Mannheim. Leon, wie sind die vergangenen Tage für Sie abgelaufen?
Leon Gawanke: Ich freue mich, jetzt endlich hier zu sein. Die letzten Tage gingen ein bisschen drunter und drüber mit dem Auflösen der Wohnung und dem Abgeben des Autos in den USA. Zum Glück habe ich einen Direktflug aus San Francisco erwischt. Am Montag bin ich gut in Mannheim angekommen, und ich wurde rundum gut versorgt. Es fühlt sich gut an, jetzt wieder auf dem Eis zu stehen, obwohl ich den Jetlag immer noch merke. Neun Stunden gehen einfach doch nicht spurlos an einem vorbei. Die Vorfreude auf Donnerstag überwiegt, ich kann es kaum erwarten, endlich loszulegen.
Wie war Ihr erstes Training mit Ihrer neuen Mannschaft am Dienstag?
Gawanke: Gut, natürlich fühlt man sich noch nicht bei 100 Prozent. Ich war ja auch vorher neun Tage lang nicht auf dem Eis wegen der Allstar-Pause in Nordamerika. Ansonsten habe ich mich aber schon ziemlich gut eingefunden. Jetzt geht es in den nächsten Tagen noch um ein paar taktische Sachen. Unterm Strich war es ein guter erster Tag.
Ich wollte lieber in Europa spielen.
Nehmen Sie uns einmal mit in Ihren Prozess der Entscheidungsfindung: Warum sind Sie jetzt doch noch in dieser Saison in Mannheim gelandet?
Gawanke: Ich habe vor der Saison hier unterschrieben, weil ich in Manitoba gesagt hatte, keine Lust mehr auf Spiele in der AHL zu haben. Ich wollte lieber in Europa spielen. Als dann der Anruf aus San Jose kam, habe ich mir die Aufstellung der Sharks angeschaut und bin davon ausgegangen, eine reelle Chance auf einen NHL-Einsatz zu haben. Dann haben die Sharks einige Leute dazu geholt und vor mich gesetzt. Ich habe die Hoffnung aber immer noch nicht aufgegeben und mir eine Deadline für Weihnachten gesetzt. Als es bis dahin nicht geklappt hatte, wollte ich es mir noch nicht eingestehen und aufgeben. Jetzt am Ende war es so: Ich spiele da jedes Mal vor 500 Leuten bei uns in der Halle, zudem ist die AHL keine einfache Liga. Ich habe der Realität ins Auge geblickt und eine extreme Freude verspürt, in der DEL Play-offs vor mehr als 10 000 Zuschauern spielen zu können. Irgendwann hat der Prozess eingesetzt, in dem ich gesagt habe: Okay, ich hatte drüben gute Jahre, aber am Ende hat es leider nicht gereicht für mich. Ich habe hier in Mannheim Großes vor und blicke nicht mehr zurück.
Wenn man sich die Jungs hier in der Kabine anschaut, kann man Großes erwarten.
Ist die Enttäuschung größer, es nicht in die NHL geschafft zu haben? Oder überwiegt die Vorfreude auf die Zeit bei den Adlern?
Gawanke: Jetzt ist die Vorfreude definitiv größer. Ich stand oft mit Dallas (Adler-Trainer Dallas Eakins, Anmerkung der Redaktion) in Kontakt und hatte mir wie gesagt für Weihnachten eine Deadline gesetzt. Ich habe mir aber auch gesagt: Jetzt bist du siebeneinhalb, fast acht Jahre drüben, ich will wenigstens dieses eine NHL-Spiel noch haben. Zuletzt habe ich aber viele Gespräche mit meinen Eltern, meiner Familie geführt und mir eingestanden, dass es leider nicht gereicht hat.
Was sind die weiteren Ziele?
Gawanke: Man soll niemals nie sagen, vielleicht klappt es irgendwann doch noch. Ich bin aber jetzt 24 Jahre alt und werde 25, da schließt sich dann irgendwann auch das Fenster für drüben. Seit zweieinhalb Jahren sage ich mir jetzt schon, dass ich keine Lust mehr habe, in der AHL zu spielen, weil das eine brutal anstrengende Liga ist. Man spielt 74 Spiele und ist da nur am Rumreisen, legt Tausende von Kilometern zurück. Da ist es schöner, in der Heimat zu spielen. Das waren alles Fakten, die auf meine Entscheidung Einfluss hatten.
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Was haben Sie sich mit den Adlern vorgenommen?
Gawanke: Wenn man sich die Mannschaft anschaut, kann man sich schon große Ziele setzen. Ich bin aber erst seit einem Tag hier, und es steht mir nicht zu, irgendwelche Ziele für die Mannschaft auszusprechen. Wenn man sich die Jungs hier in der Kabine anschaut, kann man Großes erwarten. Mein Ziel wird für immer sein, die Meisterschaft zu holen, und das ist ja auch jedes Jahr das Ziel der Adler Mannheim. Wenn man das Feld von hinten aufrollen muss, ist das für mich auch okay.
Wie muss man sich die Kommunikation mit den Sharks vorstellen?
Gawanke: Es ist da drüben ein knallhartes Geschäft, da kommen jedes Jahr gefühlt 30 neue Spieler. Irgendwann ist man in einem Alter, in dem man nicht mehr die Kurve nach oben bekommt, sondern die Tendenz gleich bleibt. Jeder weiß, wie das Business drüben ist, dass man viel auf sich allein gestellt ist und hart arbeiten muss für seine Chance.
Hatten Sie das Gefühl, irgendwann kurz vor einer Beförderung ins NHL-Team zu stehen?
Gawanke: Ich dachte, dass ich ziemlich solide gespielt habe. Das will ich jetzt aber hinter mir lassen und nicht zu viel darüber nachdenken.
Wie sind Sie von Ihren neuen Teamkollegen aufgenommen worden?
Gawanke: Ich bin in die Kabine gekommen, und jeder hatte ein Lächeln für mich. Die Hälfte der Leute kenn ich ja auch schon von der Nationalmannschaft und so. Auch mit den ganzen Nordamerikanern habe ich mich super verstanden. Da hat man ja immer eine Verbindung, weil man irgendwann immer gegen einen Kumpel von jemandem gespielt hat. Da kennt man schon genug Leute. Am Flughafen wurde mir am Montag alles bereitgestellt – es ist schön, auch mal eine solche Erfahrung zu machen, wenn sich richtig um einen gekümmert wird.
Von Ihnen wird bei den Adlern viel erwartet, wie gehen Sie mit dem Druck um?
Gawanke: Druck habe ich so oder so, den mache ich mir natürlich auch selbst. Ich habe den Anspruch, einer der besten Verteidiger der Liga zu sein. Ich habe in meiner Karriere noch nie vor so vielen Fans gespielt, immer nur vor so 700 oder 800 – bis auf die WM, da waren es natürlich etwas mehr. Der Druck kommt automatisch, aber ich habe in meiner bisherigen Karriere in jeder Liga gezeigt, dass ich mich angepasst und ziemlich solide gespielt habe. Druck kann für einen Eishockeyspieler auch etwas Positives bewirken.
Sie haben gesagt: „Sag niemals nie.“ Wie gehen Sie Ihren Vierjahresvertrag in Mannheim an.
Gawanke: Ich habe hier einen Vertrag. Wir werden sehen, was in den nächsten Jahren passiert. Ich bin aber mit der Einstellung zurückgekommen, dass ich für die Adler spiele. Da ist mein Kopf, und dafür werde ich alles geben.
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