Zum Ketscher Artikel „Sind Familien unbezahlbar“ (SZ-Ausgabe vom 22. März) wird uns geschrieben:
Bürgermeister Wangler sollte zur Schul- und Familienpolitik keine Nebelkerzen zünden. Wenn er auf den Gemeindehaushalt hinweist, so ist dies das Resultat der Entscheidungen der letzten Jahre. Wenn er Standards bei Kindern bemängelt, so verkennt er hierbei den katastrophalen Istzustand nur bei der Schulpolitik – zum Beispiel in den Jahren 2013 und 2014 und was daraus bis heute wurde.
Damals hatte man in der Eingangsklasse der Neurottschule so wenige Schüler, dass man klassenübergreifend unterrichten musste. Die Neurottschule war in ihrer Existenz als weiterführende Schule gefährdet. Das politische Ansinnen aus Brühl und Ketsch, aus der gemeinsamen Marion-Dönhoff-Realschule eine Gemeinschaftsschule zu machen, hat man durch eine Hinterzimmerpolitik verhindert. So war eine Ablehnung in den Schulgremien keine Überraschung.
Als Notlösung wurde die Neurottschule zur Gemeinschaftsschule. Mit allen Folgen, angefangen von einem vollkommen neuen Raumkonzept bis hin zu notwendigen Brandschutzsanierungen und einer Mensa. Dass für Grundschulklassen im gleichen Umfang wie bisher an der Neurottschule oder aber auch für Vereine kein Platz mehr ist, war allen klar. Die Folge war eine Anpassung der Schulbezirksgrenzen zur Entlastung der Neurottschule bei den Grundschülern. Und daraus resultierte letztlich eine Überlastung der Alten Schule. Was jetzt zu einem teuren Anbau führt und zuvor zu einem neuen Hort.
Was man zu keiner Zeit, vor allem aus Angst vor der Bevölkerung, vermieden hat, war, die Schulpolitik vollkommen neu zu denken. Die Marion-Dönhoff-Realschule hat in ihrer Schulform ausgedient, gerade wegen der Gemeinschaftsschule. Hier wäre der notwendige Schritt gewesen, entweder die Gemeinschaftsschule auf beide Schulen aufzuteilen oder das Engagement aus Ketscher Sicht zu beenden. Das hätte viel Geld gespart, das jetzt fehlt.
Denn entweder hätte man sich unter anderem den teuren Anbau der Alten Schule und eine Verschiebung der Schulbezirksgrenzen erspart oder die teils hohen Investitionen in die Marion-Dönhoff-Schule. So leistet sich Ketsch zwei weiterführende Schulen und verschiebt die notwendige Zukunftsfrage der Marion-Dönhoff Schule weiter. Dass dieses mit hohen Kosten verbunden ist, darf dabei nicht überraschen.
Alleine der Brandschutz an der Neurottschule verschlingt Millionen von Euro. Aber nicht wegen hohen Standards, sondern weil man schlicht lange nichts in die Brandsicherheit investiert hat. Und wenn Bürgermeister Wangler dann auf das fehlende Geld für Straßen hinweist, muss man sich schon fragen, ob der 1. April ist. Es waren doch die politischen Entscheidungen, durch stetig neue Baugebiete die Infrastruktur zu vergrößern. Und das, obwohl die bereits vorhandene Infrastruktur in einem schlechten Zustand war. Angefangen von den Straßen, über die Rheinhalle, Rathaus und andere kommunale Liegenschaften.
Dass im Übrigen mit Ausweisung neuer Baugebiete auch Familien zuziehen und damit der Schul- und Betreuungsbedarf wächst, sollte auch nicht überraschend sein. Zudem hat man sich mit diskussionswürdigen Projekten verzettelt. Man darf nur an die vom Steuerzahlerbund als Steuerverschwendung bezeichnete Toilettenanlage im Bruch erinnern oder ans Vorhaben einer Marktplatzbebauung mit einer Außenstelle vom Rathaus. Letzteres konnte durch die Bürgerentscheide 2016 verhindert werden. Eine klare politische Agenda mit Prioritäten braucht es und keine „wanglerische“ Erzählstunde.
Nach der Landesregierung und nach Absenkung von Standards bei Kindern und nach Geld zu rufen, gleichzeitig aber die erst 2015 neu gebaute Toilettenanlage 2022 zu sanieren, das zeigt das wahre Problem.
Simon Schmeisser, Mannheim