Reilingen. „Kinder, wie die Zeit vergeht“, heißt es ja gerne mit einem leichten Bedauern in Richtung Vergangenheit. Wie schnell sie wirklich dahin rast, zeigt meist ein Blick ins Jahrbuch auf Bilder, die scheinbar kurz nach der Erfindung der Fotografie aufgenommen wurden. Aber nein, in diesem Fall handelt es sich um erst 25 Jahre alte Aufnahmen, also um Bilder um die Jahrhundertwende. Dennoch versprühen sie den Charme des Vergangenen.
Sanierung der Schule und Gemeindeentwicklung in Reilingen
Der Blick zielt ins Jahr 1999, in die Aufzeichnungen dessen, was im letzten Jahr des Jahrhunderts, ja des Jahrtausends, in der Gemeinde an Aufgaben anstand. Ein Lotse durch dieses Jahr ist uns Bürgermeister Walter Klein, der im Rückblick von einer „beachtlichen Gemeindeentwicklung“ spricht.
Eines der größten Projekte im Jahr 1999 war die Sanierung der Grund-, Haupt- und Realschule. Sie sollte, 35 Jahre nach ihrem Bau, umfassend überholt und mit einer Aluminiumfassade verschönert werden. Zugleich sollte das Raumangebot durch einen vollunterkellerten Neubau im Ostteil der Schule erweitert werden. Herzstück der Planungen sollte eine multifunktional nutzbare Aula sein, die heute vom Gemeinderat mit für seine Sitzungen benutzt wird. Zehn Millionen Mark waren für das Projekt veranschlagt.
Gut angelegtes Geld, wie sich bei der Erweiterung der Schiller-Schule im Zuge des Umbaus zur Gemeinschaftsschule zeigte – problemlos ließ sich der neue Baukörper andocken.
Schon vor einem Vierteljahrhundert lag der Gemeinde das Wohl ihrer Senioren am Herzen. Seit Mai 1999 wurde im Sanierungsabschnitt „Schulstraße“ ein schon seit 1997 geplanter Neubau betreuter Seniorenwohnungen realisiert. Unmittelbar neben der evangelischen Pfarrkirche entstand eine dreigeschossige Seniorenvilla mit 24 Ein- und Zwei-Zimmer-Wohnungen.
Impulse durch Ortskernsanierung: Bank- und Bürogebäude sowie Wohn- und Geschäftshaus
Schon damals war die Ortskernsanierung ein wichtiger Hebel zur Modernisierung der Ortsmitte. Mitte der 1990er Jahre waren vom Land bereits sechs Millionen Euro für das Projekt zur Verfügung gestellt – die Gemeinde beteiligte sich an den einzelnen Projekten hälftig – zahlreiche neue Impulse und eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen verbesserten seitdem die Lebensqualität der Bewohner – und noch ist kein Ende des Erfolgsmodells in Sicht.
In diesem Zusammenhang erwähnt Klein in seinem Rückblick „ein modernes Bank- und Bürogebäude“, das im Sanierungsbereich zwischen Kirchen- und Ziegelstraße fertiggestellt wurde. Ein Gebäude, in dem die Raiffeisenbank zu ihrem 100-jährigen Bestehen ein kundenorientiertes Dienstleistungscenter mit 300 Quadratmetern Nutzungsfläche eröffnete. Das bis dato von der Raiffeisen-Filiale genutzte Gebäude in der Hauptstraße 68 wurde abgerissen und machte Platz für ein Wohn- und Geschäftshaus. Mittlerweile sind 25 Jahre ins Land gegangen und aus der Raiffeisenbank wurde die VVR Bank Kur- und Rheinpfalz, doch ihren Sitz hat sie noch immer in der Gemeinde.
Um den schon vor einem Vierteljahrhundert bestehenden Bedarf von Wohnraum zu decken, wurden weitere Planungen in Gang gesetzt und zum Teil noch im vorigen Jahrhundert abgeschlossen, so im „Holzrott“. Seit dem Frühjahr hatte die KWG mit der Umlegung des Gebiets begonnen und bis zum Frühjahr 2000 waren 19 gewerblich nutzbare Grundstücke baureif. Für dieses Vorhaben musste der Zweckverband Wasserversorgung Südkreis Mannheim die Hauptwasserversorgungsleitung von Reilingen nach Hockenheim verlegen, die das künftige Gewerbegebiet durchschnitt.
Und auch vor 25 Jahren mahlten die Mühlen der Behörden schon langsam: „Das Amt für Flurbereinigung und Landentwicklung konnte nach 18 Jahren Verfahrensdauer im Frühjahr den Eintritt des neuen Rechtszustandes im Flurbereinigungsverfahren Altlußheim, Neulußheim, Reilingen verkünden“, stellt Klein in seinem Rückblick fest. Besitz und Verwaltung der neuen Grundstücke gingen zu Martini auf die neuen Eigentümer über.
Den Storch in Reilingen angesiedelt
Und auch diese Nachricht verblüfft aus heutiger Sicht: „Mit der im Frühjahr vollzogenen Anlage von Feuchtbiotopen wurde in den Kisselwiesen der Versuch unternommen, den Weißstorch in unserer Region wieder heimisch zu machen und zugleich neuen Lebensraum für eine Vielzahl anderer Tier- und Pflanzenarten zu schaffen.“ Denn mittlerweile ist Freund Adebar nicht nur in der Spargelgemeinde heimisch geworden, sondern wieder eine feste Größe in der Region, die im Frühjahr in großer Zahl ihren Einzug hält.
Nostalgisch lesen sich die Zeilen zum Computerzeitalter: „Ihr Dienstleistungsangebot hat die Gemeindeverwaltung weiter ausgebaut und sich dabei diverser Arbeitsprogramme bedient wie auch das Internetangebot erweitert. Der Medienoffensive des Landes angeschlossen hat sich die Schiller-Schule, die jetzt über einen Multi-Medien-PC verfügen kann und eine eigene Homepage kreiert hat.“ Erste Anfänge, mag man denken, angesichts der heutigen Ausstattung der Schulen mit Laptops und Wlan.
Nicht vergessen wird in den Aufzeichnungen Kleins das Goldene Buch, das mit Jahr 1999 von der Gemeinde angeschafft wurde. Und der Ersteintrag war keinem Geringeren vorbehalten als Finanzminister Gerhard Stratthaus, dem früheren Oberbürgermeister von Schwetzingen.
Jahresrückblick in Reilingen: Bürger ausgezeichnet
Von einem beachtlichen kulturellen und sportlichen Angebot ist in dem Jahresrückblick weiter die Rede. Besonders erwähnt werden die zweiten Reilinger Spargeltage, die deutschen Tauziehmeisterschaften, die baden-württembergische Meisterschaft der Zweispänner-Fahrer sowie der Badentreff der CVJM. Ein besonderes Naturschauspiel elektrisierte am 11. August 1999 die Massen, als sich der Mond um die Mittagszeit zwischen Sonne und Erde schob und damit ein Teil des Planeten vollständig im Schatten des Mondes lag.
Beim jährlichen Ehrungsabend wurden zum Ende des Jahrhunderts die Verdienste von Dr. Fritz Bornemann und Werner Eichhorn mit der Landesehrennadel gewürdigt. Eine nahezu 20 Jahre währende ehrenamtliche Tätigkeit als Gemeinderat war Anlass, die ausscheidenden Ratsmitglieder Käte Baumann und Klaus Langer mit der silbernen Ehrennadel des Gemeindetages auszuzeichnen. Die höchste Ehrung erfuhr der Allgemeinmediziner Prof. Dr. Georg Härter, dem das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen wurde. aw/jd
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