Ketsch. Die Idee war im wahrsten Sinne des Wortes naheliegend: Unmittelbar vor dem Ketscher Schwimmbad verläuft unter dem Gehweg eine Fernwärmeleitung, die bereits die benachbarte Rheinhalle mitversorgt. Weil gleichzeitig wenige Meter weiter die alte Gasheizung im Technikraum an das Ende ihrer Lebenszeit gekommen war, startete die Gemeindeverwaltung im vergangenen Frühjahr die Planungen für einen möglichen Anschluss des Bades an das System der Mannheimer MVV Energie.
Doch aus dieser auch auf den Klimaschutz abzielenden Idee ist nichts geworden: Vor kurzem wurde stattdessen ein weiterhin mit Gas betriebenes Blockheizkraftwerk eingebaut und in Betrieb genommen.
Blockheizkraftwerk als kosteneffiziente Lösung für Ketsch
„Das wirkt auf den ersten Blick vielleicht wie ein Rückschritt, ist aber ein vernünftiger Kompromiss, der Energieeinsparungen und Umweltschutz mit einer machbaren Finanzierbarkeit in Einklang bringt“, sagt Bauamtsleiter Marc Schneider. „Um es ganz deutlich zu sagen: Wir haben alle Varianten genau durchgerechnet und hätten mit der Fernwärme insgesamt bei doppelt so hohen Kosten gelegen.“
Die reine Anschaffung der neuen Anlage hat nun rund 130.000 Euro gekostet. Weil sie trotz der Nutzung von Gas deutlich sparsamer läuft und zusätzlich Zuschläge und Steuererleichterungen für die Energieerzeugung realisiert werden können, soll sie sich bereits in zwei bis drei Jahr amortisiert haben, heißt es aus dem Rathaus.
„Das Blockheizkraftwerk erzeugt nämlich nicht nur Wärme, sondern auch Strom. Den nutzen wir selbst, um beispielsweise die ständig laufenden Pumpen anzutreiben. Am Ende werden wir auf diese Weise voraussichtlich 75 Prozent unseres Eigenbedarfs decken können“, erläutert Schneider.
Der Umbau war außerdem unkompliziert: Lediglich ein neues Betonfundament war nötig, ansonsten ersetzt die neue Anlage mit ihrer Größe in etwa einen der beiden bisherigen Gaskessel. Dadurch konnte der zweite, noch intakte Kessel erhalten bleiben. Er soll künftig aber nur noch in Notfällen oder während Wartungsarbeiten des Blockheizkraftwerks zum Einsatz kommen.
Ketscher Schwimmbad: Effizienzsteigerung durch Kraft-Wärme-Kopplung und Abwärmenutzung
Die neue Anlage einer regionalen Firma erreicht dank Kraft-Wärme-Kopplung und die gleichzeitige Erzeugung von Strom einen rechnerischen Wirkungsgrad von knapp über 100 Prozent. Dafür wird unter anderem die Abwärme genutzt, anstatt sie einfach verpuffen zu lassen.
Durch diese gesteigerte Effizienz ist das Blockheizkraftwerk auch aus Sicht der kommunalen Klimaschutzmanagerin Julia Berberig ein vertretbarer Kompromiss. „Die alte Anlage hat pro Jahr noch etwa 650.000 Kilowattstunden verbraucht, was die Hälfte des gesamten Wärmebedarfs sämtlicher kommunaler Liegenschaften in Ketsch war. Da werden wir deutlich bessere Werte erreichen, die allerdings erst nach einem kompletten Betriebsjahr konkret erfasst werden können“, so Berberig.
Zugleich sei beim Schwimmbad auch an anderen Stellen nachjustiert worden, um den Energiebedarf zu minimieren. Der jüngste Einbau neuer Ventilatoren bei der Lüftungsanlage trage dazu ebenso bei wie die modernisierten Umwälzpumpen, die vor zwei Jahren in Betrieb genommen wurden. „Bei der Beleuchtung setzen wir bereits in weiten Teilen auf LED und prüfen derzeit, wie wir auch in den Duschen und den Nebenräumen auf diese sparsame Technik umstellen können“, erklärt Berberig.
Bei der Nutzung der Sonnenenergie steht das Ketscher Bad hingegen schon seit längerer Zeit nicht mehr so gut da. Lediglich auf dem Dach des Pumpenhauses beim Planschbecken arbeiten noch sogenannte Solarabsorber, die das Wasser thermisch erwärmen. Die größere Anlage auf dem Dach des Hallenbades ist hingegen seit Jahren defekt und war immer mal wieder Thema im Gemeinderat.
Potenzial für Photovoltaik auf großen Dachflächen beim Ketscher Schwimmbad
Denkbar wäre hier aufgrund der großen Dachflächen auch eine Photovoltaikanlage, die aus Sonnenenergie Strom erzeugen könnte. Allerdings ist es fraglich, inwieweit dieser vor Ort selbst genutzt werden könnte. „Da müssen wir erst unseren Energiebericht abwarten, denn solche Projekte müssen aufeinander abgestimmt sein“, betont Bauamtsleiter Marc Schneider. „Einfach so Module aufzubauen, macht wenig Sinn, da braucht es ein Gesamtkonzept.“
Dabei müsste die benachbarte Rheinhalle entsprechend mitgedacht werden, denn auch hier bieten die großen Dachflächen grundsätzlich Potenzial. Allerdings ist hier die Nutzung und damit der mögliche Eigenverbrauch noch sporadischer als beim Schwimmbad. Zumindest bei der Heizung bleibt die Halle aber bei der Fernwärme: Ein Rückbau einer solchen - zumindest in der Theorie - klimafreundlicheren Technik ist gesetzlich verboten.
„Wir können also in den nächsten Jahren gut vergleichen, wie sich die beiden Systeme im Schwimmbad und in der Rheinhalle langfristig nebeneinander schlagen – sowohl beim Energieverbrauch als auch bei den Kosten“, so Bauamtsleiter Schneider.
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