Kommunalpolitik

Neuer Gemeinderat in Reilingen entscheidet über Erhöhung der Kindergartenbeiträge

Nach der Konstituierung muss sich das Gremium mit der bei allen Fraktionen unbeliebten Erhöhung der Kindergartenbeiträge befassen

Von 
Andreas Wühler
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Der neue Gemeinderat: Dr. Stefan Reschke (oben, v.l.), Klaus Schröder, Anna-Lena Becker, Afkan Atasoy, Eva Scarciglia, Melanie Rohr, Dieter Rösch, Michael Lauer (Mitte, v.l.), Heinrich Dorn, Peter Geng, Bürgermeister Stefan Weisbrod, Peter Schell, Jochen Lochner, Peter Künzler (unten, v. l.), Patricia Faber, Barbara Vogel, Anette Schweiger, Simon Schell und Karl Weibel. © Thomas Keller

Reilingen. Viel Zeit zum Eingewöhnen blieb den Neuen im Gemeinderat bei der konstituierenden Sitzung des Gremiums nicht, eher wurden sie gleich ins kalte Wasser geworfen – die Erhöhung der Kindergartenbeiträge stand auf der Tagesordnung der Sitzung am Montag. Ein angesichts der Reilinger Finanzlage unumgänglicher, dennoch vom Gemeinderat ungeliebter Schritt.

Doch bevor das Gremium zur Tagesordnung überging, musste es sich erst konstituieren, musste der Rat von Bürgermeister Stefan Weisbrod per Handschlag auf das Ehrenamt verpflichtet werden. Zuvor stand noch ein Abschied auf der Tagesordnung: Gemeinderätin Carolin Michl, die Anfang des Monats verhindert war, wurde aus den Diensten der Gemeinde entlassen.

Carolin Michl verabschiedet: Reilinger Gemeinderat verliert engagierte Stimme

Fünf Jahre habe sie dem Gemeinderat angehört, sprach Bürgermeister Weisbrod die Rätin der Grünen an und bekannte, sich noch nicht an ihren neuen Namen gewöhnt zu haben, bis vor ihrer kürzlich erfolgten Heirat hieß sie Carolin Hoffmann. Doch ungeachtet des Namenswechsels sei ihr eintreten für grüne Themen geblieben.

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Als sie 2019 für die Grünen in den Gemeinderat einzog, sei sie dessen jüngstes Mitglied gewesen, betont Weisbrod, der Michl bescheinigt, die „Stimme der Jugendlichkeit“ gewesen zu sein. Neben grünen und die Jugend betreffenden Themen habe sie sich immer für den bäuerlichen Berufsstand stark gemacht, erinnert sich Weisbord an zahlreiche Diskussionen, ging es beispielsweise um das Thema Landschaftsverbrauch.

Fraktionssprecher Simon Schell würdigte die Verdienste seiner scheidenden Fraktionskollegin, von der er als Nachrücker viel gelernt habe.

Verpflichtung der neuen Gemeinderatsmitglieder in Reilingen: Ein Drittel Frauenanteil

Anschließend leitete Weisbrod zur Verpflichtung des Rates über. Neben dessen fünf neuen Mitgliedern – Melanie Rohr, Eva Scarciglia (beide CDU, Michael Lauer (FW), Anna-Lena Becker (Grüne) und Jochen Lochner (Linke) – galt die Verpflichtung auch für die bisherigen Gemeinderäte, da diese nur für die Amtszeit, sprich fünf Jahre bis zum nächsten Wahlgang, gilt.

Der Bürgermeister nutzte die Gelegenheit, um festzustellen, dass es gegen die Wahl vonseiten des Landratsamtes keine Einwände gebe. „Die Wahl ist rechtskräftig“, zitierte Weisbrod aus einem entsprechenden Schreiben von Freitag, 12. Juli. Die Verzögerung war durch eine Änderung der Anzahl der Wähler erfolgt, dadurch musste das Ergebnis nochmals bekannt gegeben werden, samt der erneuten Widerspruchsfrist.

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Somit war der Weg frei für die Verpflichtung der 18 Männer und Frauen am Ratstisch. Wobei der Frauenanteil genau ein Drittel beträgt, allerdings mit einer wohl einzigartigen Konstellation: Die Fraktion der CDU ist fest in weiblicher Hand. Die beiden anderen Gemeinderätinnen werden von den Freien Wählern und den Grünen gestellt.

Einvernehmliche Besetzung der Ausschüsse: 13 Gremien neu besetzt

Dem neuen Rat gehören weiterhin fünf Fraktionen, FW, CDU, SPD, Grüne und FDP an, die Linke stellt mit Jochen Lochner nur einen Gemeinderat, weshalb ihm der Fraktionsstatus verwehrt bleibt. Dennoch wurde er bei der Besetzung der Ausschüsse gleichfalls berücksichtigt, wie sich die Fraktionen überhaupt untereinander auf die Besetzung der Ausschüsse verständigte, sodass am Montag das Einvernehmen über die neuen Ausschüsse und Verbände einvernehmlich und ohne geheime Wahl festgestellt werden konnte. Insgesamt, so Weisbrod, waren es 13 Gremien, die besetzt werden mussten. Hingegen wurde die Wahl der jeweiligen Fraktionssprecher vom Rat nur zur Kenntnis genommen. Sprecher der Fraktionen sind Patricia Faber (FW), Dieter Rösch (SPD) Barbara Vogel (CDU), Simon Schell (Grüne) und Dr. Stefan Reschke (FDP),

Peter Geng ist Stellvertreter des Reilinger Bürgermeisters Weisbrod

Einstimmig und einvernehmlich verlief auch die letzte Wahl, die der Bürgermeisterstellvertreter. Auch sie wurde per Akklamation vollzogen, ein Zeichen der Einigkeit am Ratstisch. Erster Bürgermeisterstellvertreter ist Peter Geng (FW), zweite Bürgermeisterstellvertreterin Barbara Vogel (CDU) und dritter Bürgermeisterstellvertreter ist Charly Weibel (SPD).

Reilinger Gemeinderat hebt Kindergartenbeiträge an

Kämmerer Christian Bickle zeichnet in seinem Bericht zum bisherigen Verlauf des Haushaltsjahres ein düsteres Bild: Geplant war das Zahlenwerk mit einem negativen ordentlichen Ergebnis von rund 1,66 Millionen Euro, nach den aktuellen Zahlen hat es sich um weitere 530 000 Euro verschlechtert, das Minus liegt nun bei rund 2,2 Millionen Euro.

Das Problem des Haushaltes sei nicht die Einnahmenseite – die Kommunen im Land könnten in diesem Jahr mit Steuermehrerträgen rechnen. Verursacht werde die Misere vielmehr von der Ausgabenseite – „von den seitens Bund und Land auf die Kommunen übertragenen Aufgaben“, stellte Bickle fest und hatte dabei insbesondere das Thema Kinderbetreuung im Blick.

Was Bürgermeister Weisbrod beim Thema Erhöhung der Kindergartenbeiträge verdeutlichte: Der Aufwand der Gemeinde habe sich in den vergangenen fünf Jahren verdoppelt, werde nun mit knapp vier Millionen Euro im Jahr veranschlagt.

Für das Jahr 2022 hatte Weisbrod konkrete Zahlen parat. Demnach lagen die Kosten pro Betreuungsplatz über alle Einrichtungen und Betreuungsformen bei rund 14 000 Euro. Dem stehen Einnahmen von rund 2500 Euro pro Betreuungsplatz gegenüber, was einer Kostendeckung von rund 17.8 Prozent entspreche. Vor diesem Hintergrund, so Weisbrod, sei die angedachte Erhöhung der Beiträge „selbstredend“.

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Weshalb die Verwaltung vorschlug, den Beitragsempfehlungen der Kirchen und der kommunalen Landesverbände zu folgen und die Kindergartengebühren im Kindergartenjahr 2024/25 sowie 2025/26 um jeweils 7,5 Prozent zu erhöhen. Beim Krippenbereich schert die Verwaltung aus der Empfehlung aus, hier fordert sie eine Steigerung um jeweils zehn Prozent in den beiden Kindergartenjahren, um eine Annäherung der Gebühren zu erreichen.

Diskussion um Erhöhung derbeiträge: Belastung für Familien

Sie sei froh, dass die Nachfrage in der Gemeinde nach Betreuungsplätzen gedeckt werden könne, dies sei gut für Familien, stellte Barbara Vogel für die CDU fest. Hingegen sei die Erhöhung der Beiträge angesichts der steigenden Ausgaben unumgänglich. Als Grund für die Schieflage nannte sie verschärfte Vorschriften, einen geänderten Personalschlüssel, Tarifsteigerungen, längere Öffnungszeiten oder kürzere Schließtage. Alles Maßnahmen, von denen die Kinder profitieren würden, die jedoch ihren Preis hätten, bei dem der Elternbeitrag nur einen kleinen Teil beisteuere. Vogel stimmte der Erhöhung um 7,5 Prozent im Kindergartenbereich zu, nicht jedoch der um zehn Prozent im Krippenbereich, hier solle man es bei 7,5 Prozent belassen, forderte sie.

Patricia Faber (FW) sprach von einer massiven Unterdeckung der Kosten, denen einen super Qualität der Betreuung gegenüberstehe. Auch sie wusste um die hohe Belastung der Familien, sah jedoch keinen anderen Weg, als der Empfehlung des Städtetags zu folgen. Wie Vogel schloss sie sich der Forderung nach 7,5 Prozent im Krippenbereich an. Simon Schell (Grüne) lobte die jährliche Debatte im Rat um die Erhöhung, man verstecke sich nicht hinter einem Automatismus. Die Erhöhung sei unumgänglich, da der „Haushalt schlicht nicht ausreichend Mittel bieten kann, um die Erhöhung auszusetzen“, betonte der Grüne und rief allen finanziell schwächer gestellten Familien und Alleinerziehenden zu, sich an den Kreis zu wenden, Stichwort „Übernahme von Beiträgen beziehungsweise Gebühren für Kindertageseinrichtungen“.

Die Gemeinde investiere viel Geld in Bildung und Betreuung, was einiges an Geld koste, stelle Schell fest und stimmte der Erhöhung zu. Wobei auch er 7,5 Prozent sowohl für Kiga als auch für Krippe forderte.

Betreuung sei eine Notwendigkeit, die auch Alleinerziehenden offen stehen müsse, so Dieter Rösch (SPD), der sich Schell anschloss. Ansonsten erinnerte er an die stete Forderung der SPD, dass Betreuung kostenfrei sein müsse. So belaste das große Angebot der Betreuung mit seinen Kosten den Haushalt und schränke diesen ein.

Keine Garantie für Stabilität: Zukünftige Beitragserhöhungen möglich

Die Tarifsteigerungen beim Betreuungspersonal bezeichnet Rösch als unabdingbar, wolle man die Attraktivität des Berufs steigern. Dennoch lehnte er einen Anstieg der Kindergartengebühren über dem des Lohnniveaus ab, wollte es gleichfalls, wie im Vorfeld mit der Union abgesprochen, bei den 7,5 Prozent belassen.

Jochen Lochner (Linke) sprach sich für ein einkommensabhängiges Beitragsmodell aus und lehnte die Erhöhung ab.

Dr. Stefan Reschke war gleichfalls für die Erhöhung, ein Nein könne sich die Gemeinde nicht leisten. Bei den Krippen nur um 7,5 statt um zehn Prozent zu erhöhen, bezeichnete er als Kosmetik und warnte vor einer Privatisierung der Betreuung.

Bei einer Neinstimme beschloss der Rat die Erhöhung der Elternbeiträge in den kommenden beiden Jahren um jeweils 7,5 Prozent, wobei Bürgermeister Stefan Weisbrod für das Kindergartenjahr 2025/26 keine Garantie abgeben wollte, ob es bei der Erhöhung bleibe.

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