Blick auf 2021

Jahresrückblick 2021 in Brühl: Gleich zweimal bricht der Sommerdamm

Von 
Ralf Strauch
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Die Bäume der Rheinauen stehen bei den Hochwassern 2021 gleich zweimal komplett im Wasser. © ffw

Brühl. Es ist fast 25 Jahre her, dass starke Regenfälle in Baden-Württemberg zu schnellen und großräumigen Überflutungen geführt haben. Das Hochwasser kam damals für viele überraschend. Es gab kaum Vorwarnzeit für Anwohner und die Behörden. Deshalb wurde vor einem Vierteljahrhundert die Hochwasservorhersagezentrale Baden-Württemberg ins Leben gerufen. Im ausklingenden Jahr war sie für Brühl gleich zweimal im Einsatz.

Tops und Flops 2021

Tops

  • Ja, nein, ja, nein – obwohl es im Frühjahr vom Regierungspräsidium noch heißt, dass die Landesstraße 599 trotz erheblicher Mängel nicht saniert wird, finden sich im Oktober plötzlich Gelder, um das 3,5 Kilometer langen Teilstück doch zu sanieren.
  • In den Sommermonaten entscheiden die Fraktionen des Gemeinderates positiv über die Anschaffung von mobilen und zentralen Belüftungssystemen für die Unterrichts- und Gruppenräume der Betreuung von Kindertagesstätten bis zu den unteren Jahrgängen der Marion-Dönhoff-Realschule.
  • Der fachkundige Mitarbeiter des Pflegestützpunktes Walter Klink ist seit Oktober wöchentlich im Rathaus ansprechbar, um Beratung zu verschiedensten Themen zu bieten.
  • Mit Jochen Ungerer wechselt ein Mann ins Ordnungsamt, der weiß, wie er die Themen anpacken muss. Sowohl bei Corona als auch bei den Hochwassern beweist er seine Qualität im Rathaus.

Flops

  • Das Auf und Ab des Rheinpegels sorgt dafür, dass die Schnakenplage auch von der KABS nicht mehr in den Griff zu bekommen ist.
  • Die Bauunternehmen und das Brühler Bauamt klagen gemeinsam über die bundesweit steigende Kosten für die Rohstoffe. Viele Vorhaben werden deutlich teurer.

Doch so gut die Vorhersage ist – wichtiger ist der dann jeweils aktuelle Schutz vor den Fluten. Und da geraten die Brühler im Jahr 2021 gleich mehrfach ins Grübeln. So ist beispielsweise der Sommerdamm zwischen Rohrhof und dem Leimbach bei jeder großen Flut gebrochen – er gibt laut Planung relativ schnell nach, kaum dass der Rhein die Dammkrone erreicht hat.

Probleme auf den Wiesen

Die Folge ist, dass die Schwetzinger Wiesen überflutet werden – sowohl beim statistisch zehnjährlichen Hochwasser im Januar als auch beim ebenfalls erneut zehnjährlichen Hochwasser im Juli. Laut Statistik hat Brühl damit für die nächsten Jahrzehnte eigentlich sein Fett weg – doch „grau, teurer Freund, ist alle Theorie“. Durch den Klimawandel ist die Statistik ins Wanken geraten, die Pegelstände erreichen immer häufiger die Marke von 7,60 Metern in Maxau, bei dem die Hochwasser für Brühl zum Problem werden.

„Der Sommerdamm hat dabei weniger die Aufgabe den Ort vor der Überflutung zu bewahren – er schützt die Landwirtschaft bei niedrigeren Hochwassern und verhindert, dass die Schwetzinger Wiesen bei jeder Pegelerhöhung sofort überschwemmt werden“, erklärt Wiesenwart Fritz Fichtner, „das hätte nämlich spürbare Folgen nicht nur für die Bauern, sondern auch wegen der Schnakenplage und der Naherholungsmöglichkeiten während der Fluten in diesem Bereich.“

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Doch bei solchen zehnjährlichen Flutwellen wie im ausklingenden Jahr ist dann Schluss mit lustig. Auch wenn das viele Katastrophentouristen anders sehen, die alle Absperrungen der Bereiche für ihre persönliche Sensationsgier immer wieder ignorieren.

Der erst vor wenigen Jahren vom Regierungspräsidium komplett sanierte Hochwasserdamm bei Rohrhof kann über die bisherigen Pegelstände nur milde lächeln – er ist auf ein hundertjährliches Hochwasser ausgelegt – doch schon bei der Fasanerie sorgt die Entwicklung der vergangenen Jahre für Sorgenfalten bei den Anwohnern.

Flutung ist durchaus geplant

Zwar ist die Flutung der Schwetzinger Wiesen – den Bauern dort zum Verdruss – bei deutlichen Hochwassern durchaus von den Behörden erwünscht, um dem Rhein mehr Raum in den Auen zu geben und damit der Flutwelle ein wenig der Spitze rheinabwärts zu nehmen, doch für die Hufeisengemeinde bringt das Probleme. Die Folgen der beiden Fluten von 2021 sind in der Gemeinde zwar bei Weitem nicht so gravierend wie im Ahrtal, doch die Warnhinweise mehren sich.

Gleichzeitig ist seit drei Jahren der Schutzdamm für den Ort bei der Fasanerie gesperrt. Wegen Unterspülungen wird ihm nicht mehr zugetraut, der Belastung des Fußgänger- und Radverkehrs gerecht zu werden.

Abschied zu nehmen von einer Größe des Miteinanders in der Hufeisengemeinde, steht im Januar an. Er war ein Mann, der seine Heimatgemeinde maßgeblich mitgestaltet hat – nicht nur am Ratstisch, sondern auch bei vielen Veranstaltungen war er ein Macher: Ehrenbürger Werner Fuchs stirbt im Januar nach langer Krankheit. Plötzlich ereilt der Tod nur wenige Tage später Winfried Höhn. Vor allem zwei Bereiche prägten sein soziales Leben in Brühl – die CDU und der Heimatverein. Kurz darauf stirbt auch Eddy-Werner Triebskorn – Dirigent vieler Chöre und zweiter Vorsitzender des Heimatvereins. © lenhardt

Einem möglichen Extremhochwasser, so wird uns im Sommer auf Nachfrage erklärt, sei der Damm dennoch gewachsen. Doch eine Ertüchtigung des Deichs kommt einfach nicht aus den Puschen. Erschwerend kommt hinzu, dass angesichts des angrenzenden FFH-Schutzgebietes nur in den Wintermonaten gebaut werden kann. Im Regierungspräsidium verweist man deshalb schon auf den Winter 2022/2023. 

Leuchttürme und tiefe Löcher

Die Menschen sind es – so heißt es vielfach – leid, davon zu hören. Dennoch kommt ein Jahresrückblick nicht wirklich an Corona vorbei. Also kurz die Daten: Insgesamt sind 1068 Brühler seit Beginn der Pandemie 2020 im Ort erkrankt, aktuell sind zum Jahreswechsel knapp 40 Infizierte im Ort gemeldet. 78 Menschen sind bislang mit oder an dem Virus gestorben. Und das ist nicht nur eine Fußnote der Gemeindestatistik, sondern in jedem Einzelfall eine schreckliche Tragödie.

Die erste Baumaßnahme der Gemeinde, die sowohl Kostensteigerungen als auch Zeitverzögerungen zu melden hatte, war die Festhalle. Im Januar hoffte die Kommune auf eine Fertigstellung der Sanierung im Sommer – das klappte aber zeitlich nicht.

Dazu kamen während der jeweiligen Schließungszeiten die Sanierungen von Frei- und Hallenbad, um beide Anlagen für die aktuellen Ansprüche der Nutzer attraktiv zu gestalten. Auch die Gemeindebücherei erhält bis zum Herbst ein ganz neues, wirklich gut überarbeitetes Gesicht, das deutlich mehr Möglichkeiten bietet. Beim ewigen Provisorium dieser Einrichtung werden damit endlich Akzente gesetzt – es wird zugleich eine dauerhafte und tatsächlich zukunftsorientierte Entscheidung getroffen.

2021 wurde Walter Barbarino als Jugendmusikschulleiter verabschiedet. © Dorothea Lenhardt

Im Neubaugebiet Bäumelweg-Nord wird im Januar aus der Planung eine echte Vorbereitung, und im Oktober in die Umsetzung – gegen Ende des Jahres rollen die Bagger für die vier Vorzeigeprojekte der Holzbauten der Stiftung Schönau.

Bei Sportpark-Süd geht es 2021 stetig voran, der Verein der Schäferhunde zieht im Frühjahr auf die andere Seite der Ketscher Straße.

Klare und unklare Aussichten

Einen Lichtpunkt am Horizont gibt es zunächst für die Mitarbeiter des Real-Marktes im Frühjahr, doch der verblasst im Herbst wieder, als deutlich wird, dass zwischen der möglichen Übernahme durch Scheck und der erwarteten Schließung von Real eine zeitliche Lücke klafft. Niemand weiß aktuell, wohin die Reise des Einkaufszentrums im Brühler Norden derzeit wirklich geht.

Der Mensa-Neubau für die Marion-Dönhoff-Realschule nimmt im Frühjahr konkrete Formen an. Doch bezüglich des Fortbestands der Kollerfähren halten sich die zuständigen Stellen an Radio Eriwan: „Im Prinzip ja ...“

Klare Aussagen trifft hingegen der neue Chef des Ordnungsamtes, Jochen Ungerer, von Anfang an. Sowohl beim Thema Hochwasser, als auch bei Corona und der Parksituation im Alltag zeigt er die berühmte klare Kante – Betroffene schimpfen darüber, andere loben den neuen Kurs.

Bei der weiteren Nutzung des „Brühler Lochs“, also der ehemaligen Geothermiebohrung, wird bei den Formulierungen seitens der MVV und EnBW immer stärker der Konjunktiv genutzt: „Wir wollen uns nicht mit der gut organisierten Bürgerinitiative anlegen“, heißt es schon im Frühsommer hinter vorgehaltener Hand.

Länger als eigentlich erwartet fällt die Sanierung der alten Eisenbahnbrücke über den Leimbach aus. Verkehrspolitische Gründe nach der Sperrung der Ketscher Straße für den Bau des FV-Vereinshauses, Verzögerung bei der Materialbeschaffung und die Sanierung der L 599 zwischen Ketsch und Brühl sorgen dafür, das die seit Frühjahr erneuerte Verbindung erst Monate nach dem eigentlich vorgesehenen Termin freigegeben wird.

Die junge Seelsorgerin Melanie Börnig tritt für die letzten sieben Monate ihres Probedienstes im ausklingenden Jahr in die Fußstapfen der allseits beliebten Pfarrerin Almut Hundhausen-Hübsch und wird im Spätjahr einstimmig für die Stelle als Pfarrerin in der evangelischen Gemeinde gewählt. Es sei natürlich eine Herausforderung, unter Pandemiebedingungen in einem Arbeitsfeld anzufangen, in dem man so viel mit Menschen zu tun habe, stellt die neue Seelsorgerin fest, doch im November wird sie offiziell von Schuldekanin Christine Wolf in ihr neues Amt als Pfarrerin für Brühl eingeführt. © Börnig

Im März beginnen die Bauarbeiten für das Leuchtturmprojekt Kinderbildungszentrum. Die Hausmeisterwohnung bei der Schillerschule wird umgebaut und ein Anbau zum Pavillon errichtet. Im kommenden Jahr soll dort die Kleinstkinderbetreuung Sonnenschein stattfinden. Zeitgleich wird entschieden, die Kinderbetreuung wegen Corona mit Luftfiltern auszustatten.

Ein Hin und Her kommt bei der Sanierung der Umgehungsstraße 599 auf. Erst soll der Straßenbelag komplett saniert werden, dann fehlen dafür doch die Gelder des Landes. Ende November wird wegen einer ausgefallenen Sanierung im Land doch noch das Geld für Brühl frei. Innerhalb von wenigen Wochen wird daraufhin die Straße ganz neu aufgebaut – im November und Dezember fließt so der Verkehr verstärkt durch den Ort. Allerdings ohne für wirkliche Probleme zu sorgen. Seit Herbst wird auch an der Umgestaltung des alten Trafoturms für die Jahnschule gearbeitet.

Der Grüne Gockel der evangelischen Kirchengemeinde kräht mehrfach: Im Sommer entsteht beispielsweise ein Hochbeet mit Pflückangebot an alle. Der Feldkindergarten verlässt ebenfalls im Sommer seinen angestammten Platz bei der Grillhütte, um zum unbelasteten Areal beim Rohrhofer Friedhof umzuziehen. Die Johannes-Diakonie startet im Schütte-Lanz-Park mit dem Bau eines Zuhauses für Menschen, die eine Tagesstruktur brauchen.

Einige Jubiläum fallen den Kontaktbeschränkungen zum Opfer. So feierte der SV Rohrhof seinen 100. Geburtstag digital, ebenso findet der 40. Geburtstag der Jugendbetreuung des Postillons statt.

Redaktion

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