Pumpwerk Hockenheim

Kommunen und Klimaschutz: Rolle, Handlungsfelder und Ziele

Eine Vortrags- und Diskussionsveranstaltung in Hockenheim betonte die Bedeutung des kommunalen Klimaschutzes. Das Deutsche Institut für Urbanistik präsentierte das interaktive Format "Klimaschutz macht Ah!", um Städte und Gemeinden in bestimmten Handlungsfeldern zu unterstützen.

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Volker Widdrat
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Diskutieren und beantworten Fragen und Anregungen zum kommunalen Klimaschutzkonzept : Björn Weber (v. l.), Dr. Philipp Wesche, Sandra Frorath-Koster und Marco Peters im Gespräch auf der Pumpwerk-Bühne. © Norbert Lenhardt

Hockenheim. Inhalte, Themen und Schwierigkeiten bei der Erstellung eines kommunalen Klimaschutzkonzepts standen auf der Agenda einer Vortrags- und Diskussionsveranstaltung am Dienstagabend im Pumpwerk. „Kommunen und Klimaschutz: Rolle, Handlungsfelder und Ziele“, lautete der Titel einer Präsentation von Björn Weber und Marco Peters vom Deutschen Institut für Urbanistik aus Köln. Etwa 40 Bürger interessierten sich für die Stärkung des kommunalen Engagements in Sachen Klimaschutz.

Das interaktive Format „Klimaschutz macht Ah!“ des Forschungsinstituts unterstützt Städte, Gemeinden und Landkreise, in bestimmten Handlungsfeldern aktiv zu werden. „Klimaschutz ist eine große Querschnittsaufgabe, da sind alle Ressorts der Verwaltungen gefragt“, begann Peters. Auf kommunaler Ebene lägen große Potenziale, die es für den Klimaschutz zu nutzen gelte.

Das Deutsche Institut für Urbanistik will Kommunen, die bereits im Klimaschutz aktiv sind, bei ihrem Engagement unterstützen und diejenigen, die bisher weniger aktiv waren, zum Mitmachen motivieren. Die Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energieträger, die Modernisierung des Gebäudebestands und die Umsetzung der Verkehrswende seien „Baustellen“ im kommunalen Klimaschutz, sagte der Referent.

Zahlreiche Anforderungen beim Klimaschutz

Ein Klimaschutzkonzept als strategisches Instrument zur Umsetzung kommunaler Klimaschutzmaßnahmen müsse zielorientiert, sektorübergreifend, handlungsorientiert, partizipativ, politisch legitimiert sowie kontrollierbar und qualitätssichernd sein. Er stellte auch die positiven Effekte des Klimaschutzes heraus: regionale Wertschöpfung, mehr Lebensqualität, finanzielle Einsparungen, Unabhängigkeit und Zukunftsfähigkeit.

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Das Projekt des größten wissenschaftlichen Instituts in Deutschland hat das Ziel, „Akteure aus Verwaltung, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft noch stärker miteinander zu vernetzen und Klimaschutz gemeinsam anzupacken“. Hockenheim entwickelt derzeit ein Konzept, „das künftig Orientierungshilfen zur städtischen Entwicklung in Richtung einer umweltfreundlichen und klimaschutztechnisch gut gerüsteten Stadt geben soll“.

Klimaschutzmanager Dr. Philipp Wesche stellte die Inhalte vor. Ein Klimaschutzmanager unterstütze die Kommune und alle Akteure im Erreichen der gesetzlich vorgegebenen Schutzziele. Im „Sonderfall Hockenheim“ solle die Wärmeplanung direkt ins Klimaschutzkonzept einfließen. Deshalb gebe es einen sehr engen Zeitplan. Die Wärmeplanung soll bis September stehen, dann sollen auch die letzten Schritte beim Klimaschutzkonzept in trockenen Tüchern sein.

Wesche präsentierte den Vergleich der gesamten Treibhausgasemissionen von Land Baden-Württemberg und Stadt Hockenheim – mit und ohne den Anteil an Autobahnen – sowie einen Vorschlag zum Ausbaupfad der erneuerbaren Energien im Strombereich der Stadt Hockenheim. Kommunale Wärmeplanung ist ein strategisches Instrument zur Umstellung der Wärmeversorgungsstruktur auf erneuerbare Energien.

Mit einem kommunalen Wärmeplan inklusive des Auslotens von Fördermöglichkeiten sowie folgenden Machbarkeitsstudien könne man an die Detailplanungen für die Umsetzung gehen. „Gestalten Sie mit“, bat der Klimaschutzmanager um Beteiligung bei der Erstellung des Konzeptes.

Große Netzwerke nötig

„Wir sind Kümmerer, die es vorantreiben“, antwortete die Klimaschutzmanagerin des Rhein-Neckar-Kreises, Sandra Frorath-Koster, auf die Frage nach der praktischen Arbeit. Um erfolgreich Klimaschutz machen zu können, müssten die wichtigsten Ressorts mit ins Boot. Dazu müssten viele Akteure gewonnen und umfangreiche Netzwerke genutzt werden, außerdem brauche es die Unterstützung der jeweiligen Amtsspitzen.

Zusammenhalt  in den Kommunen ist wichtig

Eine der großen Herausforderungen sei der Zusammenhalt, meinte Wesche: „Schließlich geht es auch um große Investitionen.“ Und in den Kommunen sei eine ausreichende personelle Ausstattung wichtig: „Es gibt viel Arbeit für viele.“ Sonst komme der Einzelne schnell an seine Grenzen.

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Der Rhein-Neckar-Kreis möchte dem Klimaschutz auf lokaler Ebene mehr Sichtbarkeit geben, wies Sandra Frorath-Koster auf die vor kurzem gestartete Kampagne „Ich.Machs.Jetzt.“ hin. Ziel sei, die Kommunen mit Grundlageninformationen zu unterstützen und allen Bürgerinnen und Bürgern zu vermitteln, warum es wichtig ist, aktiv zu werden. Und der Kreis wolle mit seinen Liegenschaften auch Vorbild sein, nannte sie die energieeffizienten Maßnahmen an der Louise-Otto-Peters-Schule. Klimaschutz zähle zur „gemeinsamen Daueraufgabe im Landkreis“.

Trotz einer vorhandenen Potenzialstudie drehe sich bislang kein einziges Windrad im Rhein-Neckar-Kreis, monierte ein Zuhörer. Das Tätigkeitsfeld eines Klimaschutzmanagers wird wesentlich davon bestimmt, welche politischen Themen beispielsweise der Kreistag durch Mehrheiten setzt, hieß es weiter. „Viele Dinge landen nicht auf meinem Schreibtisch, bestimmte Themen gehen so an mir vorbei“, klagte Wesche.

Für Frorath-Koster müsste Klimaschutz eine „Pflichtaufgabe“ werden, dazu müsse er in die Verwaltungsvorschriften kommen: „Dann muss man nicht mehr mit jedem Gemeinderat diskutieren, ob Klimaschutz wirklich nötig ist.“ Die Großen Kreisstädte müssen den Regierungspräsidien bis zum 31. Dezember 2023 einen Wärmeplan vorlegen.

Die Kommunen des Rhein-Neckar-Kreises unterzeichneten eine Kooperationsvereinbarung mit dem Landkreis, um sichtbare Ergebnisse im Klimaschutz als Beitrag zur Energiewende zu leisten. Ein Wärmeatlas wurde auch erstellt.

Probleme bei Vorbildfunktion

Für alle Aufgaben in den Kommunen brauche es die passende Unterstützung, berichtete eine Mitarbeiterin der Stadt- und Umweltplanung des Fachbereichs Bauen und Wohnen. Bei den Planungen für eine Photovoltaikanlage auf dem Rathausdach habe das Denkmalschutzamt einen Strich durch die Rechnung gemacht: „Die Vorbildfunktion kann nicht immer erfüllt werden.“ Weitere Diskussionspunkte waren das Potenzial für Agri-Photovoltaik in der Region Hockenheim, die Frage nach den Speicherkapazitäten bei Solartechnik und Windkraft sowie die Idee eines Solarparks etwa auf der ehemaligen Mülldeponie.

Wie können und sollen die Menschen bei der Fortschreibung des Klimaschutzkonzepts mitgenommen werden? „Jeder weiß ja alles immer besser in Deutschland“, kritisierte ein Besucher und fragte, warum der Hockenheimring als „großer Emissionsverteiler“ immer ausgenommen werde. Es gehe nicht um „grüne Spinnereien“, sondern „um unsere Umwelt und unsere globale Luft“, meinte Wesche. Ein Landwirt sah die Gefahr, „dass wir künftig mit unserem Ackerland unverantwortlich umgehen“.

Der Verband Region Rhein-Neckar allein lege fest, wo die raumverträglichen Standorte für Windkraft- und Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen sind, erläuterte die Klimaschutzmanagerin des Kreises. Klimaschutzmanager Wesche fehlten bei der Diskussion die Teilnahme von Vertretern der Energieversorger und aus der Bauverwaltung.

Nicht alle Fragen konnten an diesem Abend beantwortet werden. Einige Maßnahmen zum Klimaschutz zeigen bereits Wirkung. Ein Klimaschutzmanager kann so ein Konzept aber niemals allein umsetzen, wurde zum Schluss der Diskussion deutlich. Wie viele andere Städte auch stehe Hockenheim vor einem Verkehrskollaps, sagte Wesche noch: „Irgendwann wird nach Lösungen geschrien werden.“

Weniger Baugebiete, mehr ÖPNV

Klimaschutz bleibe eine Gemeinschaftsaufgabe, plädierte er, mehr Menschen für die ehrgeizigen Ziele zu motivieren. Keine neuen Baugebiete mehr auszuweisen, bei der Nachverdichtung besser auszubalancieren und den ÖPNV auszubauen – das waren weitere Gesichtspunkte in der abschließenden Diskussion. Vielleicht könne jeder vor seiner eigenen Haustür mit ein bisschen Klimaschutz anfangen, wünschte sich ein Besucher, gemeinsam mehr Klimaschutz zu schaffen: „Wenn nicht wir, wer dann?“

Freier Autor Volker Widdrat ist freier Mitarbeiter.

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