Mannheim/Frankfurt. Was unter den Fans schon lange gelebte Normalität ist, bekommt voraussichtlich bald auch auf offizieller Ebene einen entsprechenden Rahmen: Nach exklusiven Informationen dieser Redaktion steht Fußball-Drittligist SV Waldhof Mannheim kurz vor dem Abschluss einer strategischen Partnerschaft mit Bundesligist Eintracht Frankfurt im Jugendbereich. Noch sind Details zu klären und eine offizielle Bestätigung steht aus, aber gut informierte Quellen in Frankfurt und in Mannheim berichten übereinstimmend, dass beide Vereine sich im Grundsatz einig sind. Geplant ist demnach, dass die langfristig angelegte Kooperation zur neuen Saison beginnen soll.
Zwischen den Ultras von Waldhof und Eintracht besteht seit Jahren eine intensive Fanfreundschaft. Die beiden Gastspiele der Frankfurter im DFB-Pokal in Mannheim 2019 (3:5) und 2021 (2:0) waren echte Fußballfeste. Ein bisschen wächst also nun zusammen, was schon länger emotional miteinander verbunden ist.
Drittligist Unterhaching kooperiert schon mit dem FC Bayern
Doch was beinhaltet eine solche Partnerschaft im Jugendbereich? Was sind die jeweiligen Motive für die Kooperation? Rekordmeister FC Bayern hat Ende 2024 eine strategische Zusammenarbeit mit dem benachbarten Drittligisten SpVgg Unterhaching im Jugendbereich abgeschlossen. „Von dieser langfristig ausgerichteten Partnerschaft mit einem Verein direkt vor unserer Haustür versprechen wir uns eine reibungslose, unkomplizierte Verzahnung bei der Entwicklung unserer gemeinsamen Talente“, sagte Bayerns Sportvorstand Max Eberl damals.
Die Zusammenarbeit funktioniert seitdem in beide Richtungen – und bringt im Idealfall beiden Partnern Vorteile. So verpflichteten die Münchner im vergangenen Jahr die Hachinger Talente Gibson Nana Adu sowie Maurice Krattenmacher für Ablösesummen im jeweils einstelligen Millionenbereich und verliehen sie für mehr Spielpraxis gleich weiter in die 2. Liga nach Fürth und Ulm. Umgekehrt wechselte U-17-Weltmeister Maximilian Hennig aus der U 19 des FC Bayern vorübergehend nach Unterhaching, um dort bei den Profis Spielpraxis zu sammeln.
Das Prinzip: Beide Partner sichten und entwickeln weiterhin autark ihre eigenen Talente, tauschen sich aber regelmäßig darüber aus, welcher Spieler in welcher Phase für seine Entwicklung gerade am besten an welchem Standort aufgehoben wäre. Zwei denkbare Beispiele: Die Eintracht hat in ihrer U19 einen verheißungsvollen Nachwuchsstürmer, für den die Bundesliga noch ein bisschen zu früh kommt, dem der SV Waldhof aber in der 3. Liga das ideale Sprungbrett zum Reifen mit der nötigen Spielpraxis bieten könnte. Oder in Mannheim macht ein Talent auf sich aufmerksam, der das Potenzial zu einem neuen Hakan Calhanoglu oder Pascal Groß besitzt – dann hätte die Eintracht das erste „Zugriffsrecht“.
Viele Eintracht-Fans leben in Südhessen
Von der geplanten Partnerschaft unbenommen soll das Weiterbestehen der U21 der SGE sein: Nach acht Jahren Unterbrechung hatten die Frankfurter im Jahr 2022 wieder eine zweite Mannschaft für den Spielbetrieb angemeldet, die zurzeit in der Regionalliga Südwest gegen den Abstieg kämpft. Die Hessen, in den vergangenen Jahren einer der aufstrebendsten Vereine im europäischen Spitzenfußball, versprechen sich von der Kooperation mit dem SV Waldhof, einen festen Partner im südlichen Bereich des direkten Einzugsgebiets zu bekommen. Gerade im Ried, an der Bergstraße und im hessischen Odenwald gibt es sehr viele Eintracht-Fans. „Die Idee dahinter ist für Frankfurt, einen Fuß in die Tür zu bekommen in der Rhein-Neckar-Region“, sagte ein Eintracht-Insider.
Waldhof-Sportchef Anthony Loviso hatte zuletzt Gespräche mit einem Bundesligisten aus der näheren Umgebung über eine Zusammenarbeit bestätigt, ohne aber den Namen des Vereins zu nennen.
SV Waldhof wartet auf die Anerkennung als professionelles Nachwuchsleistungszentrum durch den DFB
Der SVW organisiert seit Sommer 2024 und dem Abschied des Hopp-Vereins „Anpfiff ins Leben“ seine Jugendarbeit wieder selbst und wartet auf die Anerkennung als professionelles Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) durch den Deutschen Fußball-Bund (DFB). Auf dem angestrebten Weg, die Waldhof-Talentschmiede wieder zu seiner alten Bedeutung in den 80er und 90er Jahren zu führen, könnten die Mannheimer auch von der Fußball-Expertise aus dem Frankfurter NLZ profitieren. Die Perspektive, bei entsprechendem Talent eine Chance beim deutschen Spitzenclub Eintracht bekommen zu können, dürfte der Attraktivität des SV Waldhof im Nachwuchsbereich ebenfalls nicht schaden.
Bisher listen die Frankfurter auf ihrer Webseite sieben Vereine auf, mit denen sie dauerhaft zusammenarbeiten. Dazu gehören die TSG Wieseck, SpVgg Oberrad, 1. FC Erlensee, 1. FC-TSG Königstein, der VfB Unterliederbach, SG Barockstadt Fulda-Lehnerz und der SV Gonsenheim. Nun soll der SV Waldhof Mannheim hinzustoßen.
„Wir wollen für unsere Partner ein Paket anbieten, das sie auf verschiedene Arten fördert und unterstützt. Es sind alles Vereine, die eine ganz tolle Entwicklung genommen haben. Das Schöne ist aber, dass sie mit uns nicht nur ein sehr guter, sondern vielleicht ein ausgezeichneter Verein werden, weil wir mit unseren Ressourcen ihre ohnehin schon gute Entwicklung noch etwas beschleunigen können“, sagte Tobias Ronsdorf, im NLZ der Eintracht für die Kooperationen zuständig.
Es gehe „um Wissensaustausch und Wissenstransfer, aber auch um die Organisation und Durchführung von attraktiven Wettkämpfen, so dass immer wieder auf einem hohen Niveau Spiele und Turniere stattfinden“. Im Rahmen von „Adlertagen“ bieten die auf höchstem Level ausgebildeten Frankfurter Jugendtrainer zudem an, bei den Partnervereinen vor Ort zu unterstützen. So könnte insgesamt eine „Win-Win “-Situation für beide Seiten entstehen.
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