Oftersheim. Wenig ist den Oftersheimern so wichtig wie ihr Wald. Das merkt man an Veranstaltungen wie dem Tag des Waldes oder der Beliebtheit des Wildgeheges. Man spürt es aber in den vergangenen paar Jahren auch ganz besonders daran, dass in regelmäßigen Abständen – sei es in den sozialen Medien, bei Gemeinderatssitzungen oder bei öffentlichen Redebeiträgen – Einwohner auf den Zustand des Hardtwaldes eingehen.
Und der ist nicht gut. Die Verantwortlichen – in den meisten Gebieten um Oftersheim ist das Forst BW, weil es sich um Staatswald handelt – führen das meist auf den Klimawandel zurück. Dennoch schockiert viele Oftersheimer der Anblick vor Ort. Die Baumdichte wird geringer und an den Wegesrändern liegen oft gefällte Bäume. Martin Borowski, bei Forst BW mit zuständig für den Bezirk Hardtwald erklärt im Interview, warum es dort derzeit so aussieht. Speziell geht es um den Bereich am Speyerer Weg, der zwischen der Autobahnraststätte Hardtwald West und der B 291 verläuft.
Wieso wird in diesem Bereich so viel gefällt?
Martin Borowski: Die extremen Dürre- und Hitzejahre seit 2018 hatten und haben große Auswirkungen auf die Wälder in Deutschland. Viele Bäume wurden sehr geschwächt. In vielen Fichtenwäldern hat das dazu geführt, dass Borkenkäfer angreifen konnten, zum Beispiel im Harz. In unserer Region wurden die Kiefer und die Buche sehr stark geschädigt. Dabei spielen im Hardtwald viele Faktoren zusammen. Neben den abiotischen Faktoren Dürre und Hitze sind dies bei der Kiefer die Parasitierung durch Misteln, der Wurzelfraß durch Maikäferengerlinge, Borkenkäfer und vor allem eine Pilzkrankheit, das sogenannte Diplodia-Triebsterben. In den Abteilungen am Speyerer Weg wurden lediglich tote und kranke Bäume gefällt.
Informationen zu Forst BW
- Gesprächspartner Martin Borowski ist bei Forst BW im Bereich des Forstbezirkes Hardtwald tätig.
- Der Landesbetrieb Forst Baden-Württemberg (Forst BW) betreut den Wald im Eigentum des Landes Baden-Württemberg (Staatswald). Mit über 324 000 Hektar – das entspricht rund einem Viertel der Waldfläche Baden-Württembergs – ist Forst BW der größte Forstbetrieb des Landes.
- Er setzt sich laut eigener Aussage zum Ziel, ökologisch vorbildlich, sozial ausgewogen und ökonomisch erfolgreich zu arbeiten. Im Sinne des Waldes und der Menschen bilde das Prinzip der Nachhaltigkeit die Grundlage seiner Tätigkeit.
- Dazu tragen landesweit etwa 1800 Beschäftigte bei. Zudem trägt Forst BW das „Gemeinwohl Ökonomie“-Zertifikat.
- Forst BW wurde mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2024 ausgezeichnet.
- Der Forstbezirk Hardtwald ist einer von 21 Forstbezirken von Forst BW. Der Bezirk betreut die etwa 15 000 Hektar Staatswald zwischen Karlsruhe und Mannheim.
- Weitere Informationen gibt es auf www.forstbw.de. zg
Wieso passiert das gerade zum jetzigen Zeitpunkt?
Borowski: Die Maßnahme wurde in unserem herbst-winterlichen Holz- erntezeitraum, in diesem Fall im März, begonnen. Sowohl der Einschlag der Bäume als auch der Transport der Stämme an die Waldwege, das sogenannte Rücken, sind beendet. Die Stämme wurden mittlerweile auch schon am Weg in die unterschiedlichen Sortimente Stamm-, Industrie und Brennholz eingeteilt. Diese Vorgehensweise ist für die Waldarbeiter ergonomisch vorteilhaft. Im Augenblick findet nur noch das sogenannte Poltern statt, das Aufschichten zu Holzstapeln getrennt nach Sortimenten. Damit wird sich für die Waldbesucher sicher auch das aktuelle Bild verändern: Von vielen Stämmen, die einlagig direkt auf dem Boden liegen hin zu den typischen aufgeschichteten Holzstapeln, die auf die Abfuhr ins Sägewerk warten.
Wie viel Holz wurde dort tatsächlich entnommen?
Borowski: Auf einer Arbeitsfläche von mehreren Abteilungen (80 Hektar) wurden ungefähr 2000 Festmeter Holz geerntet. Damit beträgt die Erntemenge zirka 25 Festmetern pro Hektar, die durch Dürreschäden vorgegeben wurde, das nennt man zufällige Nutzung. Typische Erntemengen normaler und planmäßiger Nutzungen bei Durchforstungen liegen zwischen 40 und 80 Festmeter pro Hektar.
Gibt es einen finanziellen Hintergrund – sprich: Geht es um Einnahmen aus dem Holzverkauf?
Borowski: Im „Regionalen Waldschutzgebiet Schwetzinger Hardt“ stehen bei der forstbetrieblichen Arbeit der Naturschutz und die Sicherung der Erholungsfunktion für die Bevölkerung deutlich im Vordergrund. Nichtsdestotrotz gibt es auch weiterhin eine Nutzfunktion durch die Ernte von Holz. Auch wenn die Bäume abgestorben waren, so ist ihr Holz noch für vielfältige Verwendungszwecke nutzbar. Ein Teil kann in Sägewerken zu Brettern eingeschnitten werden. Ein anderer Teil kann zu Spanplatten weiterverarbeitet werden. Die kleine Menge Brennholz, die bei diesem Hieb angefallen ist, wird an die örtliche Bevölkerung verkauft. Die Nutzung des nachwachsenden Rohstoffes Holz ist zur Vermeidung von CO2-Freisetzung durch die Produktion von anderen Rohstoffen im Klimawandel von großer Bedeutung. Wir ernten jetzt, wenn auch ungeplant und von der Natur vorgegeben, die Früchte der Arbeit unserer Vorgänger, die den Wald betreut haben. Aus diesen Verkäufen werden Erlöse erzielt, die der Staatsforstbetrieb Forst BW vereinnahmt und die damit letztendlich dem Landeshaushalt und damit jedem Bürger zugutekommen.
Was für Fahrzeuge sind dort für den Forst unterwegs?
Borowski: Die im Hardtwald eingesetzte Maschinentechnik ist diejenige, die überall in Deutschland zum Einsatz kommt. Zum einen gibt es die klassische Holzernte durch Waldarbeiter mit der Motorsäge. Die geernteten Bäume werden danach von einem Zangenschlepper aus dem Wald gezogen. Zum anderen gibt es Holzerntemaschinen, „Harvester“ genannt, die mit ihrem Kranarm die Fällung vornehmen können. Diese Hölzer werden üblicherweise von einen Tragschlepper transportiert, der die Holzstücke in seinen Ladekorb legt und dann aus dem Bestand fährt.
Trägt der Boden bei solchen Eingriffen gegebenenfalls Schaden?
Borowski: Auf dem mitgesandten Bild (siehe oben, Anm. d. Red.) ist kein Bodenschaden zu sehen. Die aktuell sichtbare, geringe Fahrspur mit dem Reifenprofil wird durch den Wechsel von Regen und Trockenheit sowie das Aufkommen neuer Vegetation bald verschwunden sein. Grundsätzlich gilt: Forstmaschinen sind nicht leicht. Bei der Fahrt über Waldboden wird dieser verdichtet und sein Porenvolumen, in dem die Bodenluft und das Bodenwasser gespeichert sind, nimmt ab. Dies bedeutet für Bodenorganismen und Wurzeln eine Verschlechterung der Wachstumsbedingungen. Um die negativen Folgen von Befahrung zu minimieren, finden die Fahrbewegungen von Forstmaschinen in Baden-Württemberg schon seit Jahrzehnten auf einem systematischen Netz an Wegen statt, sogenannte Rückegassen. Die Verdichtung wird dabei wiederkehrend auf nur einen kleinen Teilbereich des Bodens konzentriert, während die restliche Waldfläche unberührt bleibt. Die Böden der sandigen und kiesigen Hardt sind weniger befahrungsempfindlich als zum Beispiel die lehmigen Böden im Kraichgau.
Der Weg auf dem Bild, auf dem die Fahrzeugspuren zu erkennen sind, ist recht schmal. Kann es bei einem solchen Eingriff zu Schäden an anderen Bäumen kommen, die eigentlich nicht zum Fällen vorgesehen waren?
Borowski: Der Weg ist absichtlich so schmal. Er soll die Durchfahrt der Maschinen möglich machen, gleichzeitig aber so wenig wie möglich Raum einnehmen, damit die übrige Waldfläche dem Wachstum der Bäume dienen kann. Bei der Durchfahrt der Maschinen kann es zu Schäden an stehenden Bäumen kommen. Die Wahrscheinlichkeit einer Rindenverletzung ist für einen Baum an der Rückegasse auch deutlich erhöht, da dort ja alle Fahrbewegungen konzentriert werden. Aus diesem Grund werden direkt an der Rückegasse auch keine sogenannten Zukunftsbäume (Z-Bäume) ausgewiesen, die bei Durchforstungen wiederkehrend durch die Entnahme benachbarter Bäume (Bedränger) gefördert werden. Diese Z-Bäume können ohne Rindenverletzungen abseits der Rückegassen aufwachsen.
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