Expertenmeinung

Macht das Glücksgefühle Festival auf dem Hockenheimring wirklich glücklich?

Die Vorbereitungen für das Glücksgefühle Festival auf dem Hockenheimring laufen. Wir haben mit Verhandlungs- und Kommunikationstrainerin Janine Marielle Ruch gesprochen, ob das Festival wirklich glücklich macht.

Von 
Henrik Feth
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Bei der Premiere des Glücksgefühle Festivals im vergangenen September war der Name der Großveranstaltung durchaus auch Programm. © Andreas Gieser

Hockenheim. Auf dem Hockenheimring laufen seit Tagen die Aufbauarbeiten, noch vor zirka zwei Wochen waren Lukas Podolski und Markus Krampe im Motodrom zu Gast, um die Location für Deutschlands größtes Musikevent noch einmal in Augenschein zu nehmen. Denn sobald das Glücksgefühle Festival ab Donnerstag, 12. September, zum zweiten Mal in die Rennstadt kommt und 150 000 bis 180 000 Besucher mit sich bringt, wird das Motto der Großveranstaltung dank Topacts wie den Backstreet Boys oder den Fantastischen Vier in ganz Hockenheim zu spüren sein.

„Poldis“ Festival wirft also erneut seinen Schatten voraus, ist jedoch auch nicht frei von Kritikern. „Da steckt ja jede Menge Glück drin“, ließ besipielsweise der Satiriker Jan Böhmermann im Podcast „Fest & Flauschig“ ironisch verlauten. Blickt man aus das „Wording“ beim Festival - Glückstoken, Glückspass, Glücksbrunnen und viele weitere ähnliche Begriffe - wird klar, dass die Organisatoren doch recht inflationär mit dem namensgebenden Begriff umgehen und es kommt schnell der Verdacht auf, dass wohl eher auf die „Corporate Identity“ statt auf Kreativität gesetzt wird. Ein Glücksbrunnen könnte beispielsweise auch „Fortunas Brunnen“ oder ähnlich heißen.

Das Glücksgefühle Festival in Hockenheim ist fast ausverkauft

Nichtsdestotrotz stören sich die Festivalgänger wohl keineswegs an diesem Weg, was die fast ausverkaufte Großveranstaltung beweist. Doch wie viel Glück steckt tatsächlich in „Poldis“ Festival? Bringen die Megastars, die vielen Attraktionen oder die ausgerufene Atmosphäre der Freude tatsächlich den Effekt, dass die Besucher glücklich sind? Wir haben bei der Verhandlungs- und Kommunikationstrainerin Janine Marielle Ruch aus Ketsch nachgefragt, die sich intensiv mit dem Themengebiet der Glücksforschung beschäftigt hat.

Erforscht unter anderem Glücklichsein: Janine Marielle Ruch. © Ruch

Die Expertin gibt zunächst einen Überblick in die wissenschaftliche Disziplin der „Science of well-being“: „Es werden zunächst zwei Arten von Glück definiert: Zum einen das Lebensglück, das sich langfristig durch das Dasein eines Menschen zieht, danke Faktoren wie Liebe, Familie oder die Erfüllung von individuellen Bedürfnissen. Auf der anderen Seite steht das Zufallsglück, zu dem beispielsweise ein Lottogewinn oder das Überleben eines Flugzeugabsturzes. Wenn gleich in diesen beiden Varianten unterschieden wird, so hat das Zufallsglück einen direkten Einfluss aus das Lebensglück.“

Ein wichtiger Aspekt ist jedoch, dass Glück per se ein stark individueller Zustand ist, so definiere jede Person sein „Glücklichsein“ anders, so die Expertin. „Es liegt meistens auch im Auge des Betrachters und ist stark psychologisch geprägt, beispielsweise sieht jeder Mensch Schönheit aus einem anderen Blickwinkel - egal welcher Art. Jedoch sind Grundbedürfnisse wie ein Dach über dem Kopf oder der Zugang zu Nahrung essenziell und eine Voraussetzung für das Empfinden von Glück“, so Janine Marielle Ruch.

Expertin spannt den Bogen zwischen Glücksforschung und dem Festival in Hockenheim

Indes ist die Glücksforschung zumindest in Deutschland eine im Vergleich noch recht junge Wissenschaftsdisziplin, die erst seit den 1980er-Jahren in der Bundesrepublik intensiviert wurde. „Glück kann man tatsächlich trainieren - beispielsweise durch Vorfreude auf ein Festival wie die Glücksgefühle“, spannt Ruch, die auch Unternehmen betreut und Seminare gibt, den Bogen zu dem Megaevent auf dem Hockenheimring.

Die Ketscherin führt die Ergebnisse einer Studie der Londoner Goldsmith’s University aus, wonach der regelmäßige Besuch von Konzerten die Lebenserwartung um bis zu neun Jahre steigern soll. „Das liegt daran, dass Konzerte unser Wohlbefinden erhöhen“, so Ruch.

Beim Glücksgefühle Festival wird es über 40 Stunden Livemusik geben, also seien die Voraussetzungen in hohem Maße gegeben, um die Besucher auch glücklich zu machen. „Das Glücksgefühle Festival macht tatsächlich glücklich. Konzerte regen nachweisbar die Neurotransmitter an und es werden Hormone ausgeschüttet, die den Menschen eine Gefühl der Freude bringen.“

Glücksgefühle in Hockenheim: Rhythmus der Musik sorgt für Gemeinschaftsgefühl

Unterbewusste Faktoren fallen beim Festival ebenfalls mit in die Entstehung der sprichwörtlichen Glücksgefühle: „Der Rhythmus der Musik, den das Publikum in Einklang erlebt bringt ein Gemeinschaftsgefühl, Musik beflügelt die Fantasie. Nach Konzerten oder Festival fühlen die Besucher in den meisten Fällen ein Hoch, einen anhaltenden positiven Gemütszustand, was sie auch leistungsstärker macht“, führt Ruch weiter aus.

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Eben aus jenem Grund stehe das Glück auch als Gegenpol zum Alltagsstress, Erfahrungen wie beispielsweise auf dem Glücksgefühle Festival seien für die Menschen eine Erleichterung, die vor ihnen stehenden Aufgaben zu bewältigen, lässt die Ketscherin wissen.

Ein Aspekt, den auch die Regierung des asiatischen Landes Bhutan erkannt hat: Dort wird mit dem sogenannten Bruttonationalglück versucht, einen humanistischen und psychologischen Gegenpol zu dem herkömmlichen, quantitativen und rein von Geldflüssen bestimmten Bruttoinlandsprodukt zu etablieren. „Jeder Mensch hat ein Recht auf Glück“ ist hier das Motto, dem inzwischen auch Island, Neuseeland, Schottland und Wales folgen.

Glücksgefühle Festival Hockenheim: Backstreet Boys wecken positive Erinnerungen

Das Glücksgefühle Festival bringt dank des ausgewählten Line-ups weitere Indikatoren, um das postive Empfinden seiner Besucher zu steigern, Acts wie die Backstreet Boys oder Tokio Hotel wecken bei vielen Festivalgängern Erinnerungen an frühere Zeiten und aktuelle Stars wie Shirin David oder Kontra-K lassen die Menschen am momentanen musikalischen Zeitgeist teilhaben und sorgen damit ebenfalls für das Ausschütten von Endorphinen.

„Ein derartiges Festival bringt zudem nicht nur die Möglichkeit, um gemeinsam mit Freunden eine unvergessliche Zeit zu verbringen, sondern auch mit bisher unbekannten Menschen in Kontakt zu treten und wichtige Erfahrungen zu machen. Dies und die positive Musik tragen zu einem optimistischen psychologischen Zustand bei“, so die Verhandlungs- und Kommunikationstrainerin.

Das Fazit der Ketscherin wird nicht nur Lukas Podolski und Markus Krampe freuen, sondern auch tausende Menschen, die ab Donnerstag in die Rennstadt pilgern werden: „Das Glücksgefühle Festival wird seinem Namen gerecht und wird die Besucher auf jeden Fall glücklich machen.“

Glücksgefühle-Festival in Hockenheim steht unter einem guten Stern

Also steht die zweite Auflage von „Poldis“ Festival unter einem guten Stern, trotz des überzogen wirkenden „Wordings“. Bezüglich dieses Aspekts könnte man sich allerdings auch fragen, weshalb die Mallorca-Künstlerin Isi Glück nicht auf dem Line-up steht - wenn, dann sollte man ja schließlich seiner Linie treu bleiben.

Aber wer weiß, Lukas Podolski und Markus Krampe sind sicherlich schon an der Planung für die Acts im kommenden Jahr und werden dabei wohl auch wieder für die ein oder andere Überraschung sorgen - Apache 207 aus Ludwigshafen lässt dabei grüßen.

Wenn das Glücksgefühle-Festival mit dem Anreisetag am Donnerstag, 12. September, startet, werden wir wieder intensiv mit einem Liveblog von den Geschehnissen vor Ort berichten.

Redaktion Verantwortlicher Redakteur für die Gemeinde Ketsch

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