Bürgersaal

Martin Hirning klärt in Oftersheim über die persönliche Energiewende auf

Klimaschutzmanager Martin Hirning erklärt in einem Vortrag anschaulich den Klimawandel. Zudem zeigt er auf, wie die persönliche Energiewende gelingen kann.

Von 
Stefan Kern
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Klimaschutzmanager Martin Hirning (links) und Bürgermeister Pascal Seidel (rechts) stehen neben dem Triathleten Dirk Oswald, der auf einem Indoor-Fahrrad ein Gefühl davon vermittelt, was eine Kilowattstunde Leistung eigentlich bedeutet. © Norbert Lenhardt

Oftersheim. Der Vortrag hatte es in sich. Der Klimaschutzmanager Martin Hirning steckt tief in der Energiewende-Thematik. So tief, dass sein Vortrag „Die persönliche Energiewende und wie man damit richtig viel Energiekosten einsparen kann“ zweieinhalb Stunden dauerte, man aber das Gefühl hatte, er hätte locker doppelt so lange reden können. Vielleicht geriet die Informationswelle dabei hin und wieder etwas zu groß.

Andererseits, das Thema ist groß und die Zeit wird knapp. Und gerade Letzteres scheint noch nicht wirklich durchgedrungen zu sein. Je mehr das Thema in den Alltag dringt und die ganz praktischen Erfordernisse sich abzuzeichnen beginnen, desto deutlicher zeigt sich der Widerstand. Auch hier im Bürgersaal war der Prozess vom Dafür-Sein in der Theorie zum Dagegen-Sein in der Praxis nicht zu übersehen. Natürlich nicht bei allen – doch es muss einen Grund geben, dass die Grünen vor wenigen Monaten, als sie LNG-Terminals genehmigten und dem weiteren Braunkohleabbau grünes Licht gaben, in den Umfragen bei über 25 Prozent lagen und nun, wo sie die Transformation angehen, auf 16 Prozent abrutschten. Es ist wie beim Scheinriesen aus „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ von Michael Ende. Je näher er kommt, desto kleiner wird er.

Klimaschutz in Oftersheim: Erstaunliche Zahlen

Zu Anfang waren die Blicke der knapp 40 Zuhörer nicht auf Hirning gerichtet, sondern auf den Triathlet Dirk Oswald, der mit seinem Indoor-Trainingsfahrrad den Besuchern ein Gefühl verschaffen sollte, wie viel eine Kilowattstunde (kWh) eigentlich ist. So viel vorab: Die Zahl nach knapp zweieinhalb Stunden Pedaletreten überraschte viele. Auch Hirning verlegte sich zu Beginn darauf, den Menschen einen Eindruck von den Dimensionen rund um die Energie zu vermitteln. Da ging es um die 2,5 kWh, die es benötigt, um 100 Kilogramm Mensch und Ausrüstung von null auf den Gipfel des Mount Everest (8849 Meter) zu bringen.

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Dann ließ er die Zuhörer schätzen, wie viele Jahre die Bildung von Steinkohle, Erdgas und Erdöl dauerte, die die Menschheit aktuell pro Jahr verfeuert. Sie lagen weit darunter. Bei Steinkohle sind es rund 10 000 Jahre, bei Erdgas drei Millionen Jahre und bei Erdöl fünf Millionen Jahre. Heißt bei Erdöl: Was die Natur in fünf Millionen Jahren schuf, verfeuern wir in einem. Eindrücklich war auch sein Beispiel hinsichtlich Biosprit. Um ein einziges Auto bei einem Verbrauch von 5,5 Liter und einer Jahresleistung von knapp 14 000 Kilometern mit Biosprit zu versorgen, bräuchte es eine Anbaufläche von 4700 Quadratmetern. Es erklärt sich von selbst, dass Biosprit für einen Massenmarkt keine zielführende Strategie ist. Um ein kleines Elektroauto mit einer Jahresleistung von 15 000 Kilometern mit Sonnenstrom zu versorgen, bräuchte es dagegen nur eine rund 28 Quadratmeter große Photovoltaikanlage (PV). Für die Produktion von E-Fuel, für ein Auto mit einem Verbrauch von sieben Liter bei ebenfalls 15 000 Kilometern im Jahr, müsste die PV-Anlage schon 145 Quadratmeter groß sein. Auch das also weit weniger effizient als das reine Elektroauto.

Zudem seien die Indizien für einen menschengemachten Klimawandel erdrückend. Über die Jahrmillionen habe es schon viele Warmphasen gegeben. Doch die Erwärmung verlief noch nie so schnell. Sie verläuft, so Hirning, aktuell 120-mal so schnell wie alles, was bisher geschah. Bei den dafür verantwortlichen CO2-Emissionen pro Kopf fände sich Deutschland, hinter den Vereinigen Arabischen Emiraten (22 Tonnen) und den USA (16 Tonnen), mit elf Tonnen auf Platz drei. Und auch historisch gesehen, also der Gesamt-Emissionslast seit Beginn der Industrialisierung, nimmt Deutschland einen Spitzenplatz ein. Es sei damit in der Pflicht seine CO2-Emissionen zum Wohle aller schnell zu senken. Alles andere, da war sich der Klimamanager sicher, führe unweigerlich in den Zusammenbruch der Zivilisation. Die Welt an sich geht nicht unter, unsere menschliche dagegen schon.

Klimaschutz in Oftersheim: Das postfossile Zeitalter

Es folgten zahlreiche Beispiele für Wege in das persönliche postfossile Zeitalter. Die Technik rund um Solarthermie für Warmwasser, Photovoltaik für Strom, Wärmepumpen im Erdreich oder auch die Luft sowie Energiespeicher sei ausgereift. Man kann da mithilfe von Experten für erneuerbare Energie sehr weit kommen. Es ist möglich, sich von fossilen Energieträgern unabhängig zu machen. Aber klar, es kostet. Es werde viel gefördert und auch das Minus bei den Kosten für die fossile Versorgung sorge über die Jahre für eine spürbare Entlastung. Doch bis sich die Investitionen in die regenerative Energieversorgung und eine etwaige Dämmung amortisiert hätten, vergingen je nach Fall durchaus zehn bis 20 Jahre. Aber neben dem Geld gehe es ja auch um den Erhalt von Lebensbedingungen für unsere Kinder. Ohne ein schnelles Gegensteuern würde die Welt zu einem für Menschen und viele andere Arten extrem lebensfeindlichen Ort werden. Es gibt schlechterdings einfach keine Alternative.

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Noch zum Schluss: Oswald, der über zwei Stunden in die Pedale trat, erzeugte 0,4 kWh. Angesichts dessen, dass man für eine kWh rund 35 Cent zahlt, könne man über die Wertigkeit durchaus ins Grübeln geraten. Ökonomisch waren die über zwei Stunden lediglich 14 Cent Wert.

Weitere Termine: Mittwoch, 12. April; Mittwoch, 19. April; Mittwoch, 3. Mai; Donnerstag, 11. Mai, jeweils um 19 Uhr im Bürgersaal

Freier Autor Stefan Kern ist ein freier Mitarbeiter der Schwetzinger Zeitung.

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