Es hat mich erschreckt, wie am Freitagabend beim Obdachlosenhilfeverein „Die Brücke“ mit- einander umgegangen wurde. Da wurde alles dafür getan, dass einige Mitglieder, die es gewagt hatten, den Vorsitzenden wegen AfD-Posts zu kritisieren und Transparenz in der Kassenführung einforderten, frustriert aus dem Verein austreten.
Das Bild, das gezeigt wurde, war das einer eingeschworenen Gemeinschaft, die hier in der Wärmestube gerne zusammensitzt bei günstigem Essen, Spielen und Plauderei. Die sich gestört fühlt durch Diskussionen und Nachfragen. Wenn „Die Brücke“ gegen Vereinsamung hilft und den Menschen neue Bindung verleiht, ist das eine gute Sache. Es gibt ja auch andere Vereine, die offene Treffs anbieten, um Gemeinschaft zu leben. Meist finanzieren die das aus ihren Mitgliedsbeiträgen.
Mit einer Wärmestube für Obdachlose oder der Lobbyarbeit für Wohnsitzlose hat das nichts mehr zu tun. Darüber, dass in der „Brücke“ zunehmend Menschen Anschluss suchen, die einsam sind und nicht viel Geld haben, berichtet unsere Zeitung schon seit Jahren. Aber auch wir sind offensichtlich bis heute von der irrigen Annahme ausgegangen, dass hier auch Obdachlose betreut werden. Und mehr als einmal habe ich Geschäftsleuten aus Schwetzingen empfohlen, dorthin zu spenden – eben für die Obdachlosen.
Es geht auch um die Verwendung von Steuergeldern, denn die Stadt hat nicht nur einen Gutteil der Einrichtung bezahlt, sondern überlässt das Haus miet- und nebenkostenfrei dem Verein für dessen Arbeit. Nur muss sie dann meiner Ansicht nach auch – zusammen mit den Kirchen – genauer hinschauen, wie der Verein geführt wird. Grundlage ist eine transparente Buchführung und eine Satzungsänderung, die genau definiert, welche Ziele künftig verfolgt werden. Der Vorsitzende selbst hat ja um Unterstützung gebeten, weil er eben kein Vereinsprofi sei. Vielleicht würde es helfen, ihm für eine gewisse Zeit einen Rathausmitarbeiter oder jemandem aus der IG Vereine zur Seite zu stellen, um alles in Ordnung zu bringen.
Die eingeschworene Gemeinschaft sollte sich zudem offen zeigen für neue Besucher und für Kritik von innen und außen. Was immer noch nicht in meinen Kopf will, sind die fehlenden Obdachlosen. Wenn ich abends in den benachbarten Großstädten unterwegs bin, sehe ich sie zu Dutzenden in Hauseingängen und unter Brücken campieren.
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Schwetzinger Zeitung Plus-Artikel Eingeschworene Gemeinschaft
Jürgen Gruler rät dem Verein „Die Brücke“ zu Transparenz