Klimaschutz

Das Ketscher Schwimmbad ist ein echter Energiefresser

Die Gemeinde Ketsch will Energie und Ausgaben bei ihrem größten Verbraucher sparen – und der ist das gemeindeeigene Bad. Ob Fernwärme eine Option sein könnte?

Von 
Benjamin Jungbluth
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Klimaschutzmanagerin Julia Berberig und Bauamtsleiter Marc Schneider vor dem Eingang zum Schwimmbad: Direkt vor ihnen auf dem Boden zeigen zwei kleine Schachtdeckel an, dass dort die Fernwärmeleitung der MVV verläuft. © Jungbluth

Ketsch. Die Lösung könnte naheliegender kaum sein – zumindest im wörtlichen Sinne: Unmittelbar vor dem Eingang zum Schwimmbad verraten zwei kleine Schachtdeckel, dass dort unter dem Gehweg die große Fernwärmeleitung der MVV Energie verläuft. Von der Brühler Straße kommend, schwenkt die Leitung in den Bruch und zieht sich dann am Rheindamm entlang weiter Richtung Speyer. Ketsch wird von ihr also lediglich gestreift, weshalb nur wenige Wohnhäuser diesen Wärmeanschluss haben, den Verfechter der Energiewende als einen Weg zur Klimafreundlichkeit sehen.

„Der Heizraum unseres Schwimmbads liegt in Sichtweite der Leitung. Da kam natürlich schnell die Überlegung auf, ob wir uns nicht an das Wärmenetz anschließen können“, erklärt die kommunale Klimaschutzmanagerin Julia Berberig. „Denn wir müssen dringend etwas tun. Bislang arbeitet hier noch eine veraltete Erdgasheizung von 1995, die pro Jahr etwa 650 000 Kilowattstunden verbraucht – das ist die Hälfte des gesamten Wärmebedarfs sämtlicher kommunaler Liegenschaften in Ketsch.“

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Das Frei- und vor allem das Hallenbad benötigen also zusammen tatsächlich so viel, wie Schulen, Kindereinrichtungen, Gemeindebücherei, Rheinhalle, Rathaus und alle weiteren Gebäude zusammen. Kein Wunder, dass die Verwaltung sowohl aus Klimaschutz- als auch aus Ersparnisgründen ihren größten Einzelverbraucher seit einiger Zeit genauer unter die Lupe nimmt.

Gemeindemitarbeiter von Ketsch möchten mögliche Lösungen unter die Lupe nehmen

„Die mögliche Umstellung auf Fernwärme ist aber nur eine denkbare Lösung von mehreren, wir gehen da ergebnisoffen vor. Aktuell prüft die MVV für uns, was für eine solche Umstellung alles nötig wäre und welche langfristigen Konsequenzen das hätte. Außerdem wird sich demnächst ein Energieberater das Schwimmbad mehrere Tage lang ganz genau anschauen, um uns zu zeigen, wie es wirklich um die einzelnen Bereiche steht und welche Maßnahmen sinnvoll wären“, sagt Julia Berberig, während sie mit Bauamtsleiter Marc Schneider und Bäderleiter Armin Luksch durch das seit Ende März geschlossene Hallenbad geht.

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Dort haben Luksch und sein Team die vergangenen Wochen genutzt, um das geleerte Becken gründlich zu reinigen und die Technik in Schuss zu halten. „Dass wir das Hallenbad geschlossen haben, noch bevor das Freibad aufgemacht wurde, hat auch mit dem hohen Energieverbrauch zu tun. Was da für Mengen notwendig sind, haben wir bereits mit der Corona-Pandemie noch einmal deutlich vor Augen geführt bekommen, als wir die beiden wöchentlichen Warmbadetage abgeschafft haben: Ein einzelner Tag hat uns 400 bis 600 Kubikmeter Gas gekostet – dabei wurde die Temperatur immer nur um zwei Grad erhöht“, erklärt Luksch.

Statt der wohligen 31 Grad Celsius herrschen seitdem also dauerhaft 29 Grad Wassertemperatur. Immer noch recht viel, aber gerade Kinder und Senioren würden den Unterschied eben doch merken. „Wer sportlich seine Bahnen zieht, den interessiert das kaum. Aber viele unserer Besucher sind eben nicht so fit“, gibt der Bäderleiter dabei zu bedenken.

Dennoch sei diese erste Sparmaßnahme insgesamt auf Zustimmung gestoßen, zumal während der Energiekrise in der Folge des Ukraine-Kriegs. Bedenkt man, dass die Lufttemperatur in der hohen Schwimmhalle zusätzlich rund zwei Grad Celsius über der jeweiligen Wassertemperatur liegen sollte, sind die hohen Verbräuche des Hallenbades verständlich.

Bei der Technik sind für das Energiesparen also größere Veränderungen notwendig. Zumindest die Dämmung scheint aber den aktuellen Anforderungen zu genügen. Denn zu seinem 40-jährigen Bestehen wurde das 1967 eröffnete Hallenbad von Grund auf saniert. „Da blieb ja nur noch das Gerippe stehen, alle anderen Teile und Wände wurden komplett erneuert. Den Effekt haben wir damals ganz deutlich beim Heizungsverbrauch gemerkt“, erinnert sich Luksch.

Doch auch der Außenbereich trägt zur Energiebilanz bei. Denn die Freibadbecken werden zumindest zu Saisonbeginn ebenfalls ein wenig geheizt, bis das Wasser rund 20 Grad Celsius warm ist. „Durch die Sonne steigt es dann im Verlauf des Sommers noch merklich an, aber das hängt natürlich sehr vom Wetter ab“, sagt Bäderleiter Luksch.

Hinzu kommen die Umwälzpumpen, die das Wasser sauber halten. Da hat die Gemeinde bereits investiert und im vergangenen Jahr zehn moderne Geräte einbauen lassen, die deutlich energieeffizienter laufen, länger halten sollen und bei Bedarf runtergeregelt werden können.

Stromfresser des Ketscher Bads schon ausgetauscht

„Das macht sich beim Stromverbrauch gut bemerkbar, weil diese Geräte 24 Stunden am Tag laufen müssen. In der Sommersaison 2021 hatten wir bei den Pumpen noch einen Verbrauch von etwa 182 000 Kilowattstunden, im vergangenen Sommer dann nur noch 134 000. Und gefördert wurden die Geräte auch noch“, freut sich Bauamtsleiter Marc Schneider, der neben dem Klimaschutz stets die angespannten Gemeindefinanzen im Blick behalten muss, im Gespräch mit unserer Zeitung. „Vor der Umstellung auf die neuen Pumpen haben die Bäder rund 20 Prozent des gesamten Strombedarfs aller unserer Liegenschaften benötigt, jetzt sollte es also ein Stück weniger sein.“

Um noch mehr nachhaltige Energie zu nutzen, denkt die Verwaltung außerdem über eine Photovoltaik- oder eine Solarthermieanlage auf dem Dach des Hallenbads nach. Auf einem Gerätehaus im Freibad wird bereits Sonnenenergie in Wärme umgewandelt, doch die ehemalige deutlich größere Anlage auf dem Schwimmbad ging mit der Zeit kaputt und wurde seitdem nicht ersetzt.

„Wir haben also einige Ansatzpunkte, um unsere Bäder energetisch zu optimieren. Aber wir müssen das mit einem durchdachten Plan und langfristig angehen, um die einzelnen Maßnahmen gut aufeinander abzustimmen – letztlich genauso wie bei der energetischen Sanierung eines Wohngebäudes“, erklärt Klimaschutzmanagerin Berberig. „Mit größeren Umsetzungen wird es also noch etwas dauern, aber der Prozess hat begonnen.“

Freier Autor Freier Journalist für die Region Heidelberg, Mannheim und Rhein-Neckar. Zuvor Redakteur bei der Schwetzinger Zeitung, davor Volontariat beim Mannheimer Morgen. Neben dem Studium freie Mitarbeit und Praktika u.a. beim Mannheimer Morgen, der Süddeutschen Zeitung, dem SWR und der Heidelberger Studentenzeitung ruprecht.

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