Brühl/Ketsch. Meist gilt die digitale Welt ja als die Welt der Zukunft. Derjenige, der da nicht dabei ist, gilt mindestens in den Augen der sogenannten Digital Native als abgeschnitten von der Welt. Doch die Ausbildungsbörse an der Marion-Dönhoff-Realschule konterkariert diesen Satz doch ein wenig. Zumindest scheint bei Ausstellern wie Schülern die analoge der digitalen Welt in Bezug auf die Job-Suche deutlich überlegen.
Die Ausbildungsbörse an der Schule mit Menschen aus der Berufspraxis wird von allen, mit denen unsere Zeitung gesprochen hat, als unverzichtbar und wichtig eingestuft. Wohl kaum woanders treffen Schüler mit Aus- und Weiterbildungsinstitutionen so niederschwellig aufeinander, können sich austauschen und gemeinsam Perspektive ausloten. Und genau deshalb, so die beiden Verantwortlichen rund um die Berufsorientierung, Realschulkonrektor Daniel Gérard und Lehrer Michael Koch, betreibe man den Aufwand.
Ausbildungsbörse in Brühl: Der Basar der Zukunft
Es herrschte großer Trubel im Foyer der Schule. Sicher weit über 200 Schüler der achten bis zehnten Klasse, samt Eltern und sicher noch 70 bis 80 Menschen auf der Ausstellerseite verwandelten das Foyer in einen bunten und nicht zu überhörenden Basar. Gehandelt wurden aber nicht irgendwelche Güter, sondern die Zukunft.
Und um es gleich vorweg zu nehmen, für die Schüler sieht die Ausgangslage gut aus. Keiner, der sich da wirklich Sorgen machte. Die Schüler wussten, dass ihnen der demografische Wandel in die Hände spielt. Und nicht wenige hatten auch schon durchaus konkrete Vorstellungen, wohin es im beruflichen Leben gehen soll. Die Implementierung der Berufsorientierung in den Schulalltag scheint Wirkung zu zeigen.
Die 14-jährige Cheyenne, die mit ihrer Mutter Petra Bachmaier unterwegs war, hat die Informatik zum Ziel. „An der Schule habe ich Informatik, ich bin gut und es macht Spaß.“ Ganz grundsätzlich findet sie die Ausbildungsbörse gut. Nirgendwo sonst bekäme man so konzentriert so viele Informationen aus erster Hand. Eine Sicht, auf die man laufend traf.
Vielzahl von Möglichkeiten nach dem Abschluss an der Marion-Dönhoff-Realschule
Der 13-jährige Luigi genau wie die 14-jährige Lea und die 16-jährige Chrisa betonten, wie wichtig die Ausbildungsbörse für die Orientierung sei. Es gebe viele Berufe, von denen man keine Ahnung habe, und mindestens so viel, über die man Vorurteile habe. Als Beispiel könnte da das Unternehmen „Drahtseile Hartmann“ aus Brühl gelten. Hört sich fast nach Seemannsgarn an, ist aber Hightech. Die 20 Mitarbeiter kümmern sich um alles was hoch- oder festgehalten werden muss. Ob das eine 100 Tonnen schwere Turbine im Großkraftwerk Mannheim oder einfach nur eine Lastwagenladung ist – das Unternehmen liefert das Equipment. Ja, natürlich ist das auch körperliche Arbeit, aber eben auch viel digitaler als man glaubt.
Das Unternehmen ist übrigens zum ersten Mal auf der Ausbildungsbörse. Man habe, so Dominik Hartmann, „Probleme Auszubildende zu finden“. Ein Satz, der an den Infotischen quer durch alle Unternehmen zu hören ist. Peggy Naumann von der Fachschule für Pflegeberufe, genau wie Hannah Reichenecker von der Handwerkskammer, Julian Geörg vom Polizeipräsidium Mannheim, Sandra Kippstein von Roche oder der Welde-Braumeister Stephan Dück – sie alle berichten von Schwierigkeiten ihre Ausbildungsplätze besetzen zu können.
Zumindest scheint es nicht mehr so einfach wie früher. Und der beste Weg junge Menschen zu finden, da waren sich auch alle einig, seien Ausbildungsbörsen wie diese. Kaum woanders, so Geörg vom Polizeipräsidium Mannheim, treffe man so leicht auf junge Menschen und komme so mühelos mit ihnen ins Gespräch, wie dort.
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Es scheint, dass der digitale Glaubenssatz von der Abgeschnittenheit ohne Netz bei dieser Veranstaltung in sein Gegenteil verkehrt wird. Es galt, wer nicht im Foyer der Schule ist, verliert möglicherweise den Anschluss. Dass da was dran sein könnte, zeigt die Bilanz. Zwar wurden vor Ort keine Ausbildungsverträge unterschrieben. Aber es wurden viele klischeebeladenen Berufsbilder etwas geradegerückt, Interesse geweckt und Vielfalt gezeigt. Und davon gab es von der Seilerei und der Deutschen Bahn über Operationstechnische Assistenz und Arbeit im Sternehotel bis zur Bundeswehr reichlich.
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