 erhoffen lässt. Zum anderen aber vor allem auch, weil der Führungswechsel im Vorstand schnell gelöst werden konnte. Nach dem überraschenden krankheitsbedingten Ausscheiden von Vorstandsvizechef Dirk Borgartz zum Jahreswechsel und dem geplanten Ausscheiden des langjährigen Vorstandsvorsitzenden Rudolf Müller Ende Juni 2023, hat der Aufsichtsrat mit dem Ketscher Ex-Bürgermeister Jürgen Kappenstein an der Spitze schnell gehandelt: Der Schwetzinger Till Meßmer rückt im Sommer an die Spitze des Vorstands, Thomas Sold wird sein Stellvertreter. Und mit Achim Seiler kommt ein Volksbank-Urgestein zurück und übernimmt den dritten Posten im Team. Und dabei soll es vorerst auch bleiben, so Rudolf Müller am Freitag bei der Bilanzpressekonferenz in Speyer.

Dass Müller loslassen kann, zeigte er schon in diesem Gespräch, überließ er doch seinen Kollegen die meisten Parts der Erläuterungen. Er analysierte aber den Rahmen, in dem sich die VR Bank bewegte. Das erste Halbjahr sei noch von einem sehr guten Geschäft geprägt gewesne. Der Nachlauf bereits genehmigter Kredite aus 2021 und bereits fest projektierter Vorhaben habe zu einem hervorragenden Kreditgeschäft gesorgt. Aber mit Krieg, letzten Pandemieauswirkungen, Preissteigerungen, den viel zu späten Zinsentscheidungen der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem vergessen geglaubten Schreckgespenst der Inflation, die zurückkehrte, seien Privatleute und Firmenkunden vorsichtig geworden. Vor allem das vierte Quartal habe da deutliche Auswirkungen zu spüren bekommen. Und auf Nachfrage bestätigte Rudolf Müller dieser Zeitung auch, dass das einen leichten Rückgang beim Jahresergebnis wahrscheinlich mache, das allerdings zu dem frühen Zeitpunkt im Jahr noch nicht feststehe.

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Mit einer um 9,3 Prozent gestiegenen Bilanzsumme von 6,86 Milliarden Euro, um 6,4 Prozent nach oben gegangenen Kundeneinlagen von 4,52 Milliarden Euro und einem Kreditvolumen von 5,1 Milliarden (plus 9,6 Prozent) bleibt die VR Bank aber die zweitgrößte Genossenschaftsbank in Rheinland-Pfalz und die größte in der Metropolregion, wenn sich hier auch durch anstehende Fusionen von Mainz/Wiesbaden und Kraichgau/Bruchsal/Bretten 2023 Änderungen ergeben dürften. Apropos Fusion: Auf Nachfrage bekundete Müller, dass die VR Bank nach den Fusionen der vergangenen Jahre momentan die Konsolidierungsphase ganz angenehm finde. Gleichzeitig stehe man aber beidseits des Rheins in enger Zusammenarbeit mit den Nachbarn und sei immer für Gespräche offen. „Aber ich will ja meinen Nachfolgern auch noch was zum Schaffen lassen“, scherzte der Vorstandschef.

VR Bank Kur- und Rheinpfalz: Weniger neue Kredite vergeben

Till Meßmer berichtete vom Neukreditgeschäft. Das kannte ja eine Dekade lang nur die Richtung nach oben. 2022 sank es erstmals wieder , um 191,8 Millionen - das sind 14,5 Prozent - auf jetzt 1,135 Milliarden Euro. Auch bei der Zahl der gestellten Kreditanträge sieht man die Zurückhaltung sowohl bei Firmen- als auch bei Privatkunden. Waren es 2021 noch 3658 bewilligte Kredite, so sank die Zahl 2022 auf 3282. Für das laufende Jahr erwartet die VR Bank ebenfalls ein abgeschwächtes Wachstum beim Gesamtkreditvolumen von unter fünf Prozent. „Wobei wir zur Zeit sehen, dass sich die Zurückhaltung wieder etwas abschwächt und die Nachfrage wieder steigt“, sagt Meßmer.

Dabei sei zu spüren, dass sich der Markt anpasse. Beispielsweise böten Projektentwickler nun immer öfter Reihenhäuser ohne teuren Kellerbau und mit einem Dachgeschoss zum späteren Ausbau an, die die Kaufsummen erschwinglicher machen. Und viele Anfragen gebe es in Sachen Sanierung und energetische Verbesserung von Wohnimmobilien. Wir sehen auch, dass sich die Preise von Bestandsimmobilien von einem überhitzten Niveau nach unten bewegen, vor allem wenn sie sich nicht in Toplagen befinden oder energetisch modernisiert werden müssen“, waren sich Meßmer und Müller einig. Da komme 2023 sicherlich wieder Bewegung rein.

Dabei kritisierte Rudolf Müller die Bundesregierung mit ihren Fördermaßnahmen, die unzureichend seien: „Wenn sich heute eine junge Familie ein Haus kaufen will, dann muss sie mit fast zehn Prozent Nebenkosten rechnen, mehr als die Hälfte gehen als Grunderwerbssteuer an den Staat. Der könnte hier gezielt bei jungen Familien auf diese Steuer verzichten oder sie heruntersetzen statt mitzuverdienen“, sagt er.

VR Bank Kur- und Rheinpfalz: Wo bleibt das ganze Geld?

Und wo bleibt dann das ganze Geld, das ja nach wie vor im Umlauf ist? Beispielsweise im Wertpapierbestand, der 2022 bei der VR Bank knapp zwei Milliarden Euro ausmachte - aber auch hier gab es rund 200 Millionen Euro Rückgang zu verzeichnen - wohl auch weil wieder andere Anlageformen durch die Zinsentwicklung interessant werden, sagt Vorstandsmitglied Achim Seiler. Immerhin 385 Millionen Euro liegen in den eigenen VR Premium Fonds, weitere 164 Millionen in der privaten Vermögensverwaltung. Interessant auch, dass nun das lange Zeit als Auslaufmodell gehandelte Bausparen von der Entwicklung profitierte.

Hier versuchen sich Sparer niedrige Zinsen für die Zukunft zu sichern, das Geschäft legte um 11,5 Prozent zu auf jetzt 114,5 Millionen Euro. Gespart wird in Zeiten, in denen das Leben teurer wird, an der Vorsorge. Die Vermittlung von Lebensversicherungen sank um 11,5 Prozent auf ein Volumen von 38,9 Millionen Euro. Die Immobilienabteilung konnte 2022 nochmals zulegen, vermittelte 184 Objekte im Wert von 86 Millionen Euro - das bringt eine Provision von 3,6 Millionen in die VR-Bank-Kasse. „Wir merken hier, wie sich der Markt von einem Verkäufer- zu einem Käufermarkt dreht“, sagt Seiler. Derzeit habe man im Geschäftsgebiet 150 Objekte anzubieten.

VR Bank Kur- und Rheinpfalz: Sorgen um Geldautomatensprengungen

Den Bauhelm hat in der VR Bank Thomas Sold auf. Er geht davon aus, dass Ende Juni oder Anfang Juli das neue Verwaltungs- und Veranstaltungsgebäude in Speyer mit 70 neuen Arbeitsplätzen eingeweiht werden kann. Und endlich scheint es auch in Frankenthal voranzugehen, wo ja eine neue Bezirksdirektion gebaut werden soll. Die Planungen dort wurden angepasst und die Stadt habe nun einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan auf den Weg gebracht. Für 2026 rechnet man dort mit der Fertigstellung. Sorgen bereiten Sold weiterhin die Geldautomatensprengungen, die hohe Investitionen verursachen.

Gute Nachrichten gab es dann auch noch für die Mitarbeiter. Die Zahl bleibt stabil bei über 700 und es werden 2023 wohl auch keine weiteren Filialen geschlossen. „Wir wollen für alle Kunden auf allen Kanälen verfügbar sein“, sichert Seiler zu. Die Art, wie die Kunden ihre Bankgeschäfte führen, verändert sich. So haben 50 Prozent inzwischen ein elektronisches Postfach. „Es passt ja auch in Sachen Nachhaltigkeit nicht mehr in die Zeit, dass wir für unsere neuen ABG letzten Jahr 170 000 Briefe verschicken mussten“, sagt Till Meßmer. Und mit der neuen Banking App, die jetzt im Januar die fehlerhafte bisherige App abgelöst hat, sei man endlich auch technisch perfekt ausgestellt, versichern Seiler und Meßmer.

Die VR Bank will sich halt auch für die jüngere Klientel zwischen 18 und 25 Jahren gut aufstellen - die heute schon zu 100 Prozent ihre Geschäfte online erledigt. Darauf zielt auch die nachhaltige Kreditkarte Visa Classic Future, die aus Maisstärke hergestellt wird, zwei Jahre kostenlos benutzt werden darf und auch im Ausland kostenloses Geld abheben ermöglicht. Also: Morgen kann kommen.

Chefredaktion Jürgen Gruler ist Chefredakteur der Schwetzinger Zeitung.

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