Hockenheim. „Wenn Sie sich fragen, was ich da gerade mache: Ich mach ein Päuschen! Oder für die mit Abi: Ich tu was für meine Work-Life-Balance.“ Um zu verhindern, dass seine Show schon mit einem Burnout anfängt, hat Rüdiger Hoffman seinen Auftritt am vergangenen Freitagabend ruhig angehen lassen. Was durchaus sein Markenzeichen ist – langsamer Sprech und ganz entspanntes Geplauder über katastrophale Vorkommnisse – hat in der ausladenden Genüsslichkeit, mit der diese „Anfangspause“ ausgelebt wurde, bereits frenetischen Jubel und herzhaftes Lachen ausgelöst. Das muss man erstmal schaffen: Lacher bekommen, indem man nichts tut.
Der in Paderborn geborene, heute in Bonn lebende Komiker kann Ende diesen Monats mit dann sechzig Lenzen auf ein Bühnenleben zurückblicken, das seinesgleichen sucht: Schon zu Schulzeiten trat er – unter anderem zusammen mit Ralf Kabelka – als „Pappnase“ in Erscheinung, in den 1990ern war er Stammgast beim „Quatsch Comedy Club“ und bei „RTL Samstag Nacht“ und entwickelte eine beachtliche Fernseh-Omnipräsenz. Highlight war 1995 der Auftritt im Vorprogramm der „Voodoo Lounge Tour“ der Rolling Stones beim Schüttorfer Open-Air – „Hallo erstmal, ich weiß gar nicht, ob Sie’s wussten…“ vor 80 000 Zuschauern. Seit dem Jahrtausendwechsel ist es stiller geworden, aber nie ruhig – seine Fans halten Rüdiger Hoffmann eine eiserne Treue, die bemerkenswert ist.
Rüdiger Hoffmann in Hockenheim: Ein Stück Verlässlichkeit
Insofern kann die Begeisterung, die sich vor reichlich Publikum in der Stadthalle Bahn brach, durchaus auch in diese Richtung interpretiert werden: Es ist schön, in einer Zeit rasender Veränderungen auch etwas Verlässliches zu haben. Das ist Rüdiger Hoffmann ohne Frage: Der Mann, der seinen Opener zu jeder Nummer zu so etwas wie einem stehenden Ausdruck verwandelt hat, ist sich und seinem Stil über all die Jahre hundertprozentig treu geblieben und schaut man heute einen Youtube-Ausschnitt aus den 1990ern (empfehlenswerte Suche „Gute Laune“), dann ist alles exakt gleich – nur die Haare fehlen seit einigen Jahren.
Das Konzept, das so treffsicher ist, sich aber leider – seit Anbeginn das Problem von abendfüllenden Live-Programmen des Plaudermaxe – auch schnell verbraucht: Alles fängt ganz unschuldig an, Hoffmanns „Bekannter“ Freddie ist in Rente gegangen. Jo, so ein Power-Rentner. Dann steigert sich die Sache in einer Katastrophen-Kaskade. Ja gut, mit der Harley ist er umgefallen. Das Tattoo „Forever young“ ging „auf dem Untergrund nicht – höchstens ne Qualle“.
Eine Katastrophen-Kaskade in Hockenheim
Ja klar, die Drogen hat er für sich wiederentdeckt, beim Paragliding „einfach Pech gehabt“ und das Skateboarden war „vielleicht einfach nicht die beste Idee, meinte auch der Chirurg, der ihm den Kiefer zusammengeschraubt hat“. Ihr Ende finden alle seine Geschichten im glatten Gegenteil vom gemütlichen Anfang: Nachdem Freddie von einer Eiche beim Biken gestoppt wurde, ist er ruhiger geworden – „liegt vielleicht auch an der Halskrause oder an den Krücken“.
So quasselt Hoffmann sich auch durch sein neustes Programm „Mal ehrlich …“: Der Klassiker bei der Kleiderauswahl der „Bekannten“, das Schulkonzert vom gemeinsamen Sohn Bennie und Agro-Tourismus auf dem Bauernhof „Villa Authentico“, dazwischen ein paar Lieder – Hoffmann ist, was Hoffmann ist. Die Zuhörer gehen begeistert mit, skandieren nach rund eineinhalb Stunden Programm und einem tatsächlich gänsehautschwangeren Schlusslied Zugabe-Rufe. Und nehmen von dem locker-unterhaltsamen Abend vielleicht das eine mit: „Sonnenschein und Currywurst, abends einen über‘n Durst - was willst Du denn noch mehr? Das Leben ist nicht schwer!“
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