Wissenschaft

Studie der Uni Mannheim: Schönheit nicht überall ein Vorteil

Eine Untersuchung der Universität Mannheim enthüllt, wie unterschiedlich die Wahrnehmung von Schönheit und Erfolg ausfällt.

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Walter Serif
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Wer äußerlich attraktiv ist, hat nicht überall auf der Welt gute Karten beim Bewerbungsgespräch oder Gehaltsverhandlungen. © picture alliance/dpa/dpa-tmn

Mannheim. Wer den Spruch wirklich gesagt hat, ist umstritten, aber fast jeder kennt ihn: „Schönheit liegt im Auge des Betrachters.“ Wir können stundenlang darüber diskutieren, ob ein Mensch anziehend ist – oder eben nicht. Eine neue Studie der Universität Mannheim zeigt jetzt aber, wie unterschiedlich Kulturen jemanden bewerten, der als attraktiv gilt - und welchen Einfluss das auf den gesellschaftlichen Erfolg hat. Vorweg: Schönsein ist nicht überall für jeden eine schöne Sache.

Der Mannheimer Ökonom Wladislaw Mill und sein Kollege Benjamin Kohler von der ETH Zürich haben zu diesem Thema mit ihrer neuen Studie erstmals vergleichende Einblicke in unterschiedliche Ländern geliefert. Veröffentlicht wurde die Untersuchung im Fachjournal „Scientific Reports“. Die Wissenschaftler analysierten große Sprachmodelle in 68 Sprachen und entwickelten daraus einen länderübergreifenden Index. Auf diese Weise konnten sie herausfinden, wie eng Begriffe wie „schön“ oder „hübsch“ mit positiven Eigenschaften wie „erfolgreich“ verknüpft sind. Und sie konnten herausfinden, wie diese je nach Kultur variieren.

Die „Schönheitsprämie“ zahlt sich nicht überall aus

Die zentrale Erkenntnis der Studie: Es gibt weltweit eine sogenannte Schönheitsprämie – also den Vorteil, den attraktive Menschen im Beruf, bei der Partnerwahl oder im sozialen Umfeld genießen. Sie ist aber nicht überall gleich ausgeprägt oder gar gleich definiert. „Unsere Methode erlaubt es erstmals, kulturelle Muster in der Wahrnehmung von Schönheit automatisiert und vergleichend zu erfassen“, erklärt Forscher Mill.

Der Schauspieler Helmut Berger (M) - während Dreharbeiten mit Romy Schneider (r) - wurde in den 1970er Jahren „schönster Mann der Welt“ genannt. © picture-alliance/ dpa

Und wie sieht das Ergebnis aus? „Wir haben festgestellt, dass fast überall auf der Welt Schönheit eher mit etwas Positivem als mit etwas Negativem assoziiert wird – aber eben nicht überall“, sagt Mills Kollege Kohler.

In westeuropäischen Ländern wie Frankreich, Italien und Finnland wird Schönheit in Sprachmodellen besonders häufig mit positiven Eigenschaften wie Kompetenz, Intelligenz oder Vertrauenswürdigkeit assoziiert. „In vielen westlichen Kulturen wird die äußere Attraktivität offenbar mit Leistungsfähigkeit und Erfolg gleichgesetzt“, so Mill. Diesen Effekt haben die Forscher zusätzlich in Ländern wie Somalia festgestellt.

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Anders sieht es beispielsweise in Rumänien oder in einigen asiatischen Ländern wie Vietnam aus: Hier verknüpfen die Menschen Schönheit seltener mit solchen „statusorientierten“ Eigenschaften. Sie haben dort anscheinend sogar negative Ansichten über Schönheit, die sie mit Inkompetenz, Misstrauen und Versagen assoziieren.

Schönheit auch ein Faktor in den Machtstrukturen

Warum in manchen Kulturen Schönheit eher ein Vorteil ist als in anderen, bleibt unklar. Die Studienautoren können da nur spekulieren. Sie vermuten, dass Schönheit in diesen Kulturen eher mit evolutionären Vorteilen verbunden sein könnte. Bisherige Forschung legt nahe, dass Schönheit oft als Zeichen von Gesundheit gilt – und daher attraktivere Menschen tendenziell bessere Überlebens- und Fortpflanzungschancen haben.

Die Studie zeigt, dass kulturell geprägte Schönheitsnormen ein unterschätzter Faktor in gesellschaftlichen Machtstrukturen sein könnten. Denn wenn Attraktivität in verschiedenen Kulturen mit ganz unterschiedlichen sozialen Signalen verbunden ist, wirkt sich das auch direkt auf die gesellschaftliche Chancenverteilung aus, ob bei Bewerbungsgesprächen oder Gehaltsverhandlungen. Die Ergebnisse der Studie liefern deshalb neue Impulse für die internationale Ungleichheitsforschung.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

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