Brühl. „Tradition ist nicht das Aufbewahren der Asche, sondern das Weitergeben der Flamme“, sagte bereits im 16. Jahrhundert der Staatsmann und humanistische Autor Thomas Morus. Und so sind auch die Kerweborscht stets bemüht, Brauchtumspflege im Geiste der Zeit lebendig zu halten. Mit der Wahl von Fidelis Fonje kürten sie den ersten in Afrika geborenen Owwerkerweborscht – er lebt seit über 20 Jahren in Brühl.
„Wir wollen gemeinsam mit ihm und mit euch, liebe Festgäste, ein Zeichen setzen gegen Rassismus und Fremdenhass“, unterstrich der Sprecher der munteren Truppe, Wolfram Gothe, als Fonje vor der Villa Meixner der blau-weiße Zeremonienstab mit der Krott überreicht wurde.
Straßenkerwe in Brühl mit klarem Statement gegen Rassismus
Zuvor war der Kerweumzug durch die Straßen des alten Brühls zur Jugendstilvilla gezogen – der bislang größte und bunteste in der Geschichte der Brühler Straßenkerwe. Vielen jungen Familien ist Fonje wegen seiner Tätigkeit im Sonnenscheinhort bestens bekannt – die Kinder mögen ihn wegen seiner ruhigen und freundlichen Art ganz besonders.
Und so war es für die Jungen und Mädchen eine Ehrensache, bei seiner Proklamation dabei sein zu wollen. Da scheint wohl im Vorfeld beim Hort durchgesickert zu sein, wer der höchste Repräsentant des größten örtlichen Straßenfests ist. Ansonsten war das Geheimnis bis zuletzt gut gehütet worden.
Noch bis wenige Augenblicke vor der Proklamation wurde diskutiert und mancher falsche Tipp geäußert. Als Fonje dann zusammen mit seiner Frau Anne vor die Tür der Villa Meixner kam, brandete spontan kräftiger Beifall auf. Beide trugen Tracht – er eine, die einem afrikanischen Königsgewand nachgeschneidert war.
Neuer Owwerkerweborscht in Brühl: Im Stroh versteckt
Kaum hatte sich der Beifall gelegt, erwartete Fonje die große Aufgabe, die Kerwe – symbolisiert durch eine Kiste mit Kuchen und Wein – auf dem Gelände zu finden und – so ist es üblich – auszubuddeln. Doch da hatte den Kerweborscht der heißeste September seit Aufzeichnung der Wetterdaten einen Strich durch die Rechnung gemacht. „Der Boden ist knüppelhart, da kann man kein Loch graben“, erklärte Kerweborscht Jochen Ungerer. Doch einfach hatten es die Brauchtumspfleger dem Owwerkerweborscht dann doch nicht gemacht. Sie hatten die Kiste unter Strohballen versteckt, von denen mehrere als Dekoration im Jugendstilgarten verteilt waren.
Aber auch diese Hürde nahm Fonje – von vielen Kindern eifrig unterstützt mit Bravour. Und so verkündeten die Salutschützen der Sportgemeinde Brühl – sie hatten den Umzug zusammen mit der Schlumpel, dem Spielmannszug der Feuerwehr und den Fahnenträgern der „Buffalo’s“ begleitet – mit drei Salven den Fund der Kerwe. So durfte die 37. Brühler Straßenkerwe wenig später von Bürgermeister Dr. Ralf Göck auf der zentralen Bühne der Festmeile eröffnet werden.
URL dieses Artikels:
https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/bruehl_artikel,-bruehl-bruehler-strassenkerwe-owwerkerweborscht-fidelis-fonje-gewaehlt-_arid,2131548.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/bruehl.html