Im Interview

Andreas Kümmert in Schwetzingen: Musik, Inspiration und persönliche Einblicke

Andreas Kümmert gewährt Einblicke in seine Karriere, musikalische Inspiration und sein aktuelles Album. Er tritt bei "Sommer im Schloss" in Schwetzingen auf. In dem Interview teilt er seine Ansichten zur Musikindustrie und zur Verwendung künstlicher Intelligenz in der Musik. Außerdem spricht er über seine langfristigen Pläne als Künstler.

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Nicolai Lehnort
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Eins mit seiner Gitarre: Andreas Kümmert überzeugt auf der Bühne sowohl musikalisch als auch mit seiner charakteristischen Stimme. © Chris Weiß

Schwetzingen. Seit seinem Erfolg bei der Castingshow „The Voice of Germany“ ist Andreas Kümmert einem Millionenpublikum bekannt. Inzwischen schien es um den Mann mit dem markanten Bart und der orkanartigen Stimme ruhig geworden zu sein – obwohl er mit seiner Gitarre unentwegt durch das Land tourt. An diesem Donnerstag, 17. August, tritt der 37-Jährige bei „Sommer im Schloss“ in der Schlossgastronomie in Schwetzingen im „Theodors“ auf. Im Vorfeld spricht der Musiker im Interview mit dieser Zeitung über sein neues Album, er schaut auf seine wechselhafte Karriere zurück und verrät, was die Konzerte in Schwetzingen ausmachen. Außerdem erzählt Kümmert von einem Tennisspiel bei seinen Auftritten und gibt Einblicke in sein Seelenleben.

Herr Kümmert, wie geht’s Ihnen, was machen Sie gerade?

Andreas Kümmert: Wenn ich nicht auf der Bühne stehe oder schlafe, kümmere ich mich aktuell hauptsächlich um meine beiden kleinen Kinder. Für anderes bleibt da momentan nicht viel Zeit.

Zur Person

  • Andreas Kümmert wurde am 20. Juli 1986 in Lohr am Main geboren.
  • Der 37-Jährige ist Gitarrist und Songwriter in den Musikrichtungen Blues, Soul und Rock.
  • Sein musikalischer Durchbruch war der Gewinn der dritten Staffel vonThe Voice of Germany im Jahr 2013.
  • Trotz des Sieges beim Vorentscheid entschied Kümmert sich 2015 gegen ein Antreten beim Eurovision Song Contest.
  • Kümmert lebt mit seiner Lebensgefährtin und zwei Kindern in Gemünden am Main.

Sie sind letztes Jahr erstmals Vater geworden. Was hat sich dadurch verändert?

Kümmert: Ich bin innerhalb von einem Jahr gleich zweimal Vater geworden. Wir haben direkt nachgelegt. Mein Sohn ist 2022 gekommen und die Tochter in diesem Jahr. Das wirft natürlich alles durcheinander, aber auf eine sehr schöne Art und Weise. Man denkt als Musiker, dass man weiß, was Rock‘n’Roll und Stress ist, aber seit ich Vater bin, weiß ich, dass ich davor noch ein relativ leichtes Leben hatte.

Sie haben mit neun Jahren Schlagzeug gelernt und schon mit 13 Gitarre gespielt. Wie sind Sie zur Musik gekommen?

Kümmert: Ich bin schon im frühesten Kindesalter durch die Plattensammlung meines Vaters mit Musik in Kontakt gekommen. Mit neun Jahren habe ich so lange genervt, bis ich Schlagzeugunterricht bekommen habe, auf einem Schlagzeug vom Sperrmüll war das. Ich habe früh gemerkt, dass das das ist, was ich machen möchte. Mein Vater hat selbst semiprofessionell Musik gemacht und als Trompeter in verschiedenen Konstellationen gespielt, ganz klassisch in der Blaskapelle, aber auch in Richtung Blues und Jazz. Den Blues habe ich ganz explizit von ihm. Er hatte sehr viele Blues-Platten und ich habe mich mit der Gitarre in den Keller gesetzt und dort Sachen herausgehört.

Was inspiriert Sie bei Ihrer Musik?

Kümmert: Ich höre breitgefächert Musik und habe schon viel Verschiedenes gehört. In Sachen Melodien kann man das Rad nicht immer neu erfinden, da schnappt man das eine oder andere auf. Textlich befasse ich mich mit den Thematiken, die mich umgeben: zwischenmenschliche Beziehungen zum Beispiel. Ich kann nur subjektiv schreiben, was ich empfinde, was ich wahrnehme in der Welt, durchaus auch mal gesellschaftskritisch. Das schreibe ich nieder und baue Texte daraus.

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Auf Reisen, nachts im Bett oder auf einer idyllischen Parkbank: Wo fallen Ihnen die besten Texte ein?

Kümmert: Mir fallen Texte oft direkt nach dem Aufstehen oder spät nachts ein. Ich habe tatsächlich noch ein altes schwarzes Notizbuch, so wie man es von früher kennt. Ich habe aber auch, der aktuellen Zeit angepasst, ein Smartphone, in das ich die Texte eintippe.

Sie haben im April das Album „Working Class Hero“ herausgebracht. Worum geht es auf der Platte?

Kümmert: Das Album ist während der Pandemie entstanden. Das war ja eine sehr zermürbende Zeit. Man konnte betrachten, wie die Gesellschaft förmlich gespalten wurde, weil jeder seine Meinung hatte. Wenn die nicht dem Narrativ entsprach, wurde man gleich in eine Ecke gedrängt. Das Album ist im Großen und Ganzen das rockigste bis jetzt. Das liegt daran, dass es unser Gitarrist Stefan Kahne produziert hat. Und erstmals seit Jahren habe ich mit Stefan und dem Schlagzeuger Michael Germer die Texte geschrieben. Wir haben das alles bei unserem Gitarristen Stefan Kahne im Studio aufgenommen. Wir haben uns einmal die Woche getroffen, haben gejammt und die Lieder aufgenommen. Inhaltlich ist es ein relativ gesellschaftskritisches und wütendes Album. Es befasst sich - wie viele andere meiner Songs - auch mit meinen inneren Dämonen.

Wie zufrieden sind Sie mit dem Album?

Kümmert: Ich finde es immer schwer, über die eigene Kunst zu sprechen, weil das Ziel des Ganzen ja ist, dass jeder für sich das herauszieht, was er braucht. Man interpretiert Texte ja oft anders als der Autor sie gemeint hat. Ich bin zufrieden. Ich bin aber niemand, der sich das eigene Album anhört. Sobald das Projekt abgeschlossen ist, höre ich es höchstens noch mal an, wenn wir auf Tour gehen und ich mich vorbereite.

Die Grafik auf dem Albumcover stammt von Brian Cannon, einem britischen Designer, der unter anderem für Oasis gearbeitet hat. Wie ist diese Zusammenarbeit zustande gekommen und welche Bedeutung hat das für Sie?

Kümmert: Mein Manager ist ein sehr guter Netzwerker und macht seinen Job super. Er hat dort einfach angefragt, sie sind ins Gespräch gekommen, haben telefoniert und Herr Cannon hat sich dafür entschieden, das zu machen. Also ganz klassisch. Ich bin großer Oasis-Fan und Brian Cannon hat mehrere Cover-Artworks für Oasis gemacht, unter anderem für das Album „Definitely Maybe“, das ist ein Meilenstein der Rock’n’Roll-Geschichte der Neunziger.

Die Zunge der Rolling Stones haben Sie auf dem Arm tätowiert, auf Ihrer Gitarre sind unter anderem Aufkleber von den Beatles und The Who zu finden: Warum sind das Ihre musikalischen Vorbilder?

Kümmert: Man sagt ja, dass der Rock’n’Roll vom Blues kommt und aus den Staaten. Für mich waren die Künstler aus Großbritannien aber interessanter, sowas wie Black Sabbath und Led Zeppelin. Ihr Stil hat mich einfach immer mehr angesprochen.

Gibt es eine Band, von der Sie sich niemals ein Tattoo stechen lassen würden?

Kümmert: Tokio Hotel.

2013 haben Sie bei „The Voice of Germany“ gewonnen. Wie schauen Sie zehn Jahre später darauf zurück?

Kümmert: Ich schaue die Show nicht mehr, aber das war damals der Wendepunkt in meiner Karriere. Ich habe das schon davor zehn Jahre hauptberuflich gemacht und bin durch Irish Pubs und kleine Clubs in Deutschland, der Schweiz, Österreich und Holland getingelt. Davon habe ich gelebt. Der Sieg dort war dann das Sprungbrett, um das Ganze auf das nächste Level zu bringen. Die Show ist im Vergleich zu anderen ehrlich und dort konzentriert man sich einfach auf die Musik und nicht das Drumherum. Wie es heute ist, weiß ich gar nicht, weil ich kein Fernsehen schaue. Aber jedem, der weiß, was er möchte, kann ich raten, sich dort zu bewerben. Das ist eine der wenigen gut aufgestellten Musikshows in Deutschland und eine gute Möglichkeit, um Fuß zu fassen. Ansonsten gibt es ja DSDS (Deutschland sucht den Superstar), aber das ist fast schon eine Doku-Soap. Mir persönlich hat „The Voice“ sehr viel gebracht. Natürlich gibt es da auch Reibereien mit den Kandidaten, aber wenn man sich da raushält, ist es nicht so schlimm. Die Leute, die dort arbeiten, machen ihren Job gut, die sind nett. Und die Band ist der Hammer, weil das ist ja alles live, also es kommt nichts vom Band.

Damit liegt auch Ihr Durchbruch in der Musikwelt zehn Jahre zurück. Wie zufrieden sind Sie mit dem Verlauf Ihrer Karriere?

Kümmert: Eine Karriere ist ein stetiges Auf und Ab und wenn man mal nicht präsent ist, ist das für die Konsumenten, glaube ich, schwer auszumachen, ob die Person überhaupt noch Musik macht. In meinem Fall bekommen zum Beispiel ganz viele Leute gar nicht mit, dass wir permanent unterwegs sind und live spielen. Die schreiben dann auf Instagram: ‚Schade, dass der nicht mehr live spielt.’ Um überhaupt medial stattzufinden, muss man immer mit den Medien in Verbindung sein: immer etwas Neues herausbringen, immer daran arbeiten. Und weil das nicht immer stattfindet, ist es ein Auf und Ab.

Befinden Sie sich aktuell in einem Hoch oder Tief?

Kümmert: Aktuell haben wir einen kleinen Erfolg. Wir haben mit dem DJ-Duo Charming Horses eine Single herausgebracht, das ist ein Remix der Single „Heart of Stone“. Der ist oder war ganz erfolgreich. Es ist ein schweres Geschäft und man muss stetig daran arbeiten, dass es läuft.

Haben Sie rückblickend genug investiert, um möglichst viele Hochs zu erleben?

Kümmert: Was den Vorentscheid beim Eurovision Song Contest von 2015 angeht, kann ich sagen: Zu dem Zeitpunkt ging es nicht, weil ich gesundheitliche Probleme hatte. Bei mir wurde damals eine Depression und Angststörung diagnostiziert und ich war zwei Jahre lang in Therapie. Aktuell würde ich sagen, dass ich so gut wie alles dafür tue.

Was waren die Höhepunkte Ihrer Laufbahn?

Kümmert: Das war die Zusammenarbeit mit verschiedenen tollen Künstlern. Für Eric Burdon von den Animals zum Beispiel haben wir eröffnet, mit Bobby Kimball von Toto habe ich gearbeitet.

Sie sind schon mehrfach in Schwetzingen aufgetreten. Was macht die Konzerte hier besonders?

Kümmert: Einen persönlichen Bezug habe ich nicht, weil ich am selben Tag anreise und auch wieder nach Hause fahre, deshalb sehen wir selten etwas von den Orten an sich. Aber wir waren in der Wollfabrik und schon einmal im Schloss und dort waren die Leute auf jeden Fall toll. Das Feedback der Besucher hat uns gezeigt, dass sie Spaß hatten und das ist das Wichtigste: dass die Leute zufrieden sind.

Was können die Besucher dieses Mal von Ihrem Auftritt erwarten?

Kümmert: Wir spielen einige Sachen vom aktuellen Album, aber auch mehrere Stücke von älteren Alben und das eine oder andere Cover. Ich setze bei meinen Auftritten auf Authentizität und verbiege mich nicht auf der Bühne. Ich versuche, loszulassen und wenn das gelingt und der Funke überspringt, dann wird es ein schöner Abend.

Was macht Ihre Authentizität aus?

Kümmert: Ich bin nicht der klassische Showman und renne nicht wie ein Animateur über die Bühne und stachle alle an. Ich bin einfach ich selbst auf der Bühne. Wenn die Leute gut drauf sind, was in Schwetzingen bis jetzt immer der Fall war, dann fällt es leicht, loszulassen. Dann gibt es ein Geben und Nehmen und eine Art Tennisspiel zwischen Publikum und Band: Man gibt Energie frei und sie kommt wieder zurück.

Das Musikbusiness wird vom Streaming dominiert, Plattenverkaufszahlen gehen seit Jahren zurück. Wie schwer ist das Dasein als Musiker in diesen Zeiten?

Kümmert: In unserer Größenordnung lebt man hauptsächlich vom Live-Business. Wenn man aber riesengroß ist, wie zum Beispiel Billie Eilish, dann rentiert sich das auch beim Streaming. Aber bei so kleineren Künstlern wie uns glaube ich nicht, dass wir davon viel haben. Das ist natürlich schade, aber das ist eben der Zahn der Zeit, der am Musikbusiness nagt.

Wie schätzen Sie diese Entwicklung ein?

Kümmert: Was soll man dagegen machen? Ich bin froh, dass ich noch anders aufgewachsen bin: mit Kassetten, CDs und Platten, die ich bei meinem Vater hören könnten. Ich glaube, wenn man sich damals eine CD gekauft hat, dann hat man sich viel intensiver mit dem Ganzen beschäftigt. Heute als junger Mensch hört man, glaube ich, keine Alben mehr. Man hört einzelne Songs und stellt sich seine Playlist zusammen.

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Musik kann inzwischen mit der Unterstützung von künstlicher Intelligenz (KI) entstehen. Wie stehen Sie dazu?

Kümmert: Ich habe mir ein paar Videos angeschaut, in denen neue Beatles Songs durch die KI entstanden sind. Aber ich glaube nicht, dass das den Menschen ersetzen kann. Davor haben ja viele Angst. Es ist eine schöne Spielerei. Wenn man Musik hört, die organisch ist, dann hört man das auch, dass die von der KI kreiert wurde. Natürlich entwickelt sich das immer weiter. Auf eine Art und Weise ist das ja auch schön, dass sich die Technologie so weiterentwickelt. Ich glaube nicht, dass ich das mal nutzen werde.

Wie sind Ihre Pläne als Künstler auf lange Sicht?

Kümmert: Mir ist es wichtig, dass wir live spielen können, dass wir Menschen erreichen mit unserer Musik und im besten Fall auch berühren. Das ist ein Standard, den ich halten möchte und wenn es so weitergeht, bin ich zufrieden. Man wünscht sich natürlich größer zu werden, vielleicht passiert das auch, aber dafür müssen sehr viele Komponenten zusammenspielen.

Info: Andreas Kümmert bei „Sommer im Schloss“ am Donnerstag, 17. August, 20 Uhr, Einlass ab 18 Uhr. Karten gibt es unter www.sommer-im-schloss.de ab 30 Euro (Stehplatz Open Air) oder an der Abendkasse ab 18 Uhr. Reservierungen mit Essen unter info@schlossrestaurant-schwetzingen.de

Volontariat Nicolai Lehnort ist seit Juli 2023 Volontär.

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