Hockenheim. Mit einem breiten Spektrum an Aktivitäten will der Kunstverein Hockenheim weiterhin zeitgenössische Kunst fördern und die Begeisterung dafür kontinuierlich steigern. Ein Ziel, das der kunstbeflissenen Vereinigung mit der Präsentation seiner Sommerausstellung wieder einmal hervorragend gelungen ist.
Dazu haben die Verantwortlichen auch keine Mühe gescheut, denn zum ersten Mal werden dem Publikum 20 groß- und kleinformatige Skulpturen aus Stein des Bildhauers Knut Hüneke einschließlich der dazugehörigen Skizzen und weiteren Zeichnungen präsentiert. Zu finden sind sie im kleinen Saal der Stadthalle, in dem am Donnerstagabend die Eröffnung stattfand. Bereits am Tag zuvor hatten die Mitglieder Gelegenheit, sich in einer Previewveranstaltung eingehend zu informieren.
Schon seit Wochen macht der Kunstverein mit einem gelungenen Werbeeffekt auf das von der Stadt unterstützte und dem Regierungspräsidium Karlsruhe mit Landesmitteln kulturell geförderten Event aufmerksam. Hilfe kam auch von der Stefan Kühnle GmbH aus Hockenheim, die den Transport der schwergewichtigen Objekte kostenlos durchführte.
Tonnenschwere Tänzerin
Schon die beiden imposanten, aus Basalt und Basaltlava gefertigten Skulpturen „Tanzende Basaltsäule“ und „Der Gefährte“ sind als unübersehbarer Blickfang direkt vorm Eingang der Stadthalle platziert (wir berichteten). Imposant auch deshalb, weil sie mit einer Höhe von 2,20 Meter (Basaltsäule) und 1,75 Meter (Gefährte) sowie einem Gewicht von jeweils über einer Tonne Dimensionen aufweisen, mit denen rund 500 Jahre zuvor ein gewisser Michelangelo mit anderem Material für Furore sorgte.
Die Aufmerksamkeit von Kunstfreunden setzte sich in gesteigerter Form im kleinen Saal der Stadthalle fort, wo die restlichen 18 Objekte in unterschiedlicher Größe bewundernde Blicke auf sich zogen. Sichtlich beeindruckt von den aus verschiedenen Steinarten gehauenen Kunstwerken und der großartigen Resonanz im voll besetzten Saal, sprach Kunstverein-Vorsitzender Christian Kramberg in seiner Begrüßung vom ältesten Handwerk der Welt, von dem man über 40 000 Jahre alte Spuren in Höhlen gefunden habe. Oberbürgermeister-Stellvertreter Fritz Rösch bezeichnete die Ausstellung in seinem Grußwort als herausragenden Meilenstein, auf den Stadt und Kunstverein stolz sein könnten.
Zur Person
Knut Hüneke wurde 1962 in Darmstadt geboren. Nach einer Ausbildung zum Steinmetz und Steinbildhauer Werkaufenthalte in Namibia, Ägypten und USA.
Anfang der 1990er Jahre Beginn nationale und internationale Ausstellungstätigkeit. Ausgezeichnet mit mehreren Publikumspreisen.
Verwendung verschiedener Steinarten aus Italien, Ägypten, Vietnam und der Vulkaneifel. Lebt und arbeitet in Heidelberg und Dossenheim.
Eigenes Atelier in den Steinbrüchen von Dossenheim, wo er auch Kurse und Führungen anbietet. Kontakt: skulptur@knuthueneke.org mey
Im Dialog mit Christian Kramberg gewährte der Bildhauer an beiden Veranstaltungsabenden tiefe Einblicke in seinen künstlerischen Ansatz. Demnach spiegeln sich Menschheitsgeschichte und ihr geistiger Reifeprozess in den Skulpturen wider. Hinzu kommt der Faktor Geologie, denn nach Hünekes Auffassung erzählt das von ihm verwendete Material die Geschichte der in Zeitabschnitte gegliederten Entwicklung der Erde.
Weltweit Inspiration geholt
Beim verbalen Gang durch die Evolution weckte er das Interesse an anthropomorphen Strukturen, die sich bei ihm in Stein gehauenen Darstellungen von Menschen und Tieren äußern. Auf die Kulturgeschichte anderer Völker eingehend, erinnerte Hüneke an Steingeisterglauben und Figurenverbote sowie deren Wirkung auf Menschen beispielsweise in Namibia, wo er mehrere Jahre lebte und arbeitete. Zu seinen Lebenserinnerungen zählen ferner außergewöhnliche Bildhauerprojekte in der ägyptischen Wüste sowie die Entstehung von Totempfahl-Skulpturen in den USA.
Eindrücke, die nach seinen Worten viele Inspirationen nach sich zogen. So wundert es nicht, dass der Stein für ihn Passion und Faszination gleichermaßen ist. „Der Stein sagt mir, was er werden will und wenn ich seine Strukturen wie mit einem Röntgenblick erfasse und ihm mit Handschlageisen und Bohrhammer zu Leibe rücke, arbeite ich wie die Steinmetze vor 1000 Jahren. Was natürlich eine körperliche Fitness voraussetzt, denn als einziges elektrisches Hilfsmittel verwende ich eine Diamantscheibe“, betonte Hüneke. Um hinzuzufügen, dass er vor allem beim Arbeiten mit Vulkangestein die Kraft aus dem Erdinneren förmlich spüre.
Wichtig sei ihm ferner, dass Werkzeugspuren als helle Striche ebenso sichtbar bleiben wie die Bruchflächen im Stein. So ist festzuhalten, dass im „Dialog“ zwischen Hauer und Stein teils archaische anmutende Kunstwerke entstehen. Dabei handelt es sich um Tiere, Menschen oder deren Köpfe, die allesamt mit großer individueller Ausdruckskraft überzeugen.
Gleiches galt am Eröffnungsabend für die musikalische Begleitung der Vernissage durch Karl-Heinz Steidel am Klavier und Ellen Eichele am Saxofon, die das visuelle Highlight mit Stücken von John Lennon, Charles Aznavour und David McHugh akustisch abrundeten. Als einziger Wermutstropfen ist festzuhalten, dass die Skulpturen lediglich bis Sonntag, 30. Juli, zu sehen sind. Öffnungszeiten bei freiem Eintritt sind dienstags bis sonntags 18 bis 20 Uhr.
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