Oftersheim. Die tatsächliche Umsetzung könnte noch lange auf sich warten lassen, aber im Bereich von Oftersheim plant das Land beim Leimbach Großes: Durch die Zusammenlegung mit dem Landgraben zwischen Sandhausen und dem Ortseingang am Hardtwaldring soll hier auf rund fünf Kilometern Länge eine breite Auenwaldlandschaft entstehen, durch die der neu angelegte Bach frei und naturnah verlaufen kann.
Anders als bei den sonstigen Gewässerschutzprojekten, die das Land zwischen Wiesloch und Sandhausen im Zuge der Maßnahmen zum Hochwasserschutz anlegen lässt (vergleiche vorherige Teile dieser Serie), geht es hier also nicht nur um eine Aufwertung des Bachbetts, sondern um eine völlige Neugestaltung samt 50 Meter breitem Biotopstreifen. Nachdem der Schutz vor Überschwemmungen im Oftersheimer Bereich dank einer Umplanung am Oberlauf nicht mehr Teil der Maßnahme ist, handelt es sich bei diesem zeitlich als Letztes angesetzten Projekt um eine reine ökologische Maßnahme im Sinne der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie. Das zuständige Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe nennt dabei fünf Ziele, die umgesetzt werden sollen.
Was ist ein "Flachlandauenbach"?
Zunächst soll der Leimbach wieder zu einem sogenannten „Flachlandauenbach“ umgestaltet werden. Damit meinen Biologen einen ganz bestimmten Lebensraum für Pflanzen und Tiere, sowohl im Wasser als auch am Ufer. Als zweites ist eine „standortgerechte Begleitvegetation“, geplant, wie es das RP ausdrückt. Diese umfasst einen Saum aus Bäumen, Ufer- und sowie großen, schilfartigen Pflanzen. Das angrenzende Grünland soll „extensiv“ genutzt werden, also mit möglichst geringen Eingriffen des Menschen und überwiegend sich selbst überlassen.
Als Nächstes ist die „Bildung von hochwertigen Offenlandbiotopen“ vorgesehen: Dabei sollen artenreiche Wiesen und Heckenstrukturen entstehen sowie Obstbäume gepflanzt werden. Durch alle diese Maßnahmen erhoffen sich die Planer, dass die letzten beiden Ziele der umfangreichen Umgestaltung erreicht werden: Das „Einbinden des neuen Gewässers in das Landschaftsbild sowie die Schaffung von biotopvernetzenden Strukturen im weitgehend durch die Agrarlandschaften geprägten Raum“, schreibt das RP.
Hier bergen die Pläne allerdings einigen Konfliktstoff: Wie berichtet, sollen durch die Umgestaltung rund 15 Hektar Ackerflächen ersatzlos entfallen. Da diese lediglich vom Land gepachtet seien, dürften sie von den Landwirten nicht zur langfristigen Existenzsicherung herangezogen werden – ergo löse ihre Inanspruchnahme durch das Ökologieprojekt keine Existenzgefährdungen aus.
Die betroffenen Oftersheimer Landwirte sehen das freilich anders. Für sie handelt es sich um besonders wertvolle, weil fruchtbare Böden, für die es keine Alternativen gebe. „In unserer Region sind rund 90 Prozent aller Ackerflächen verpachtet, weil das Land und die Kirche die mit Abstand größten Grundbesitzer sind. Kaum ein Landwirt hat die Chance, Äcker zu kaufen und damit eine gewisse Sicherheit zu erlangen. Wenn also alle diese Pachtflächen nicht für unsere Existenzsicherung genutzt werden dürften, könnten wir gleich dichtmachen“, betonte der betroffene Landwirt und Vorsitzende des Oftersheimer Bauernverbands Helmut Wiegand im Gespräch mit unserer Zeitung.
Neuer Bachlauf für Leimbach in Oftersheim
Und auch die betroffenen Eigentümer und Nutzer der Kleingartenanlage im Gewann „Münchswiese“ sind von den Naturschutzplänen stark betroffen. Ihre Grundstücke am Zusammenfluss von Leimbach und Landgraben kurz vor dem Ortseingang sollen in weiten Teilen für den neuen Bachlauf weichen. Zwar soll es für sie Richtung Norden unmittelbar angrenzende Ausgleichsflächen geben, doch der in weiten Teilen alte Baum- und Pflanzenbestand, den sich die Oftersheimer hier mitunter über Generationen aufgebaut haben, würde für das Projekt abgeholzt.
Von der reinen Zahl her wollen die Planer immerhin für Ersatz sorgen. So sind laut einer Mitteilung des RP für die etwa 158 wegfallenden Kleingartenbäume Ersatzpflanzungen von etwa 144 kleineren Halbstamm-Obstbäumen geplant. In der künftigen Auenlandschaft sollen gar mehr als 1000 Laubbäume angepflanzt werden.
Dabei soll es künftig zwischen Sandhausen und Oftersheim nur noch eine abgestufte Unterhaltung des Leimbachs geben, bei der in definierten Zonen die Intensität der Maßnahmen unterschiedlich stark ausfällt. „Dadurch wird die gewünschte eigendynamische Entwicklung des Gewässerbetts, der Wasserwechselzonen sowie der angrenzenden Wiesen- und Heckenstrukturen unterstützt“, teilt das RP mit. Eine gewisse Pflege wird dennoch auch in Zukunft notwendig sein, so die Behörde: „Um negative Auswirkungen auf den Hochwasserabfluss zu vermeiden, werden auch in renaturierten Bereichen Maßnahmen zur Gewässerunterhaltung – zum Beispiel Baum- und Grünschnitt – durchgeführt.“
Aus Sicht der Planer ergibt sich durch die Zusammenlegung von zwei naturfern ausgebauten Gewässerläufen – wie dem heutigen Leimbach und dem Landgraben – zu einem naturnahen Gewässer – dem „neuen Leimbach“ – die Chance, dass sich ein vielfältiger Lebensraum mit einer verstärkten „Resilienz für Hochwasser- und Niedrigwassersituationen“ bildet. Das bedeutet, dass in diesem Abschnitt künftig deutlich mehr Überlebensmöglichkeiten für Tiere und Pflanzen herrschen sollen, als das bislang der Fall ist. Und dadurch sollen die teils massiven Eingriffe in die Landschaft aus Sicht der Verantwortlichen letztlich mehr als ausgeglichen werden.
Oftersheimer Bürger sind gefragt
Wann es allerdings zur tatsächlichen Umsetzung dieses großen und letzten Abschnitts der „Leimbach-Hardtbach-Projekte“ kommt, ist aktuell völlig unklar. Schon bei den vorherigen Maßnahmen zum Hochwasserschutz dauerte es von den ersten Plänen bis zum Umbau teils Jahrzehnte, weite Teile sind gar noch immer in der Planfeststellung. Das gilt auch für den Bereich bei Oftersheim, für den das zuständige Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises erst im kommenden Jahr mit einem Beschluss rechnet. Dann folgt eine Bürgerbeteiligung, bei der die Betroffenen auch juristisch noch einmal Einwände vorbringen können.
Und selbst wenn das Projekt irgendwann einmal alle Formalien durchlaufen hat, ist die Umsetzung derzeit ungewiss. Wie mehrfach berichtet, betont das RP, bei Personal- und Finanzressourcen priorisieren zu müssen. Bei Kosten von geschätzt rund 15,2 Millionen Euro allein für den Abschnitt bei Oftersheim und bei gleichzeitig schrumpfenden Finanzmitteln des Landes könnte dieser Punkt das Ökologieprojekt am Leimbach noch längere Zeit verzögern.
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