Plankstadt.. Alois Kias gehörte fast 20 Jahre zum Gemeindebild von Plankstadt. Er betrieb mit seinem Team dort im Zentrum die kleine Bäckerei- und Lebensmittelfiliale. Bäckereimeister Kias gibt diese schweren Herzens auf und verspricht: „Ich komme immer wieder gerne nach Plankstadt.“ Enge Freundschaften bestehen, seit der kleine Laden vor mehr als 19 Jahren eröffnet wurde, zu den Menschen im Ort.
Alois Kias ist schwer berührt von der Entscheidung und deren Endgültigkeit am Mittwoch, 26. Juli 2023, dem Tag, an dem er sein Wirken vor Ort offiziell beendete: „Es geht gesundheitlich einfach nicht mehr, zudem ist das Personal in der Backstube dezimiert.“ Eigentlich habe er „voll machen wollen“, sagte er, denn 2024 wäre 20 Jahre Bestehen im Ort gefeiert worden, aber, so Alois Kias: „Mein Körper hat mir gezeigt, dass ich extrem kürzertreten muss.“
In Schwetzingen in der Wilhelmstraße 1a wird die Backwarenvielfalt nach wie vor angeboten, alle Plankstadter Kunden sind dort natürlich willkommen. Für das Personal heißt das, dass zwei Angestellte fortan in Schwetzingen für die Kunden da sein werden, eine Verkäuferin wird von der in Plankstadt nachfolgenden Bäckereikette Görtz übernommen. Die Firma Görtz hat avisiert, dass der Umbau in Plankstadt etwa vier Wochen in Anspruch nehmen soll, was bedeutet, dass etwa ab September wieder ein Bäcker am Rathausplatz sein wird.
„Beim Kias“ hieß es immer
Den Plänkschdern war der Einkauf „beim Kias“, das Zusammenstehen bei Kaffee und süßen Teilchen, eine nette Einkehr- und Pausenoption auf dem Weg zur Arbeit, in der Pause oder, gleich wo man war oder hinwollte, die Möglichkeit Brot, Brötchen und auch Lebensmittel mitzunehmen. Gerade in den zurückliegenden Jahren mit der Pandemie war das für etliche, nicht nur ältere Menschen, die den Weg in größere Geschäfte scheuten, eine prima Sache. Vor allem aufgrund der Lage direkt bei der Seniorenwohnanlage in der Luisenstraße und gegenüber dem Rathaus.
„Die Zusammenarbeit mit der Bäckerei war immer prima“, erinnerte Bürgermeister Nils Drescher daran, dass etwa der Schlüssel für den Bürgerbus mit seinen wechselnden Fahrern hier zur Weitergabe „geparkt“ wurde, was immer hervorragend geklappt hat. Der Einsatz des Teams Kias in Plankstadt sei eine große Bereicherung gewesen, so Drescher bei der Verabschiedung von Alois Kias und Ilona Hertlein, die seit Jahren das Gesicht der Bäckerei in der Luisenstraße und Ansprechpartnerin für viele „Geschichten der Menschlichkeit“, wie sie es nennt, gewesen ist.
„Dank für alles“, sagte Nils Drescher und sprach damit aus, was viele Plänkschder am letzten Verkaufstag ebenfalls direkt im Laden verlauten ließen.
Ein Blick in die Geschichte
Für ortshistorisch interessierte Plänkschder erhebt sich daraus die Frage, wie das früher war, als die Menschen noch weniger mobil waren und nicht zum Einkaufen selbst der Dinge des täglichen Bedarfs weite Fahrstrecken in Kauf nahmen. Hier ein Blick auf die Plankstadter Bäckereien, so wie sie die Älteren unter uns noch aus dem Dorf kennen.
Heute, im Sommer des Jahres 2023, wird noch in zwei Betrieben im Ort tatsächlich gebacken – in der Bäckerei Leisinger in der Leopoldstraße 36 und in der Bäckerei Gehrig in der Eisenbahnstraße 31; hinzu kommen die Verkaufsfilialen auswärtiger Bäckereien. Frische Backwaren erhalten wir noch in den Verkaufsfilialen in den Supermärkten Edeka, Netto (hier ist es eine Filiale der Pfälzer Bäckerei Schall) sowie im Penny-Markt im Gewerbering (mit einer Verkaufsstelle der Bäckerei Utz). Die Schwetzinger Bäckerei Utz betreibt auch eine Filiale in der Schubertstraße.
Insgesamt zählten wir früher – also in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg – 15 eigenständige Bäckereien in Plankstadt, die nach und nach ihren Betrieb einstellten. Wie war das früher möglich? Wie überlebten die einzelnen Bäcker wirtschaftlich? Was für die Gaststätten und Metzgereien galt, war natürlich auch bei den Bäckern von entscheidender Bedeutung: Es waren fast ausschließlich Familienbetriebe, bei denen die Familienangehörigen mitarbeiteten. Vielleicht kamen noch manchmal unverheiratete Familienangehörige dazu, deren Bezahlung dann ebenfalls individuell gestaltet werden konnte. Der Gebäudebestand war meist im Familienbesitz und von einer ständig anstehenden Modernisierung und Anpassung an den Zeitgeist, was immer häufigere Investitionen voraussetzte, konnte nicht die Rede sein.
Das Angebot in den Bäckereien war überschaubar, außer den Backwaren waren weitere Produkte eher selten. Natürlich hab es auch Bäckereien mit angeschlossenem Kolonialwarenangebot wie beispielsweise die Bäckerei Grimm in der Eisenbahnstraße oder die Bäckerei Dittes in der Luisenstraße, aber das waren eher die Ausnahmen. Und auch im Bereich der Backwaren konnte man nicht wie heute auf ein breites Angebot an Kuchen, Torten und süßen Teilchen zugreifen.
Auch das Brotangebot hielt sich in Grenzen: Mischbrot oder Weißbrot – das reichte schon. Die Brötchensorten waren gering, neben den normalen Brötchen vielleicht noch die obligatorischen „Salzweck“, aber das war’s dann schon.
Ich erinnere mich an die Verwunderung bei vielen Freiburgern, als dort eine „Brot-Boutique“ mit einem großen und vielfältigen Angebot mit unterschiedlichsten Brot- und Brötchensorten eröffnete. Überhaupt gehörten früher Brötchen nicht zum täglichen Angebot am Esstisch, man aß das gekaufte Brot und es gab auch noch Familien – oft Bauern – die ihr Brot selbst buken. So man keinen eigenen gemauerten Backofen hatte, wurde das Brot mit der „Marktscheeß“ oder dem kleinen Leiterwägelchen zu einem Bäcker gefahren, der es dann für ein geringes Entgelt in seinem Backofen mitbuk. Das galt ebenso für die daheim selbst gemachten Kuchen, die meist für den Kaffee am Wochenende von den Hausfrauen gefertigt wurden.
Das waren die alten Bäckereien
Beginnen wir in der Eisenbahnersiedlung mit der Bäckerei Oskar Pfister im Brühler Weg 109. Im vorderen Brühler Weg an der Waldpfadecke die Bäckerei Karl Brunner und in der Schwetzinger Straße 65 (ebenfalls Ecke Waldpfad) die Bäckerei Valentin Gärtner (vormals Rösner). In der Leopoldstraße 3 gab es die Bäckerei Jakob Röther (mit der Gaststätte „Zum goldenen Lamm“), die später von Emil Leisinger weitergeführt wurde, bevor dieser den heutigen Betrieb in der Leopoldstraße 36 aufbaute. Am Sportplatzeck gab es die Bäckerei Jakob Jung (später Lenhardt) und im Waldpfad 33 noch die Bäckerei von Eugen Unfall.
In der Wilhelmstraße 21 bei der „Koche-Dutt“ die Bäckerei von Karl Dörsam. In der Schwetzinger Straße 4 (heute Bestattungen Straub) hatte Herbert Doll seine Bäckerei und etwas weiter draußen in der Eppelheimer Straße 6 gab es die Bäckerei von Karl Eberwein. In der Eisenbahnstraße finden wir die Bäckerei Willi Ebert (heute Matthias Gehrig) und an der Ecke Bruchhäuser Weg/Karl-Theodor Straße 2 gab es die Bäckerei Karl Wörner.
Weiter in der Eisenbahnstraße 56 die Bäckerei Hermann Grimm, der „Grimme-Bäcker“ – wie schon erwähnt mit Kolonialwarenangebot. Zwei Bäckereien gab es in der Luisenstraße: Gegenüber dem Wasserturm die Bäckerei Friedrich Stinzing (später Bernhard Heibel) und an der Ecke Friedrichstraße die Bäckerei Otto Hettenbach, die später von Emil Dittes, danach von Bernd Aichele geführt wurde und zum Schluss eine Filiale der Bäckerei Leisinger war.
In der Goethestraße 5 war die Bäckerei von Gustav Wagenbach (vorher war an dieser Stelle das Fahrradgeschäft von Kurt Gaa). Ein Überblick über den alten Ortskern zeigt, dass für die meisten Plänkschder eine Bäckerei immer in fußläufiger Nähe zur täglichen Versorgung bereitstand. Das war natürlich von Vorteil, da die meisten damals außer dem Fahrrad über keine weiteren Fahrzeuge verfügten.
Und wenn wir nun einen Wechsel der Bäckereifiliale im Ortszentrum haben, so sollten wir diesen nicht nur mit einem nostalgischen und wehmütigen Blick zurück betrachten. Alles Leben ist Veränderung, sagt ein Sprichwort. Und der 1963 ermordete US-Präsident John F. Kennedy prägte den Satz: „Veränderung ist das Gesetz des Lebens. Diejenigen, die nur auf die Vergangenheit oder die Gegenwart blicken, werden die Zukunft verpassen.“
(Mitwirkung: Sabine Zeuner)
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