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Meilenstein bei Kanalbaustelle in Ketscher Enderlestraße

An der großen Kanalbaustelle in der Ketscher Enderlestraße wird das erste tonnenschwere Verbindungsbauteil zu den Nebenstraßen eingesetzt – mit Millimeterarbeit.

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Benjamin Jungbluth
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An den Kreuzungen zu den Querstraßen münden die kleineren Abwasserkanäle in den neuen großen Kanal mit 1,40 Meter Durchmesser - entsprechend muss jedes Mal ein Verbindungsstück eingebaut werden, was wiederum Millimeterarbeit erfordert. © Benjamin Jungbluth

Ketsch. Nur ganz langsam dreht sich das tonnenschwere und metergroße Fertigbauteil aus Beton, während es am Haken des riesigen mobilen Krans direkt neben den Wohnhäusern im Kreuzungsbereich von Enderle- und Herzogstraße in Ketsch hängt. Währenddessen dröhnen Presslufthämmer aus der mehr als sechs Meter tiefen Baugrube, an deren Boden zwei Arbeiter seit Stunden damit beschäftigt sind, den Untergrund exakt und millimetergenau vorzubereiten. Dabei dringt immer wieder penetranter Kloakengeruch aus den offenen Kanalrohren, was die Anwesenden aber kaum zu beeindrucken scheint.

„Das war heute Morgen noch viel schlimmer. Unsere Pumpen und provisorischen Leitungen sorgen dafür, dass die Abwässer aus der Nachbarschaft über eine Umleitungsstrecke abfließen können, und dadurch wird der Geruch eingedämmt“, erklärt Lutz Römmer vom Ingenieurbüro Schulz aus Hirschberg mit der Abgeklärtheit eines erfahrenen Tiefbauers.

Neuer Abwasserkanal als Schutz gegen Starkregenereignisse in Ketsch

Zusammen mit Francesco Ippolito von der Heidelberger Straßenbaufirma Carsten Grimmig fungiert er als Bauleiter für die Großbaustelle im Herzen des Ketscher Ortskerns, bei der seit rund drei Monaten der Abwasserkanal erneuert und deutlich vergrößert wird. Dadurch soll das Netz bei Starkregen mehr Wasser aufnehmen können, damit es nicht im schlimmsten Fall in den Kellern der Nachbargebäude austritt.

Natürlich nutzt die Gemeinde diese aufwendigen Arbeiten auch dafür, alle sonstigen Leitungen für Frischwasser, Strom und Internet auszutauschen. Und am Ende soll auch die Oberfläche der Enderlestraße grundlegend neugestaltet werden, mit ebenerdigen Fußgängerbereichen, verschwenkter Verkehrsführung und viel Grün. Bis diese Arbeiten an der Reihe sind, wird es aber noch einige Zeit dauern, zunächst müssen Lutz Römer und Francesco Ippolito dafür sorgen, dass der neue Kanal funktionstüchtig ist.

Ketsch

Ketsch: Kanalbaustelle in Enderlestraße erhält tonnenschweres Bauteil

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Weil in diesen die kleineren Seitenkanäle der Nachbarstraßen münden, gibt es in seinem Verlauf unter jeder Straßenkreuzung auch eine Kanalkreuzung. Bislang handelte es sich dabei um recht unscheinbare Bauteile, die tief unter der Asphaltdecke verbuddelt waren. Doch durch den viel größeren Durchmesser von 1,40 Meter, den der neue Ablauf aus Starkregengründen nun hat, ändern sich auch die weiteren Dimensionen.

Neuartige Rohre erleichtern den Einbau an Ketscher Großbaustelle

„Die ersten rund 55 Meter ab der alten Bäckerei Flörchinger haben wir schon fertig verlegt und wieder provisorisch zugeschüttet. Während dabei die neuen Rohre aus besonders glatter und leichterer Glasfaser sind, sind die Bauteile bei den Kreuzungen aus massivem Beton vorgefertigt und müssen jetzt ganz akkurat eingesetzt werden. Deshalb sind wir seit dem frühen Morgen mit den Vorbereitungen beschäftigt und wohl erst am Nachmittag fertig“, erklärt Francesco Ippolito, der sich wie sein Ingenieurskollege trotz der komplexen Aufgabe nicht aus der Ruhe bringen lässt.

Während die beiden Bauleiter die Arbeiten in der Grube genau im Blick haben und sich regelmäßig mit den Kollegen am Presslufthammer, im Bagger und am Kran abstimmen, beobachten einige Nachbarn gebannt das Spektakel.

Lotte und Rudolf Abel wohnen direkt an der Kreuzung und haben ob ihres fortgeschrittenen Alters schon Vieles erlebt. Eine solche Baustelle direkt neben ihrem Wohnhaus, das angesichts des riesigen Krans fast winzig erscheint, war aber noch nicht dabei.

Ketscher Anwohner zeigen Verständnis für die Maßnahme und die Einschränkungen

„Als die Männer die Seitenwände der Baugrube in den Boden gerammt haben, hat unser ganzes Haus gewackelt. Aber wir sind da nicht so empfindlich und die Arbeiten müssen halt gemacht werden“, zeigt Rudolf Abel viel Verständnis. Und seine Frau Lotte ergänzt dazu: „Die Arbeiter schaffen so viel und schwer, da ist immer Betrieb auf der Baustelle. Das ist wirklich kein leichter Job.“

Auch Nico Rößler, der das Projekt im Bauamt der Gemeinde verantwortet, ist mit den Arbeiten sehr zufrieden. Denn bislang läuft alles nach Plan, auch wenn es beim Abtragen des alten Kanals eine etwas unschöne Überraschung gab. „Anders als gewöhnlich und damit von uns erwartet, besteht das alte Bauwerk nicht aus einzelnen, zusammengefügten Segmenten, die man recht einfach wieder auseinander bauen könnte. Stattdessen wurde damals alles an Ort und Stelle betoniert und ist somit untrennbar miteinander verbunden. Wir müssen also den alten Kanal erstmal mühsam und mit viel Aufwand zersägen und herausbrechen“, erklärt Rößler.

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Diese unerwartete Zusatzarbeit könnte auch Auswirkungen auf den weiteren Fortgang der Baustelle haben. Bislang war geplant, in einem ersten Schritt den gesamten Kanal bis zur Kreuzung Bahnhofstraße zu erneuern, die jeweils abgeschlossenen Teile nur provisorisch zu verschließen und erst am Ende in einem zweiten Schritt sämtliche Restarbeiten einschließlich der finalen Straßenoberfläche auszuführen. „Weil der Abbruch des alten Kanals aber im Winter bei Minusgraden schwierig werden könnte, überlegen wir, ob wir nicht doch den ersten Abschnitt bis zur Herzogstraße schon komplett fertigstellen und erst dann weiter graben. Das ist aber noch nicht entschieden und ändert letztlich auch nichts am Zeitplan“, betont Rößler.

Innerhalb 15 Monaten soll es bis zur Ketscher Bahnhofstraße vorangehen

15 Monate Bauzeit – gerechnet ab dem Start im Juni – sind für die Gesamtmaßnahme bis zur Bahnhofstraße somit weiter vorgesehen. „Als nächstes ist wieder der normale Kanal an der Reihe. So ein großes Bauteil wie jetzt werden wir dann noch einmal an der nächsten Kreuzung einbauen, denn bis dahin haben sich die Volumina der zufließenden Abwässer kaum verändert“, erklärt Bauleiter Lutz Römmer, während seine Kollegen weiter am Schachtgrund arbeiten.

Am Ende wird man von all diesen Anstrengungen, aber auch dem imposanten und tonnenschweren Bauteil dann nichts mehr sehen, weil es mehrere Meter tief unter der Erde verborgen liegt – das ewige Schicksal der Tiefbauer.

Freier Autor Freier Journalist für die Region Heidelberg, Mannheim und Rhein-Neckar. Zuvor Redakteur bei der Schwetzinger Zeitung, davor Volontariat beim Mannheimer Morgen. Neben dem Studium freie Mitarbeit und Praktika u.a. beim Mannheimer Morgen, der Süddeutschen Zeitung, dem SWR und der Heidelberger Studentenzeitung ruprecht.

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