Brühl. Den einen „Goggel“ ziert ein Hirschgeweih, er steht auf vier felligen rehbraunen Beinen, der andere hüpft auf grünen Froschschenkeln einher, trägt ein ungewöhnliches Federkleid – das Titelblatt des „Narrenspiegels“ der „Rohrhöfer Göggel“ für diese Kampagne gibt Nichteingeweihten echte Rätsel auf, aber auch Hinweise auf die aktiven Tollitäten. Licht ins Dunkel dieser mystisch wirkenden Gestaltwerdung geben die beiden aktuellen „Göggel“-Prinzessinnen: Die „Große“ kommt aus dem Hirschacker, die „Kleine“ hat närrische Eltern, deren männlicher Part zum Karnevalsclub Frösche St-Ilgen gehört, der weibliche ein Spross der Karnevalsgesellschaft Astoria Störche Walldorf ist. Na klingelt es?
Den Zusatz zum Regentinnentitel „vom Zwölfenderfeld“ hat man in der Vereinshistorie schonmal gehört, das ist ein Jahrzehnt her. Damals war Alexandra Michel mit zwölf Jahren Kinderprinzessin an der Seite von Katharina I. von Holerien, Katharina Steindl: „Das war eine super Erfahrung und hat so viel Spaß gemacht“, erzählt die heute 22 Jahre alte, frischgekürte „große“ Prinzessin des Traditionsvereins, der seit mehr als 60 Jahren die Narrenlandschaft in der Kurpfalz bereichert.
Fasching in Brühl: Kinderprinzessin Enya freut sich, "ganz viel zu erleben"
Das „Zwölfenderfeld“ ist eine Anspielung auf den Wohnort Hirschacker, der wiederum im Wortsinn Pate stand für einen Teil des Inthronisierungsbühnenbildes und eben für das pfiffige Titelbild des Narrenspiegels.
Sprunghaft, wie die Froschbeine assoziieren, ist die neun Jahre alte Enya Brokmeier nur, wenn es ums Tanzen geht. Stolz, wie es dem Storch zugeschrieben wird, dessen markante Körperform und Färbung auf dem Deckblatt der Fibel zu sehen sind, ist sie auf jeden Fall darauf, Kinderprinzessin zu sein, und freut sich „ganz viel zu erleben“ in der scheinbar so kurzen Kampagne. Die endet bereits am Aschermittwoch, 14. Februar.
Es gibt eine Warteliste, um in Rohrhof Prinzessin zu werden
Seit ihrer Inthronisierung am Elften im Elften, dem ultimativen Startdatum in die fünfte Jahreszeit, haben beide schon einige Termine erleben dürfen und sind sich einig, dass die Wochenendfamilien mit den vielen gekrönten Häuptern auf Zeit eine Welt ist, die sie schon jetzt prägt: „Es sind so viele tolle Menschen, die sich für Tradition und ihre Vereine engagieren, der Umgang miteinander ist so herzlich“, sagen die Prinzessinnen beim Treffen in der „ruhigen Zeit“ zwischen den Jahren.
Den Sturm im Blick, der sie mit Jahresbeginn an Terminen und Erlebnissen erwartet, blicken sie schon einmal begeistert zurück. Dass es dabei vorfreudemäßig kribbelt, spürt man im Gespräch. Wer den Wunsch hat, Prinzessin zu werden, der fragt beim „Göggel“-Vorstand nach – das, erzählen beide, sei ihr Weg gewesen: „Es gibt da schon eine Warteliste“, erklärt Alexandra, dass der Verein für die kommenden Jahre zumindest an „großen“ Prinzessinnen Auswahl habe. Kinderprinzessinnen zu finden sei nicht immer einfach, denn es bedeute für die Eltern einen großen zeitlichen und finanziellen Einsatz.
Das bestätigen Sabine und Jens Brokmeier sofort, die ihre Enya als „blinden Passagier“ aus einem Urlaub in Kanada mitgebracht haben, wie sie lachend mitteilen. Aber auch Veit und Ute Michel können ein Liedlein davon singen, was es heißt, Eltern einer Kinderprinzessin zu sein. Vor allem, wenn man davor mit Fasnacht nichts am Hut hatte. Immerhin war die Erfahrung vor zehn Jahren wohl so positiv, dass sie dabeigeblieben und mittlerweile fester Stamm bei den „Göggeln“ sind.
Eltern der „Großen“ zu sein, macht es einfacher, denn nicht zu jedem Termin muss man mitfahren, das managet Alexandra mit ihrem Freund und weiteren „Göggel“-Aktivposten.
Enya ist schon in eine Fasnachterfamilie hineingeboren: „Mama war schon Prinzessin und Papa ist schon lang aktiv – beide haben sich bei Fasnachtsaktionen kennengelernt“, berichtet die junge Hoheit. Die blonden Haare hat sie extra für schöne Frisuren wachsen lassen: „Die kann ich ja danach wieder spenden“, schildert Enya, dass sie schon einmal ihre langen Haare abschneiden ließ und für die Perückenfertigung für an Krebs erkrankte Kinder gespendet hat. Eine prima Aktion.
Aufwändige Handarbeit für Prinzessinnenkleidung für die Faschingssaison in Brühl
Kleider shoppen ist der zweite Aspekt, der nicht nur der jungen, sondern auch der erwachsenen Prinzessin Spaß bereitet hat. Zusammen war man in Mannheim unterwegs und wurde auch fündig. Weitere Modelle der schillernden Outfits gab es aus dem Internet. Ganz außergewöhnlich ist das schwarz-rote Kleid von Enya aber doch: „Das haben Mama und Oma aus Stoffresten vom Prinzessinnenkleid der Mama selbst genäht“, berichtet sie stolz.
Fein bestickt ist das Oberteil mit Minipailletten und feiner Garnspitze, die auch den Rock ziert – eine schöne, aufwendige Handarbeit. Die Freunde und Mitschüler an der Jahnschule haben Enya noch nicht so wirklich als Prinzessin realisiert. Das wird sich aber ändern, wenn traditionell die Fasnachtshoheiten Schulen und Kindergärten am Fasnachtsfreitag besuchen. Darauf freut sich auch Alexandra, denn zurzeit studiert sie in Darmstadt Soziale Arbeit, ist Trainerin bei den „Göggeln“ und arbeitet nebenbei bei der Lebenshilfe in der Offenen Hilfe in Oftersheim. Den Bezug zu Kindern und jungen Menschen mit Handicap hat sie über eine der Freundschaften bei den „Göggeln“ gefunden, als sie mit der ehemaligen Prinzessin Lara Krupp über deren Profession sprach. Wieder ein lebendiges Beispiel der Wichtigkeit funktionierender Vereinsfamilien.
Tanzen ist eine große Leidenschaft, die sie als ein Teil der „Göggel“-Doppelshowtanzmariechen zusammen mit Michelle Virag auslebt. „Das Reiten musste ich aus Zeitgründen leider aufhören“, bedauert sie.
Vorfreude auf die Fasnachtsumzüge
Auf die Umzüge freuen sich beide, sind mit warmem Schuhwerk gewappnet, das es neben den hochhackigen Schuhen auch gibt. Umhänge und kuschelige Westen tun dann bei Kälte ein Übriges. „Hauptsache es scheint immer die Sonne“, wünschen sich die Rohrhofer Regentinnen, deren gute Laune sofort überspringt.
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