Eppelheim. Der Eppelheimer Gemeinderat beschloss am Montag den Haushaltsplan mit der Satzung für 2024, den Finanzplan mit Investitionsprogramm sowie den Wirtschaftsplan des Eigenbetriebs Wasserversorgung. Kämmereileiter Michael Seip blickte auf das Haushaltsjahr 2023 zurück. Die bei Steuern und Abgaben geplanten Ansätze bei Erträgen werden um 2,5 Millionen Euro verfehlt – wegen der massiv zurückgegangen Einnahmen aus der Gewerbesteuer. Die Erträge aus Zuweisungen, Zuwendungen und Umlagen hingegen liegen 550 000 Euro über dem Planansatz. Auch bei den Entgelten für öffentliche Leistungen wurden 250 000 Euro mehr verbucht.
Die Finanzlage sei schlecht und „geht in keine gute Richtung“, erklärte Seip. Der Ergebnishaushalt 2024 werde mit einem Minus von rund 4,8 Millionen Euro geplant. Mit Ausnahme des Jahres 2026 schließe der Ergebnishaushalt kontinuierlich im siebenstelligen negativen Bereich ab: „Ziel sollten hier eigentlich jährliche Überschüsse von rund drei Millionen Euro sein, um anstehende Investitionen daraus zu finanzieren oder auch politischen Gestaltungsspielraum schaffen zu können.“
Gibt es ein Polster?
Im aktuellen Planungszeitraum würden durch die negativen Ergebnisse 7,2 Millionen Euro des städtischen Vermögens aufgezehrt. Seip hatte aber auch positive Nachricht: Zum Beginn des Haushaltsjahres 2024 steht für den Kernhaushalt eine noch sehr gute Liquidität in Höhe von rund 20,8 Millionen Euro zur Verfügung. Dieses Polster mache es möglich, „sämtliche der geplanten Investitionen ohne Kreditaufnahmen zu schultern“.
Anlass zur Sorge gebe das rapide Abschmelzen der liquiden Mittel, so dürften 2027 nur 4,9 Millionen Euro übrig sein. Beim 2018 ausgegebenen Ziel, die Schulden bis 2033 zu halbieren, liege man noch im Soll. Bei der Gewerbesteuer sei der Ansatz auf 7,5 Millionen Euro reduziert worden. Im vergangenen Jahr waren die Top Ten der Zahler für 71 Prozent der Gewerbesteuer verantwortlich. Beim Gemeindeanteil an der Einkommensteuer wird es in diesem Jahr wohl rund 185 000 Euro weniger geben, auf den Finanzplanungszeitraum hochgerechnet macht das 740 000 Euro aus. Die Personalkosten steigen wegen der Tarifabschlüsse stark an. Es werde immer schwieriger, Fachkräfte für die Kinderbetreuung zu finden, aber auch beim städtischen Bauhof und dem Rathaus sei es nicht einfach, qualitativ hochwertiges Fachpersonal zu bekommen, betonte Seip.
Für den An- und Umbau des Feuerwehrgerätehauses sind 2,25 Millionen Euro veranschlagt. Nächstes Jahr wird noch eine Million Euro gebraucht.
„Auf Dauer wird die Stadt Eppelheim auch in ihre Straßen, Wege, Plätze Wasser- und Abwassereinrichtungen investieren müssen, was für die kommenden Jahre definitiv Risikopositionen sind“, erläuterte der Kämmereichef. Die Herausforderungen der Digitalisierung könnten den städtischen Haushalt kurz- bis mittelfristig belasten, doch langfristig auch zu Einsparungen im Personalbereich führen. Beim Eigenbetrieb Wasserversorgung könne man von einem normalen Jahr ausgehen. Der Wasserpreis habe trotz steigender Kosten erneut stabil gehalten werden können.
Liquidität ist endlich
Ziel müsse sein, Überschüsse im Ergebnishaushalt zu erzielen, aus denen künftige Investitionen finanziert werden, „denn auch die Liquidität der Stadt ist endlich“. Es gelte, „dauerhaft Wege zur Verbesserung der städtischen Finanzen zu finden und diese dann auch zu beschreiten, auch wenn diese möglicherweise unbequem sind. In der Vergangenheit wurde schon viel geplant, jedoch nicht ganz so viel umgesetzt. Vielleicht ist es nun an der Zeit, dieses Vorgehen zu drehen und ins Handeln zu kommen“, schloss Seip.
„Zukunft sichern, Natur und Klima schützen, Zusammenhalt stärken“ bezeichnete Christa Balling-Gündling (Grüne) als die Leitmarken des Haushalts. Der Abbau der Schulden sei ein wichtiger Beitrag zur Generationengerechtigkeit. Der vorgelegte Haushalt entspreche nicht den Anforderungen des geltenden Haushaltsrechts. Besonders ärgerlich seien die im ÖPP-Vertrag festgelegten Zinsen von über fünf Prozent.
„Die Stadt muss verstärkt in erneuerbare Energien investieren und auf den Klimawandel reagieren“, verlangte sie. Neben einer weiteren Entsiegelung und Begrünung müsse endlich auch das Biotopvernetzungskonzept umgesetzt werden, forderte die Fraktionssprecherin die energetische Sanierung aller gemeindeeigenen Liegenschaften.
Bei der Verkehrswende „müssen wir endlich den Turbo einlegen“. Maßnahmen ließen sich auch mit wenig Geld umsetzen. Um den Zusammenhalt zu stärken, bedürfe es „Mietwohnungen zu sozial verträglichen Preisen“. In bestimmten Bereichen der Infrastruktur müssten die Defizite heruntergefahren werden, meint Balling-Gündling. In der mittelfristigen Finanzplanung fehle die Investition für einen weiteren Kindergarten: „Es braucht eine klare Priorisierung aller künftigen Investitionen.“
Volker Wiegand (CDU/FDP) kreidete den Rückgang der Gewerbesteuer dem wirtschaftspolitischen Konzept der Bundesregierung an: „Subventionen werden aus verfassungswidrig verschobenen Sondervermögen verteilt. Diese finanz- und wirtschaftspolitische Inkompetenz der handelnden Personen in Berlin wirkt sich bis auf unseren Haushalt hier aus.“ Der Haushalt bedeute „Sparen statt Gestalten“. Die massiv gestiegene Inflation habe zum höchsten Tarifabschluss der vergangenen Jahrzehnte im öffentlichen Dienst geführt. „Qualitativ hochwertiges Wohnen, das den gesellschaftlichen Entwicklungen entspricht“, sei ein Ziel seiner Fraktion, die weiter in der Nachverdichtung die Chance sehe, Mangel an Wohnraum entgegenzuwirken.
Gemeinderat und Bürgerschaft sollten sich darüber einigen, wie es mit dem Gewerbegebiet weitergehen soll: „Wir wünschen uns eine Öffentlichkeitsbeteiligung.“ Das Gutachten zum Gewerbegebiet diene als Grundlage für weitere Diskussionen, Beratungen und Beschlüsse. „Das Verkehrskonzept liegt in der Schublade und wartet auf seine Umsetzung“, kritisierte Wiegand. Er dankte den Ehrenamtlichen für ihr Engagement. Ein besonderer Dank ging an Ehrenbürger Dr. Hans-Peter Wild für die Finanzierung der neuen Halle. Die CDU/FDP-Fraktion hätte sich gefreut, „wenn wir im vergangenen Jahr weitere Jahresabschlüsse hätten verabschieden können“.
Verlässliche Finanzierung
Die Kämmerei mahne zu Recht die Ausgabendisziplin an, meinte Renate Schmidt (SPD), „denn wir haben kein Einnahmen- sondern ein Ausgabenproblem“. Die Kommunen benötigten „eine verlässliche Finanzierung mit eigenem Gestaltungsspielraum statt befristete und schwer planbare Förderprogramme und Anschubfinanzierungen“. Die Fraktionssprecherin nannte die wesentlichen Investitionen: Umbau des Feuerwehrgerätehauses, Bau der Hans-Peter-Wild-Halle und Neugestaltung der Seestraße.
Für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum müsse die Kommune aktiv auf den Wohnungsmarkt: „Alle städtischen Immobilien und Grundstücke müssen in unserer Hand bleiben oder wertgleich getauscht werden.“ Bezahlbarer Wohnraum sei ein wesentlicher Teil der kommunalen Daseinsvorsorge, die Gestaltung des Klimawandels ein soziales Thema. „Den demografischen Wandel sozial gestalten“, forderte Schmidt. Dabei wolle man vor allem Familien mit niedrigen und mittleren Einkommen unterstützen. Das Ehrenamt sei Garant für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, dankte sie den Fraktionen und Bürgermeisterin Patricia Rebmann für die gemeinsame Resolution und die folgende Kundgebung. Ein Beweis, dass zutiefst rassistisches und rechtsextremes Gedankengut in Eppelheim keinen Platz habe.
Bernd Binsch (Eppelheimer Liste) sprach beim Minus von 4,8 Millionen Euro von einem „katastrophal schlechten Ergebnis“. Die Haushaltskonsolidierung müsse auf der Ausgabenseite geschehen, weil die tatsächlichen Gewerbesteuereinnahmen weit hinter den geplanten Ansätzen zurückblieben. Seine Fraktion lehne Steuererhöhungen ab. Besser seien konstruktive Einsparvorschläge: „Kostentreibende Anträge wirken kontraproduktiv und nicht zielführend.“ Dem Gewerbegebiet Nord fehle teilweise die Attraktivität, wie zum Beispiel eine Verkehrsanbindung. Die gestiegenen Personalkosten trügen zu einem erheblichen Teil zum schlechten Haushaltsergebnis bei. Bei der Energiegewinnung erwarte seine Fraktion „mehr Ideen und Varianten“.
Eine in der Kegelhalle untergebrachte „schlankere und effektivere Bibliothek“ könnte ebenso Einsparungen bringen. Eine neue Taktung der Straßenbahnlinie 22 an Wochenenden und Feiertagen könnte weiteres Einsparpotenzial bedeuten. Binsch forderte, auch bei den „Repräsentationen der Bürgermeisterin“ kürzerzutreten: „Gerade in Zeiten der Haushaltskonsolidierung könnte auch an dieser Stelle gespart werden.“ Er plädierte für ein „deutliches Sparprogramm“, ohne neue und kostenintensive Vorschläge: „Der Fokus kann nur noch auf der Erfüllung der Pflichtaufgaben liegen.“
Bernd Binsch und Franz Maier stimmten gegen den Haushaltsplan. Der Finanzplan und der Wirtschaftsplan für den Eigenbetrieb Wasserversorgung wurden einstimmig genehmigt.
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