Brühl. Es verspricht, ein Riesenspektakel zu werden, wenn am Samstag, 25. Januar, „Narri narro“ beim vierten Rohrhofer Nachtumzug der Goggelzunft auf „Ahoi“ trifft. Bei diesem Fasnachtstreiben der „Rohrhöfer Göggel“ haben die Verantwortlichen inzwischen die maximale Teilnehmerzahl bei knapp über 2000 Mitwirkenden deckeln müssen. Das sind mehr als doppelt so viele wie zwei Jahre zuvor – es gibt 87 Zünfte und allein 14 Guggenmusikgruppen.
Die Teilnehmer aus allen Teilen von Baden, Württemberg und der Pfalz wollen mit Einbruch der Dämmerung ihren närrischen Spaß beginnen. Wir sprachen mit dem Zunftmeister der Rohrhofer Vereinigung, Harald Müller.
Warum müssen Sie mit der Veranstaltung so viele neue Aufgaben bewältigen – es gab doch schon drei Auflagen?
Harald Müller: Es gibt immer wieder einen Neuanfang mit neuer Besetzung. Wir wollen die farbenfrohe und ausgelassene Fasnacht hier auf der Straße, die ohne große Umzugswagen und andere Dinge auskommt, fröhlich feiern. Aber die Anforderungen seitens der Behörden wachsen stetig an.
Warum ist 2008 die Goggelzunft in Rohrhof außerhalb der Fasnetzone gegründet worden?
Müller: Das entstand, weil ich vor einigen Jahren während der närrischen Zeit bei einer Reha-Maßnahme im Schwarzwald gewesen bin – da hat mir diese damals für mich ganz neue Art der Fasnet derart gefallen, dass ich dieses närrische Brauchtum auch bei uns begehen wollte – selbst wenn die Häs nicht wirklich tief in unserem Brauchtum verankert ist – aber es war ein Beginn. Als ich damals von einem Umzug in Rohrhof gesprochen habe, waren sofort acht Leute bereit, mich auf diesem Weg zu begleiten. Das war die Geburtsstunde der Goggelzunft im Ort.
Aber wie kommt es zu diesem aktuellen Riesenerfolg mit so vielen Teilnehmern bei Nachtumzug?
Müller: Eigentlich haben wir nie geplant, ein so riesiges Event zu organisieren. Wir haben damit gerechnet, dass irgendwie maximal 70 Zünfte und einige tolle Guggemusiken teilnehmen würden. Doch es wurden in diesem Jahr mehr und mehr. Da haben wir uns entschieden, nicht mehr als 86 Gruppen – die absolute organisatorische Grenze – zuzulassen. Und das hat bedeutet, dass wir über 80 weiteren Zünften, die teilnehmen wollten, eine Absage erteilen mussten.
Moment mal: Das ist also noch einmal die doppelte Zahl an interessierten Zünften?
Müller: Ja, das ist ein wahnsinniger Erfolg bei der gerade einmal vierten Auflage des Rohrhofer Nachtumzugs. Wir hätten also zahlenmäßig problemlos noch einmal einen zweiten Umzug wie den jetzt vorgesehenen machen können. Aber das wäre für uns organisatorisch nicht zu stemmen gewesen – man muss halt realistisch bleiben. Die Erfolge der vergangenen drei Umzüge, die ohne irgendwelche Probleme oder Zoff abgelaufen sind, wurden aber über Mund-über-Mund-Propaganda bei den Zünften weitergegeben, sodass wir uns vor Anfragen nicht mehr retten konnten. Die Zünfte, die Guggenmusiken und die Zuschauer fühlen sich bei uns einfach wohl.
Sie haben die Probleme bei anderen Umzügen in Larven angesprochen und sie fordern einen Ehrenkodex von den teilnehmenden Gruppen – was heißt das?
Müller: Der Ehrenkodex der Zünfte besagt, dass die Hästräger, wenn sie Schabernack treiben, aber eine der Personen vom Straßenrand nein sagt, diese dann auch wirklich in Ruhe gelassen werden – anmalen dieser Besucher, mitnehmen, Schnürsenkel stehlen oder sonstwie Belästigungen dieser Person sind damit tabu. Vor allem dürfen keine alkoholisierten Hästräger auf den Zugweg. Derjenige, der betrunken teilnehmen will, dem wird die Maske abgenommen und er darf damit auf diesem Umzug nicht mitlaufen. Deshalb sind wir auch in der Zünftevereinigung „Ohne Alkohol und ohne Gewalt“. Wir wollen eine wirklich friedliche Fasnacht – wie in den Jahren zuvor. Das wird sicherlich auch noch einmal beim Zünftetreffens des Bundes Deutscher Karneval in Ketsch in wenigen Wochen besprochen.
Was ist das Schöne, wenn man unter der Häs unterwegs ist?
Müller: Das Schöne in dieser ganz besonderen Fasnachtsform ist, dass man zusammen mit so vielen anderen Hästrägern die Menschen für ein paar Stunden einmal absolut völlig vergessen lässt, was derzeit in der übrigen Welt so Schlimmes passiert. Und das ist keine leichte Aufgabe. Die große Weltpolitik, die Bundespolitik und das aktuellen Geschehen rund um den Globus wird also kurz ausgeblendet. Man kann mit ihnen fröhlich sein, man kann die Fasnet bewegen, die Stimmung zu genießen.
Wie geht das?
Müller: Man hat beim Umzug und dann später das Gefühl, gemeinsam miteinander Feiern zu können. Und dann nimmt man die Besucher vom Straßenrand mit, dass auch sich freuen können und ihren Spaß haben, singen und tanzen.
Sieht man da als ,Neuling‘ auf das uralte Brauchtum der anderen Zünfte?
Müller: Zunächst einmal sind viele Zünfte nicht so uralt. Diese haben allerdings ganz starke Regeln und Bestimmungen. Ja, wir als Goggelzunft haben da keine Chance, als gleich angesehen zu werden. Zu deren Treffen werden wir wohl niemals – beispielsweise zum Narrensprung in Rottweil – eingeladen. Die traditionellen Zünfte werden wohl nicht auf unsere noch vergleichsweise junge zugehen.
Welche Stellung zwischen bösen Dämonen und liebenswerten Wesen nehmen die Göggel ein?
Müller: Wir wollen keine böse Rolle übernehmen, wir wollen den Besuchern beim Umzug ganz liebevoll das eine oder andere Bonbon verteilen, mit den Kindern und allen anderen am Umzugsweg viel Spaß haben. Wir wollen einfach eine lustige Fasnacht mit den Menschen feiern. Dass wir dabei in unserer Göggel-Häs auftreten hat damit zu tun, dass früher im Ort viele Geflügelzüchter aktiv waren. Das Federvieh gilt daher als Symbol für den Ortsteil . An diese Hintergrundgeschichte haben wir entsprechend uns angelehnt. Schließlich einigten wir uns auf einen freundlich aussehenden Gockel mit einem fröhlich buntem Gesicht und rotem Kamm. Unser Häs besteht so aus einer komplett selbst genähten Jacke, auf die Hunderte bunte, handgeschnittene Filzflicken genäht sind.
Info: Der Umzug in schwäbisch-alemannischer Tradition startet um 19 Uhr vom Aufstellunsplatz am Waldweg und endet an der Ecke Schulstraße.
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Schwetzinger Zeitung Plus-Artikel Brühl Nachtumzug in Brühl: Dämonen ruhig halten