Oftersheim. „Für den Forst gilt: Wald vor Wild“, sagt Guido Moch. Er ist Vorstandsmitglied bei der Jägervereinigung Mannheim und hat kürzlich – sehr interessiert, wie er bekundet – den Artikel in dieser Zeitung gelesen, in dem ein Vertreter von Forst BW die Ursachen für den schlechten Zustand des Hardtwalds bei Oftersheim erläutert hat. Neben dem Klimawandel war in dem Interview vor allem von Schädlingen wie Pilzen oder dem Maikäferengerling die Rede. Laut Moch ist das aber nur die halbe Wahrheit: „Intern hat der Forst noch einen weiteren Schädling auserkoren und zum Sündenbock stilisiert. Rehwild soll möglichst aus dem Wald herausgeschossen werden.“
Im Gespräch mit dieser Redaktion erläutert Guido Moch genauer, wie er zu dieser Einschätzung kommt. „Der Forst hat ein großes Bestreben, wiederkäuendes Schalenwild aus dem Wald fernzuhalten“, sagt der Jäger. Im Hardtwald wäre das vor allem besagtes Rehwild, weil dieses gerne Bäume verbeißt. Bernd Schneble, Leiter des Bezirks Hardtwald, bei Forst BW stimmt dem auf Nachfrage dieser Redaktion zumindest teilweise zu: „Im Wald sterben reihenweise Altbäume ab, deshalb müssen wir für Naturverjüngung sorgen und stark aufforsten. Rehe fressen an den jungen Bäumen aber die Knospen ab – zwei bis zweieinhalb Kilo am Tag pro Tier. Deshalb ist das Erlegen der Rehe für den Weiterbestand des Waldes wichtig.“
Forst BW: Zuviel Rehwild im Hardtwald
Dass die Tiere aus Sicht von Forst BW generell nicht erwünscht seien, bestreitet er aber: „Natürlich soll es das Wild im Wald geben, das wollen auch wir Forstleute. Aber es gibt einen Punkt, an dem es zu viele sind.“ Denn neben dem Fressen der Knospen reiben männliche Tiere auch ihr jährlich nachwachsendes Geweih an den Bäumen, wobei sie das Kambium – die Schicht zwischen Rinde und Stamm – beschädigen, woraufhin laut Schneble der Baum abstirbt.
Dem widerspricht Guido Moch nicht, erläutert aber, wieso er die Art und Weise, mit der der Forst für weniger Rehwild im Hardtwald sorgen will, für problematisch hält. Der Forst vergibt jährlich Pirschbezirke, in denen Besitzer eines Jagdscheins ihrer Tätigkeit nachgehen können. Dafür entrichten sie einen gewissen Betrag. „Den hat man jetzt verringert“, berichtet Moch. Gleichzeitig sei aber die Vorgabe, wie viele Tiere ein Jäger zu schießen hat, erhöht worden – beim Rehwild von zwei auf fünf. Werde diese Vorgabe nicht erfüllt, müsse der Pächter des Bezirks nach Ablauf des Jahres auf den ursprünglichen Betrag draufzahlen.
Jäger: Keine selektive Bejagung für Bestandsschutz im Hardtwald
Mochs Vorwurf: Der Forst wolle es durch den geringeren Preis attraktiver machen, einen Bezirk zu pachten, zwinge die Jäger aber gleichzeitig, mehr Tiere zu schießen, um keinen höheren Betrag zahlen zu müssen. „Selektive Bejagung für den Bestandsschutz findet so nicht mehr statt“, kritisiert Guido Moch. In kleineren Bezirken könnten Jäger so nicht mehr entscheiden, welche Tiere sie schießen und müssten auch solche erlegen, die für gesunden Nachwuchs sorgen könnten. „Das hat mit Jagd so nichts mehr zu tun, sondern man ist zum Schädlingsbekämpfer degradiert.“
Bernd Schneble betrachtet die Sachlage wenig überraschend anders. Was er bestätigt, sind die von Moch genannten genauen Preise, die dieser Redaktion vorliegen. Es sei zudem korrekt, dass zu Beginn des Jahres ein Betrag zu zahlen ist und gegebenenfalls noch mal eine Gebühr in gleicher Höhe zum Ende des Jahres, wenn bestimmte Kriterien nicht erfüllt seien. „Aber wir betrachten beide Beträge zusammen als den eigentlichen Preis für den Pirschbezirk. Dass manche Jäger dann quasi nur die Hälfte bezahlen, ist ein Nachlass von unserer Seite wegen deren Einsatzbereitschaft.“
Dabei geht es laut Schneble nicht nur um den jagdlichen Ertrag, auch wenn er zugibt, dass dieser eins der Kriterien ist. „In so einem Bezirk fällt viel Arbeit an. Da geht es um die Versorgung von Wild nach Drückjagden, das Freihalten von Schussschneisen oder auch die Pflege der Hochsitze“, erklärt der Leiter des Forstbezirks Hardtwald. „Dabei bringen sich manche Jäger mehr ein als andere und das wollen wir belohnen.“
Nachfrage nach Jagdbezirken im Hardtwald übersteigt verfügbare Stellen
Worin sich Schneble und Moch aber einig sind, ist die immense Nachfrage nach Jagdscheinen und Pirschbezirken, die derzeit herrscht. Ihre Schlussfolgerung dazu ist allerdings nicht die gleiche. Moch vermutet, der Forst wolle sich diesen Boom zunutze machen – eben, wie Moch findet, um das Rehwild aus dem Hardtwald zu entfernen. Für Bernd Schneble bedeutet diese große Nachfrage vor allem, stärker selektieren zu müssen, wer einen Pirschbezirk bekommt. „Die Nachfrage übersteigt die verfügbaren Stellen bei Weitem“, sagt er.
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Ein weiteres Thema, das Guido Moch umtreibt, ist die Bejagung von Füchsen. Er wisse aus eigener Erfahrung, dass die Leiter von Gesellschaftsjagden diese Tiere explizit nicht zum Abschuss freigeben. Zudem habe er von einem Kollegen gehört, der beim Forst jagt, dass auch dort die Bejagung von Füchsen untersagt sei.
Regierungspräsidium will Fuchsbejagung im Hardtwald intensivieren
Aus Mochs Sicht ist das ein großes Problem: „Der Wald grenzt an Felder. Dort gibt es Niederwild wie Fasan oder Hasen. Niederwildhege gehört zu den Aufgaben der Jagd, aber wenn die Fuchspopulation überhand nimmt, suchen sich die Tiere Reviere außerhalb des Waldes. Das führt die Aufgabe der Niederwildhege ad absurdum“, findet der Jäger. Für Rehwildnachwuchs seien Füchse ebenfalls gefährlich. So vermutet Moch, dass der Forst das absichtlich in Kauf nehme, da er im Rehwild potenzielle – und tatsächliche – Schädlinge für die Bäume sieht.
Hier widerspricht Bernd Schneble allerdings vehement und gibt sogar sozusagen Entwarnung. „Tatsächlich wird es so kommen, dass Füchse noch stärker bejagt werden sollen.“ Hintergrund ist ein neuer Managementplan, den derzeit die Obere Naturschutzbehörde beim Regierungspräsidium erarbeite und der sich, wie Schneble sagt, „in den letzten Zügen“ befinde. Dieser sehe vor, die Fuchsbejagung zu intensivieren, um den Schutz für am Boden brütende Vögel zu verstärken.
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