Reilingen. Im Januar wurde der Haushalt durch den Bürgermeister eingebracht, nun hatten die Fraktion das Wort und nutzen die Februarsitzung des Gemeinderates, um ihn einstimmig zu verabschieden. Zwischen den beiden Sitzungen hat der Haushaltsplan noch einige Änderungen erfahren, die jedoch nichts an den Eckdaten ändern: Bei ordentlichen Erträgen von rund 21,9 Millionen Euro und ordentlichen Aufwendungen von gut 22,5 Millionen Euro klafft in dem Zahlenwerk eine Deckungslücke von einer halben Million Euro.
Allerdings, merkt Kämmerer Christian Bickle an, rechnet man die zahlungsunwirksamen Erträge und Aufwendungen heraus – Abschreibungen in Höhe von fast zwei Millionen Euro und aufgelöste Investitionszuwendungen von rund 800 000 Euro bleibt ein Zahlungsmittelüberschuss von knapp über 600 000 Euro.
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Der Gesamtfinanzhaushalt schließt mit einer negativen Veränderung des Finanzierungsmittelbestandes von einer Million Euro. Für die Finanzierung von Investitionen sind drei Millionen Euro neuer Schulden sowie ein Übertrag einer Kreditermächtigung aus dem Vorjahr von zwei Millionen Euro eingeplant. Die größten Investitionen betreffen die Sanierung der Ziegelstraße, die Sanierung des Dorfgemeinschaftshauses und die Platzgestaltung Hauptstraße/Ecke Mühlweg.
Freie Wähler Reilingen zum Haushalt: Herausforderungen bleiben
Erneut, schickte FW-Fraktionssprecherin Patricia Faber ihrer Stellungnahme voraus, stehe das Haushaltsjahr im Zeichen der Krise. Corona sei überwunden, nun stellt der Krieg in Europa die Gemeinde auf dem Energiesektor vor neue Herausforderungen. Die Folgen der Preissteigerungen seien derzeit nicht abschätzbar.
Der Haushaltsplan komme bei einem Volumen von rund 22 Millionen Euro mit einem Minus von einer halben Million Euro daher – rote Zahlen, aber deutlich besser als im Vorjahr. Dennoch, es bestehe wenig Spielraum für nicht notwendige Projekte. Zur Finanzierung der Investitionen seien Kredite in Höhe von drei Millionen Euro eingeplant, dennoch müsse jede Maßnahme auf den Prüfstand, einige seien aktuell wohl nicht mehr zu stemmen.
Ein Dorn im Auge sind Faber die Personalaufwendungen, die mittlerweile bei rund 5,5 Millionen Euro angekommen seien. Immer neue Stellen in der Verwaltung würden die monetäre Situation der Gemeinde weiter verschlechtern, scherzte Faber angesichts des Schlagwortes von der „schlanken Verwaltung“ über eine eher „vollschlanke“ Ausprägung.
Der Zuschussbedarf für die Kinderbetreuungseinrichtungen seit mit gut 3,3 Millionen Euro um fast eine Million Euro höher als noch vor zwei Jahren, hinzu kämen Mittel für Schule und andere Jugendprojekte. Doch diese Ausgaben sind für Faber nicht diskutabel, auch wenn sie die Gemeinde vor immer höhere Herausforderungen stellten. Hier hofft sie auf Hilfe vom Land.
Positiv seien die höher ausfallenden Gewerbesteuereinnahmen, hofft Faber, dass der Standort Reilingen weiterhin attraktiv bleibe, auch wenn sie hierfür keine Impulse im Haushalt sieht.
Angesichts der angespannten Haushaltslage hätten die Freien Wähler auf eigene Anträge verzichtet. Noch enthalte der Haushaltsplan viele Unbekannte mit Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung, dennoch stimme ihre Fraktion dem Plan zu.
SPD Reilingen zum Haushalt 2023: Auf Nachhaltigkeit achten
Ähnlich äußerte sich für die SPD Dieter Rösch, der angesichts der Krisen von unkalkulierbaren Entwürfen spricht. Seine Hoffnung bleibt, dass bisher immer, sowohl in Deutschland wie auch in Reilingen, die Zahlen am Ende des Jahres nach oben korrigiert worden seien.
Rösch sprach von einem seriösen Plan, der die Ambivalenz der Zeit darstelle und dem die SPD zustimmen werden. Noch ließe sich die Haushaltslage als positiv bezeichnen, doch die Prognosen seien düster, weshalb es gelte, sich rechtzeitig auf Kommendes einzustellen. Mit anderen Worten, so Rösch, Investitionen müssten auf ihre Nachhaltigkeit hin überprüft werden.
Dieses Kriterium würden die Investitionen in Bildung und Kinderbetreuung auf jeden Fall erfüllen, die Gemeinde gehe hier seit Jahren einen vorbildlichen Weg, auch wenn der steigende Zuschussbedarf kritisch zu sehen ist.
Der Sozialdemokrat sah bei der Kinderbetreuung eine gesellschaftliche Aufgabe auf die Kommunen abgewälzt – „wir sehen das Land in der Pflicht“. Rösch hat wenig Hoffnung auf eine Änderung der Finanzierung, doch die Dringlichkeit seiner Mahnungen nimmt zu.
Nachhaltig sind für die SPD Investitionen in den Klima- und Naturschutz. Das Waldsterben und die Wasserknappheit würden zeigen, was auf die Kommunen zukomme, betont Rösch, der jede Maßnahme unterstützen will, die hilfreich ist, beispielsweise Photovoltaik. Und mit Zuschüssen könne man Prozesse anstoßen, bei den sich der Einzelne engagieren kann, beispielsweise bei der Dämmung von Häusern.
In diese Richtung ziele ein gemeinsamer Antrag von Grünen und SPD, der die Förderung von Balkonphotovoltaikanlagen zum Ziel hat. Hiervon könnten sowohl Bürger als auch Natur profitieren, sah Rösch ein großes Potenzial mit geringem Aufwand.
Zustimmung fand gleichermaßen der Wirtschaftsplan der Eigenbetriebe, die gleichfalls einen nachhaltigen Effekt hätten.
CDU Reilingen zum Haushalt: Dorf attraktiv erhalten
Von einem „sinnlosen Krieg“ in Europa sprach Peter Kneis (CDU), der zugleich auf die steigenden Energiepreise verwies, von denen auch die Gemeinde betroffen sei. Der Haushalt schreibe rote Zahlen und diese Situation werde sich in der Zukunft noch verschlechtern. Dennoch, so der Christdemokrat, niemand werde den Kopf in den Sand stecken, es werde weiter investiert, um das Dorf attraktiv und liebenswert zu halten.
Es gelte, so Kneis, die Mittel zielgerichtet einzusetzen, sodass alle Altersgruppen profitieren. Bei der Gemeinschaftsschule stünden die letzten Aufgabe an, damit sei das Projekt fast geschultert. Eine der größten Aufgaben sei die Sanierung des Dorfgemeinschaftshauses, die mit rund 1,7 Millionen Euro veranschlagt und für die eine halbe Million Euro an Zuschüssen zu erwarten ist. Bei dem über 600 Jahre alten Gebäude müssten das Fachwerk, hölzerne Bauteile und das Dach saniert werden.
Die Investition in das neue Feuerwehrfahrzeug in Höhe von rund 450 000 Euro sah Kneis als Notwendigkeit und die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED-Lampen als Maßnahme zur Senkung der Energiekosten. Die Ausgaben für die Betreuung in den Schulen und Kindergärten sah Kneis ebenso als notwendig an.
Weitere Investitionen im siebenstelligen Bereich würden bei der Wasserversorgung anfallen und bei der Abwasserbeseitigung stehe die Sanierung des Hebewerks bevor.
Erfreut zeigte sich Kneis, dass in diesem Jahr der CDU-Antrag auf Beleuchtung des Radwegs nach Hockenheim Eingang in den Investitionsplan gefunden habe, und der alte Antrag auf Bau weiterer E-Ladesäulen und langsam abgearbeitet werde.
Grüne Reilingen zum Haushalt: Kreisverkehr umgestalten
Ob Corona-, Flüchtlingskrise oder Krise durch den Krieg in der Ukraine – der Begriff sei allgegenwärtig, doch falle dabei die Klimakrise unter den Tisch, stellte Lisa Dorn (Grüne) fest und betonte, dass nicht nur auf Bundes- und Landesebene mehr für den Klima- und Umweltschutz getan werde müssen, sondern auch vor Ort. Es müssten Maßnahmen ergriffen werden, den CO2-Ausstoß in der Gemeinde zu reduzieren.
Kleine Ansätze hierzu seien im Haushalt erkennbar, beispielsweise die Mittel für Photovoltaikanlagen auf öffentlichen Gebäuden. Doch müssten die Investitionen auch umgesetzt werden, mahnte Dorn. Die Förderung von privaten Photovoltaikanlagen könne ein bedeutender Schritt zur Generierung nachhaltiger Energien sein, weshalb die Grünen gemeinsam mit der SPD-Fraktion den Antrag auf Förderung von Balkonkraftwerken gestellt hätten.
Ein weiteres Anliegen ist Dorn die Umgestaltung des Kreisverkehres. Hier möchte sie weg von der Wechselflorbepflanzung, hin zu mehrjährigen Staudengewächsen. Dies spare Geld, schone die Ressource Wasser und sei insektenfreundlich.
Begrüßt wird von den Grünen die Förderung des ÖPNV, die jedoch nur Sinne mache, wenn die Strecken ausgebaut würden, beispielsweise in Richtung Bahnhof Walldorf. Auch das E-Carsharing-Angebot sei ein richtiger Schritt. Die Gemeinde lebe von aktiven Bürgern, begrüßte Dorn Investitionen in die Vereine und Begegnungsstätten, beispielsweise ins Dorfgemeinschaftshaus. Investitionen in die Feuerwehr seien auch ein Zeichen der Anerkennung des Einsatzes der Wehr. Keine Zustimmung von ihr fand die Versiegelung weiterer Flächen oder die Beleuchtung des Radweges in Richtung Hockenheim.
FDP Reilingen zum Haushalt: Tagespflege statt Burg
Peter Schell (FDP) kritisierte in seiner Stellungnahme zum Haushalt den Ansatz für die Schlossmühle, der Jahr um Jahr auftauche, jedoch nie realisiert werde. Hier fehlt ihm der Wille, weshalb er dazu aufforderte, Nägel mit Köpfen zu machen und das Gelände für eine „Tagespflege Reilingen“ zu nutzen. „Die Bevölkerung wird es uns danken“, ist der Liberale überzeugt. Wie er auch endlich Bewegung in das Thema „Interkommunales Gewerbegebiet“ bringen möchte – „packen wir‘s an“.
Nicht nur die Radwegbeleuchtung in Richtung Hockenheim wird im Rat kontrovers gesehen, auch die Photovoltaikanlagen für Balkone stoßen auf Ablehnung. Bürgermeister Weisbrod riet von Abstimmungen über die einzelnen Anträge ab. Das Geld für eine Umsetzung sei im Haushalt verfügbar, betonte er und möchte jeden Punkt einzeln in den Fachausschüssen beraten und im Rat abgestimmt sehen. Ein Ansinnen, dem der Rat geschlossen folgt und mit dem der Haushaltsplan einstimmig verabschiedet wurde.
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