Hier bin ich Mensch . . .

Lesedauer

Zur Wärmestube „Die Brücke“ in Schwetzingen wird uns geschrieben:

Was lange währt, wird endlich gut. Lange suchte der Trägerverein „Die Brücke“ zusammen mit der Stadt Schwetzingen neue und geeignete Räumlichkeiten für die Wärmestube. Woran keiner mehr so richtig geglaubt hatte, wurde doch wahr. Dank einer sehr sozial eingestellten Vermieterin, die auf die Stadt zuging und ihre Räumlichkeiten zur Vermietung anbot und dank der Stadt, die diese Offerte annahm, konnte die „Die Brücke“ nach sehr aufwendigen Renovierungsarbeiten Anfang August ihr neues Domizil in der Friedrich-Ebert-Straße beziehen.

Was hier Vorstand Achim Schmitt zusammen mit seiner Stellvertreterin Margrit Jäger und mit Doris Keller (die stellvertretend für alle engagierten Helfer genannt werden) aus den einst schon verrucht anmutenden Räumlichkeiten „gezaubert“ haben, ist aller Bonheurs. Die Besucher erwartet nun ein einladendes, helles, freundliches, rauch- und alkoholfreies Ambiente, in dem man sich wohlfühlt. Durch die neuen Räumlichkeiten entstand in der Ebert-Straße ein Ort der Begegnung, des Austauschs und des Krafttankens.

Mehr zum Thema

Verein „Heavens Fighter“

Ein wahrer Segen für Bedürftige in Schwetzingen

Veröffentlicht
Von
Stefan Kern
Mehr erfahren
Schwetzingen

Stützen der Gesellschaft

Veröffentlicht
Von
Katja Bauroth
Mehr erfahren
Stadtleben

CDU Schwetzingen für Trinkwasserbrunnen auf dem Schlossplatz

Veröffentlicht
Von
Cdu Schwetzingen
Mehr erfahren

Eine Stätte, in der der Mensch Mittelpunkt und Maß aller Dinge ist. In der Wertschätzung, Respekt und Toleranz an erster Stelle stehen. Hier begegnet man sich mit der nötigen Achtung und Menschenwürde. Keiner wird ignoriert oder ausgegrenzt. Jeder ist willkommen, egal, welchen Status er besitzt. „Die Brücke“ ist ein Ort ohne Berührungsängste, hier wird Tacheles gesprochen. Schwetzingen kann froh sein, dass es solch eine Einrichtung hat. Schließlich gibt es nicht nur die Sonnenseite des Lebens. Kein Mensch wird geboren, um auf der Straße, in Armut oder prekären Situationen zu leben. Es sind persönliche Schicksalsschläge, die Menschen ungewollt in schwierige Lagen bringen und ihr Leben völlig aus der Bahn werfen. Dazu zählen menschliche Tragödien, Arbeitslosigkeit, Alters- und/oder Gesundheitsprobleme, Trennung oder Scheidung, Mangel an bezahlbarem Wohnraum, steigende Inflation, Obdachlosigkeit, Drogen- und Alkoholprobleme.

Hört man beim Besuch der Wärmestube den Menschen genau zu, erfährt man, wie unbarmherzig, grausam und ungerecht das Leben sein kann – und wie schnell man sich in einer problematischen Lage befindet oder wie schwierig es trotz aller eigener Anstrengung, Kraft und Mühe ist, aus diesem Dilemma wieder herauszukommen.

Unerträglich und schlimm ist es für die Betroffenen, gesellschaftlichen Vorurteilen ausgesetzt zu sein. Nicht selten werden sie mit Begriffen wie Sozialschmarotzer, faul, arbeitsscheu, asozial und anderen unsäglichen Worten konfrontiert. Wer denkt, er müsse Menschen auf schändliche Weise herabwürdigen, der sollte zuerst einmal versuchen, den Grund ihrer Nöte und Ängste zu verstehen, um sich in ihre Lage zu versetzen. Das erfordert ein besonderes Maß an Empathie.

Wer sind wir eigentlich, um über andere, deren Situation wir nicht einmal kennen, zu urteilen. Wer gibt uns das Recht, uns über diese Menschen zu erheben. Das steht keinem zu. Daher sollte sich jeder ins Gedächtnis rufen: Der Fahrstuhl des Lebens kann ganz rasch, plötzlich und unaufhaltsam nach unten fahren. Und schneller als man sich versieht, wird man selbst von der Gesellschaft ausgegrenzt.

Spätestens dann wird auch der Letzte erkennen, dass in einer in vielen Bereichen „Arsch gepuderten“ Gesellschaft nicht Ichbezogenheit, Luxus, Besitz und Prestige zählen, sondern Solidarität, Menschsein und respektvolles Zusammenleben. Gerade die Politik sollte die Ängste und Nöte ihrer Bürger – und damit meine ich alle Bürger – ernst nehmen und nach gerechten, nachvollziehbaren und tragbaren Lösungen suchen, die einem Sozialstaat gerecht werden. Wie eingangs erwähnt, ist die Wärmestube in erster Linie als Begegnungsstätte zu verstehen.

So bietet sich den hiesigen Politikern und Entscheidungsträgern die Gelegenheit, vor Ort mit den Gästen ins Gespräch zu kommen, um sich selbst mal ein Bild davon zu machen, was diese Menschen bewegt. Das wäre doch mal ein guter Ansatz bürgernaher und kommunaler Politik.

Mein Respekt und Dank gilt allen ehrenamtlichen Aktiven der Wärmestunde, die mit viel Herzblut, menschlicher Wärme und Engagement dazu beitragen und beigetragen haben, dass es diese tolle und notwendige Sozialeinrichtung überhaupt noch gibt.

Am Ende meiner Ausführungen möchte ich noch ein Zitat aus „Faust I“ von Goethe zitieren: „Hier ist des Volkes wahrer Himmel, zufrieden jauchzet groß und klein: Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein!“

Thomas Proft, Schwetzingen