Ketsch. So richtig laut wird es für die Anwohner wohl ab Mitte dieser Woche: Dann soll die Fahrbahn der Enderlestraße im ersten Abschnitt der neuen Großbaustelle aufgerissen werden. Rund 60 Meter ist der Bereich zwischen der Bäckerei Flörchinger und der Kreuzung zur Herzogstraße lang. Fünf Monate wird hier zunächst im großen Stil gegraben, dann der Abwasserkanal erneuert und schließlich werden auch die restlichen Leitungen ausgewechselt. Das Ganze soll in erster Linie dem Starkregenschutz dienen, aber auch für eine grundlegende Umgestaltung der Straßenoberfläche genutzt werden (wir berichteten mehrfach).
Seit Baubeginn vor rund zwei Wochen wurde zunächst die Trinkwassernotversorgung für die Anwohner hergestellt. Da sich die alten Leitungen unter der Fahrbahn befinden und im Zuge der Arbeiten ausgetauscht werden sollen, wurden unter den Gehwegen provisorische Anschlüsse verlegt. „Danach haben wir die Bürgersteige wieder verschlossen, damit sie während der restlichen Arbeiten von Anwohnern und Passanten genutzt werden können“, erklärt Bauleiter Francesco Ippolito von der Heidelberger Straßenbaufirma Carsten Grimmig.
Der quer durch Ketsch verlaufende Kanal benötigt ein stetiges Gefälle
Ende vergangener Woche wurden die Leitungen dann desinfiziert und Proben entnommen. Wenn diese – wie erwartet – ohne Beanstandungen aus dem Labor freigegeben werden, kann die Fahrbahn aufgerissen werden. Dann graben Ippolito und sein Team einen rund acht Meter tiefen Schacht. Denn der Kanal, der einmal quer durch Ketsch verläuft, benötigt ein stetiges Gefälle.
An seinem Beginn im Bereich bei der Tankstelle in der Hockenheimer Straße liegt er noch deutlich höher. Dann schlängelt er sich in einem Zick-Zack-Kurs durch die Seestraße und die angrenzenden Wohngebiete, bis er im Bereich der jetzigen Baustelle bereits sechs Meter unter der Fahrbahn verläuft.
Weiter geht es über teils bereits erneuerte Abschnitte durch die Schwetzinger und Brühler Straße zum Klärwerk. Auf seinem gesamten Weg münden dabei die kleineren Kanäle der benachbarten Straßen in diesen speziellen Kanal.
Das große Ketscher Bauprojekt soll der Sicherheit bei Starkregen dienen
Deshalb wird das Bauwerk jetzt nicht nur erneuert, sondern auch deutlich vergrößert. Im Bereich der aktuellen Baustelle wird er künftig einen Durchmesser von stolzen 1,4 Metern haben. Dadurch soll die Kanalisation auch bei seltenen, aber umso gefährlicheren Starkregenereignissen genug Wasser aufnehmen können.
„Das Problem mit großen Regenmengen ist natürlich nicht neu und die Gemeinde verbaut auch schon seit Jahren größere Kanäle, wenn Bereiche erneuert werden. Bei der Sanierung der Karlsruher Straße wurde zum Beispiel ein 2,20 mal 2 Meter großer Kanal eingebaut – darin kann man also mühelos stehen“, erklärt Bauamtsleiter Marc Schneider die Dimensionen im Ketscher Untergrund.
Solche Hauptkanäle sind freilich nicht überall im Ortsgebiet notwendig. Die Sensibilität für Starkregen und Überflutungen hat in den vergangenen Jahren aber in allen Bereichen zugenommen. Um das Thema noch konsequenter und vor allem auch flächendeckend anzugehen, hat die Gemeinde deshalb ein Ingenieurbüro mit einer Analyse des kompletten Kanalnetzes in Ketsch beauftragt.
Acht Abschnitte: Die Bauarbeiten in Ketsch werden nach Dringlichkeit umgesetzt
„Dabei sind acht Abschnitte ermittelt worden, in denen wir etwas tun sollten. Diese werden wir jetzt Stück für Stück abarbeiten, natürlich in der Reihenfolge ihrer Dringlichkeit. Und der jetzige Bereich in der Enderlestraße war eben der dringlichste“, so Schneider. „Das Thema hat eine hohe Priorität bei uns, schließlich geht es hier um die Sicherheit. Wir werden aber sicherlich noch viele Jahre oder gar Jahrzehnte zu tun haben, bis alle Maßnahmen umgesetzt sind.“
Im Zuge der Kanalarbeiten werden in der Enderlestraße außerdem alle Zuleitungen erneuert, Leerrohre für Glasfaser-Internet verlegt und von der MVV auch Fernwärmeanschlüsse installiert. Das Mannheimer Unternehmen habe deswegen im Vorfeld Kontakt mit den Anwohnern aufgenommen, erklärt Nico Rößler, der das gesamte Kanalprojekt im Bauamt koordiniert.
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„Im ersten Bauabschnitt bis zur Herzogstraße werden alle diese Tiefbauarbeiten rund fünf Monate dauern. Dann werden wir die Fahrbahn provisorisch verschließen, damit die Anwohner einfacher zu ihren Häusern gelangen können, und die Baustelle in den nächsten Bereich bis zur Bahnhofstraße verlegen. Erst wenn beide Abschnitte mit ihren zusammen rund 160 Metern im Untergrund fertig sind, geht es an die Gestaltung der Oberfläche“, führt Rößler weiter aus.
Ein Teilstück der Enderlestraße in Ketsch wird komplett neu angeordnet
Dort soll das Teilstück der Enderlestraße komplett neu geordnet werden. Statt eines erhöhten Bordsteins wird es eine ebenerdige Fläche geben. Die Parkplätze werden versetzt angeordnet, wodurch der Verkehr verlangsamt werden soll, allerdings auch Stellplätze wegfallen. Die geplanten Büsche und Bäume sowie die speziell gepflasterten Parkplätze sollen nicht nur die Straße verschönern, sondern auch zusätzliche Versickerungsmöglichkeiten bieten.
„Nach derzeitigem Stand werden wir mit beiden Bauabschnitten in etwa 15 Monaten fertig sein. Perspektivisch geht es dann in der Gutenbergstraße weiter – dort werden die Arbeiten größere Auswirkungen haben, weil mehr Verkehr herrscht und die Linienbusse fahren“, gibt Nico Rößler einen Ausblick auf das Gesamtprojekt Kanalerneuerung. Gleichzeitig betont er, dass während aller Bauarbeiten sämtliche Geschäfte und Wohnhäuser zu Fuß erreichbar bleiben.
Das gilt auch für die Bäckerei Flörchinger. Der Familienbetrieb grenzt an den jetzigen ersten Bauabschnitt, was bislang noch keine größeren Auswirkungen aufs Geschäft hat. „Unsere Kunden können uns gut erreichen, weil die Parkplätze in der Schwetzinger Straße und am Anfang der Enderlestraße weiter genutzt werden können“, erklärt Mitarbeiterin Sabine Werner.
Die Ketscher Bäckerei Flörchinger war schon mal von einer Großbaustelle betroffen
Vom großen Umbau der Schwetzinger Straße vor einigen Jahren war die Bäckerei ungleich stärker betroffen, wie Martina Flörchinger ergänzt: „Damals kamen deutlich weniger Kunden und der Lärm war wirklich enorm. Mein Mann hatte fast die Sorge, dass das Haus einstürzt, so sehr hat alles gewackelt bei den Tiefbauarbeiten. Hoffentlich wird das jetzt nicht wieder so laut, wenn die Fahrbahn aufgerissen wird.“
Schließlich sind es die letzten Wochen, in denen die Flörchingers ihre Familienbäckerei noch betreiben. Am Samstag, 27. Juli, ist endgültig Schluss und eine über 50-jährige Tradition endet (wir berichteten). „Wir gehen wirklich mit einem weinenden Auge“, sagt Martina Flörchinger. „Und wir hoffen einfach mal, dass wir in den letzten Wochen von allzu großen Belastungen durch die neue Baustelle verschont bleiben.“
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Schwetzinger Zeitung Plus-Artikel Kommentar Bauarbeiten in Ketscher Enderlestraße: Sinnvolle Investition