Central Kino

Ketscher Central Kino: Nach Krisenjahr wieder im Aufwind

Der Trägerverein des Ketscher Central Kinos erholt sich von Durststrecke und begeht Jubiläum – jedoch überschattet vom Tod von Hansdieter Gehres.

Von 
Benjamin Jungbluth
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Das SWR4-Duo Doris Steinbeißer (auch im Vorstand des Central) und Eberhard Reuß erzählen die Ketscher Kino-Geschichte im „Kurpälzisch fer Neigeplackte“-Format. Anlass dazu war die 60-Jahre-Feier im Jahr 2018. © Jungbluth

Ketsch. Es war ein wahrlich tiefes Tal, dass der Trägerverein des Central Kinos im ersten Halbjahr 2022 durchschreiten musste. „Damals waren die Auswirkungen von Corona noch deutlich zu spüren, gleichzeitig liefen die staatlichen Hilfen für die Kinos aus. Außerdem gab es kaum attraktiven Filme, weil die Verleiher ihre besten Stücke in dieser schwierigen Phase nicht auf den Markt bringen wollten. Und viele Menschen nutzten durch die Lockdowns eher Netflix vom heimischen Sofa aus, anstatt wieder ins Kino auszugehen. Die erste Hälfte von 2022 war also tatsächlich die schlechteste Zeit, die wir im Central jemals hatten“, sagt Hannes Piechotta, der Vorsitzende des Kino-Vereins.

Nur durch die Verwendung von Rücklagen konnten die Ehrenamtlichen den Betrieb in dieser Zeit aufrechterhalten. Doch es war nicht nur eine finanzielle Durststrecke: Auch ein Teil der Ehrenamtlichen zog sich zurück. Gerade die älteren Mitglieder waren durch die Pandemie verunsichert, andere vermissten den zwanglosen und direkten Kontakt mit den Besuchern, der über Monate kaum möglich war.

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Rund 15 Aktive verlor der Verein in dieser Zeit – von insgesamt 50 Mitgliedern, die durch ihren persönlichen Einsatz den Laden am Laufen halten.

Aufgaben hinter den Kulissen

„Bei uns gibt es ja nicht nur etwas im Verkauf und im eigentlichen Kinobetrieb zu tun, sondern auch viele Aufgaben hinter den Kulissen: Die Einkäufe müssen organisiert werden, das Programm zusammengestellt und gedruckt, und auch die Filmauswahl ist eine komplexe Tätigkeit“, erklärt Hannes Piechotta. Manche der aktiven Ehrenamtlichen können nur alle paar Wochen einspringen, also benötigt es eine hohe Zahl an Teammitgliedern, um das Lichtspielhaus als Verein betreiben zu können.

„Anderen Vereinen und Institutionen ging es in dieser Zeit aber noch viel schlechter, deshalb wollten wir das nicht zum großen Thema machen und uns nicht in den Vordergrund drängen. Aber uns war natürlich klar, dass das kein Dauerzustand bleiben konnte“, sagt Hannes Piechotta.

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Also wurden die Ehrenamtlichen wieder einmal kreativ und gingen in die Offensive. Am Tag der Vereine waren sie erstmals mit einem Stand vertreten und rührten kräftig die Werbetrommel. Außerdem forcierten sie eine Kampagne, um auf das Ehrenamt im Ketscher Kino aufmerksam zu machen.

Soll-Stärke wieder erreicht

Und tatsächlich: In der zweiten Jahreshälfte drehte sich der Wind fürs Central komplett. Neue aktive Mitglieder kamen hinzu, sodass der Verein inzwischen seine Soll-Stärke von rund 50 Helfern wieder erreicht hat. Außerdem wurden zum Herbst erstmals in der zehnjährigen Vereinsgeschichte bezahlte Aushilfen angestellt. „Wir haben jetzt fünf Schüler und Studenten, die auf Minijob-Basis eine großartige Unterstützung sind“, freut sich Hannes Piechotta.

Dieser Schritt sei zunächst intensiv diskutiert worden, doch inzwischen seien alle Mitglieder überzeugt. „Denn mit unseren Aushilfen können wir die Dienstpläne viel einfacher gestalten und haben vor allem unter der Woche und bei den personalintensiven Kindervorstellungen am Samstag höhere Kapazitäten. Sie sind also eine optimale Ergänzung zu unseren Ehrenamtlichen und bringen gleichzeitig frischen Wind ins Team“, so Hannes Piechotta.

Und auch die Zuschauer kamen ab der zweiten Jahreshälfte 2022 wieder zurück. Nicht zuletzt wegen attraktiverer Filme und der Normalisierung aller Abläufe, aber wohl auch wegen einer Besonderheit des Central Kinos: Trotz massiv gestiegener Energiekosten, hoher Inflation und gestiegener Leihgebühren konnte der Verein die Eintrittspreise stabil halten.

„Wie wichtig diese Entscheidung war, bestätigen uns viele Besucher, die inzwischen auch vermehrt aus dem weiteren Umland kommen. Bei uns in Ketsch können sie sich einen Kinoabend mit frischem Popcorn und Getränk noch leisten. Da ist es auch kein Problem, dass die Filme bei uns erst wenige Wochen nach Bundesstart laufen“, erklärt Hannes Piechotta.

Auf Vor-Corona-Niveau

Entsprechend sind die Zahlen im Central inzwischen wieder auf Vor-Corona-Niveau, während das Programm weiterhin an sechs Tagen die Woche geboten wird. Veränderungen an diesem hohen Takt oder gar Preiserhöhungen schließt der Verein bis auf Weiteres aus.

Und eigentlich hätte diese deutlich verbesserte Lage nach Corona gemeinsam mit dem zehnjährigen Bestehen des Trägervereins in diesem Frühjahr auch angemessen gefeiert werden sollen. Doch dann erschütterte die Nachricht vom Tod des Gründungsmitglieds, langjährigen Kino-Begleiters und Mitarbeiters dieser Zeitung Hansdieter Gehres den Verein und ganz Ketsch (wir berichteten). Eine der wichtigsten Stützen des Central brach damit weg.

„Nach seinem Tod haben wir gemerkt, was Hansdieter alles über die Jahre ganz selbstverständlich für das Kino gemacht hat, ohne große Worte darüber zu verlieren. Das fehlt uns jetzt eben: Seine enorme Fachkenntnis, sein feines Gespür für das Programm und die vielen Ideen und Geheimtipps, die er dank seiner engen Kontakte in die Branche immer wieder eingebracht hat“, sagt Hannes Piechotta. „Das ist eine Lücke, die wir auch in Zukunft nicht schließen können.“

Trotzdem musste es weitergehen, und Hannes Piechotta betont, dass es mit Hansdieter Gehres abgesprochen gewesen sei, den Spielbetrieb auch am Todestag und am Tag der Beerdigung nicht einzustellen – „der Vorhang muss aufgehen, hat er gesagt.“

Strukturen umgestalten

Und so organisierte sich das verbliebene Vorstandsteam um Hannes Piechotta, Irmgard Angstmann, Christa Brosowski, Gabriele Hönig, Doris Steinbeißer und Sabine Weiss hinter den Kulissen neu. „Im nächsten Jahr haben wir reguläre Neuwahlen, bis dahin teilen wir uns die Aufgaben und überlegen, wie wir dauerhaft unsere Strukturen umgestalten und vielleicht auch auf neue Schultern verteilen können“, sagt der Vorsitzende Hannes Piechotta.

Neben der Fortführung des regulären Kinoprogramms und diverser Sonderformate will der Verein im zehnten Jahr seines Bestehens aber noch ein weiteres Jubiläum feiern: Am 20. Dezember, dem exakten Eröffnungstag, werden 65 Jahre Central Kino Ketsch begangen. „Dann erinnern wir an die lange Zeit dieses besonderen Filmtheaters und planen eine Rückschau samt Live-Vertonung und schönem Rahmenprogramm“, kündigt Hannes Piechotta an. „Das wird ein würdiges Gedenken und gleichzeitig ein weiterer Schritt in die Zukunft des Ketscher Kinos.“

Freier Autor Freier Journalist für die Region Heidelberg, Mannheim und Rhein-Neckar. Zuvor Redakteur bei der Schwetzinger Zeitung, davor Volontariat beim Mannheimer Morgen. Neben dem Studium freie Mitarbeit und Praktika u.a. beim Mannheimer Morgen, der Süddeutschen Zeitung, dem SWR und der Heidelberger Studentenzeitung ruprecht.

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