Mannheim. Thomas Schulz regt sich auf. „Leute, tut mal was!“, ruft er. Dabei meint er nicht etwa die Beschäftigten des Mannheimer Bilfinger-Konzerns, dessen Vorstandschef er ist. Dazu hätte er auch keinen Grund, das zweite Quartal 2025 brachte erfreuliche Zahlen mit einem besonders dicken Plus bei Aufträgen.
Und darüber berichtet Schulz zuerst auch ganz entspannt bei der Telefonkonferenz mit Journalisten am Donnerstag. Nein, Schulz regt sich auf, als Fragen zur deutschen Wirtschaft kommen, wettert über Kanzler Friedrich Merz und Wirtschaftsministerin Katherina Reiche.
Schulz: Politik soll nicht nur reden, sondern machen
„Die Politik ist schwach, wenn man nur redet, nicht macht“, schimpft er. Auf die Defizite Deutschlands hat der Manager, der lange Jahre in Skandinavien gearbeitet hat, einen besonders kritischen Blick. Bundesweit ist er ein gefragter Gesprächspartner zu dem Thema. „Der Standort Deutschland schwächelt“, sagt der CEO. Der Investitionsstau müsse sich endlich lösen. Das gehe nur, wenn die Politik endlich das umsetze, was sie versprochen hat.
Es lägen doch gute Vorschläge auf dem Tisch, betont der Bilfinger-Chef, darunter das große Investitionspaket. Dieses könnte den dringend benötigten Wachstumsschub bringen. „Die Regierung soll anfangen, das zu implementieren.“ Seine Bilanz der ersten 100 Tage der Bundesregierung fällt gnadenlos aus. Schulz: In der Wirtschaft wäre eine CEO, der nicht liefert, schon weg.
Großauftrag für Bilfinger in den Vereinigten Arabischen Emiraten
Deutschland als Bremsklotz Europas – das merkt Bilfinger auch in der Quartalsbilanz. Die Umsätze des Industrie-Dienstleisters in Europa treten auf der Stelle. „Maßgeblich daran, dass es nicht vorwärtsgeht, das muss man leider sagen, ist Deutschland“, sagt Finanzchef Matti Jäkel. Dafür läuft es in anderen Regionen besser, in den USA etwa oder im Nahen Osten. Gerade hat Bilfinger in den Vereinigten Arabischen Emiraten einen Großauftrag zur Installation einer Entsalzungsanlage an Land gezogen. Die Anlage soll die regionale Trinkwasserversorgung verbessern.
Von den US-Zöllen sieht sich Bilfinger nicht direkt betroffen, weil das Dienstleistungsgeschäft rein lokal sei. Ungemach könnte dem Unternehmen aber im US-Staat Georgia drohen. Beim Einsturz eines Stegs starben dort sieben Menschen. Eine Bilfinger-Beteiligung hatte den Anleger gebaut. Gegen diese und weitere Firmen ist nun Anklage eingereicht worden. Noch sei vieles dazu aber unklar, so Jäkel.
So viele Aufträge wie seit zehn Jahren nicht mehr
Bilfinger ist aktiv beim Bau, der Instandhaltung und Sanierung von Anlagen, Kraftwerken oder auch Bohrinseln. Dabei kommen wieder mehr Aufträge von einer schon fast totgesagten Branche: der Öl- und Gasbranche. Absoluter Wachstumsbringer ist laut Schulz aber die Pharma- und Biopharma-Industrie. Weil zudem zwischen April und Juni mehrere große Rahmenverträge verlängert wurden, verzeichnete Bilfinger den höchsten Auftragseingang (1,7 Milliarden Euro) in einem Quartal seit zehn Jahren.
Der Umsatz legte – im Vergleich zum Vorjahresportal – um vier Prozent auf 1,35 Milliarden zu, das Konzernergebnis liegt stabil bei 48 Millionen. Einen Sprung nach oben machte der Free Cashflow, das sind die liquiden Mittel, die nach allen Abzügen zum Beispiel für Zukäufe übrig sind. Der Cashflow verdoppelte sich auf 53 Millionen Euro, laut Jäkel vor allem dank eines verbesserten Forderungsmanagements.
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