Maßnahmen

Energie sparen in Schwetzingen: Keine deutlichen Einsparungen

Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine – Putin dreht das Gas ab, die Sanktionen gegen ihn treten in Kraft. Kommunen sind dazu angehalten, Energie zu sparen. Wir haben nachgefragt, ob es in Schwetzingen geklappt hat.

Von 
Stefan Kern
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Das Lehrschwimmbecken in der Schwetzinger Nordstadthalle. Eines der näher betrachteten Energieeinsparpotenziale in Zeiten der Gasknappheit in der Stadt. © Lenhardt

Schwetzingen. Gedanklich geht es ein Jahr zurück. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine ist noch kein halbes Jahr alt. Und auch wenn Deutschland nicht direkt von diesem Krieg betroffen war, zeichneten sich doch indirekte Kollateralschäden in Gestalt abnehmender Gasimporte ab. Vor dem Ukraine-Krieg stammten rund 50 Prozent des von Deutschland importierten Erdgases aus Russland. Ende Juni 2022 belief sich diese Quote laut dem „Dritten Fortschrittsbericht Energiesicherheit“ auf noch 26 Prozent und es zeichnete sich ab, dass die Gasimporte auf nahezu Null sinken werden.

Sparen, wo es nur geht – das erschien in dieser Situation absolut vernünftig. Auch das Absenken der Temperaturen in Räumen und des warmen Wassers in Hallenbädern. Im Lehrschwimmbecken in der Nordstadthalle wurde die Wassertemperatur von 28 um ein Grad auf 27 Grad und die Raumtemperatur ebenfalls um ein Grad von 31 auf 30 Grad reduziert. Nun zeichnet sich ab, dass diese Einsparbemühungen gar nicht den erwünschten Effekt hatten. Die Zahlen der Verwaltung rund um die Einsparbemühungen sind jedenfalls nicht wie erhofft.

Komplexe Faktoren erschweren Interpretation des Energieverbrauchs in Schwetzinger Schwimmhalle

Das Bild, das sich aus den Zahlen ergibt, so die städtische Klimaschutzmanagerin Dagny Pfeiffer, sei kompliziert. Enorm viele Faktoren spielten eine Rolle, die eine einfache und schlüssige Interpretation sehr schwer machten. So sei der Winter 2021/22 in Teilen noch von Corona-Folgen beherrscht gewesen, was im Lehrschwimmbecken in der Nordstadthalle zu einem Minus von Trainingseinheiten führte, was natürlich auch bewirkte, dass weniger oft heiß geduscht wurde.

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Auch Witterungsfaktoren könnten eine Rolle gespielt haben. Wie auch immer, die nackten Zahlen sind ernüchternd. Im Oktober 2021 brauchten Sporthalle und Lehrschwimmbecken Fernwärmeenergie von knapp 48 900 Kilowattstunden (kWh). Ein Jahr später im gleichen Monat sind es fast 60 300 kWh. Im November 2021 waren es 79 900 kWh und im November 2022 sogar knapp 85 500 kWh.

Auch im Dezember und Januar 2023 stieg der Verbrauch im Vergleich zu den Vormonaten ordentlich. Ein anderes Bild liefern die Monate Februar, März und April. Im Februar 2022 wurden rund 99 100 kWh verbraucht und im gleichen Monat 2023 waren es 66 600 kWh. Vom März 2022 an sank der Fernwärmeenergieverbrauch von 84 500 auf 64 500 kWh. Und von April 2022 mit 61 600 kWh sank der Verbrauch im April 2023 auf 57 700. So wirklich einen Reim machen könne man sich auf diese Zahlen aber noch nicht. Unterm Strich stehe aber ein Plus.

Zustand der Schwetzinger Gebäude ist ein Grund

Eine mögliche Ursache könnte, so vermutet Dagny Pfeifer im Gespräch mit der Schwetzinger Zeitung, auch der jeweilige energetische Zustand der Gebäude sein. Darauf weisen zumindest die Verbräuche beim in den Jahren 2015 und 2016 umfassend energetisch sanierten Hebel-Gymnasium inklusive Mensa hin. Im November 2021 wurde hier nämlich ein Fernwärmeenergieverbrauch von 161 600 kWh registriert. Im November 2022 waren es noch 109 700. Und dieses Minus zeigt sich für alle Monate bis April. Für den April-Vergleich fiel das Minus übrigens am geringsten aus. Im April 2022 verbrauchte das Hebel-Ensemble 108 300 kWh und im April 2023 waren es 99 800. Ein Minus von lediglich 8500 kWh.

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Sicher scheint, dass der energetische Gebäudezustand einen Unterschied macht. Und trotz der in Teilen schwierigen Zahlen darf auch als gesichert gelten, dass sparsamerer Verbrauch grundsätzlich Ressourcenschonender ist. Alles andere würde ja auch der Physik widersprechen. Nur gehörten in die Gleichung noch viele andere Faktoren, die die Rechnung und damit die Bilanz eben kompliziert machten.

Sparen lohnt sich trotz Unannehmlichkeiten: Kompromiss bei Temperaturabsenkung

Gefährlich sei laut Dagny Pfeiffer aber der Schluss, dass sich sparen nicht lohne. Auch wenn dieses Sparen Unannehmlichkeiten mit sich bringe. Ein Grad kälteres Wasser ist kälter und für den Körper fühlt es sich auch kälter an. Denn Wasser ist dichter als Luft und der Körper braucht mehr Energie für den Temperaturausgleich an der Wasser-Körper-Grenze.

Das heißt, der Körper verliert schneller Wärme. Es bedeutet aber nicht per se, wie es von einzelnen Bürgern kolportiert wird, dass eine Absenkung der Temperatur unzumutbar sei. Im Gegenteil, für Pfeiffer und die Leiterin des OB-Referats Andrea Baisch ist es eine klassische Güterabwägung im Geflecht der Belange. Und diese Abwägung ende vernünftigerweise stets mit einem Kompromiss, in dessen Natur es liege, dass keine Seite alles bekomme.

Im Kontext der Umbrüche rund um Klimawandel und Ukraine-Krieg gilt für sie – frei nach dem Buch „Der Leopard“ des italienischen Schriftstellers Giuseppe Tomasi di Lampedusa – es muss sich fast alles ändern, damit es einigermaßen so bleibt, wie es ist.

Das um ein Grad kältere Wasser dürfte dabei übrigens klar in die erträglichere Kategorie gehören.

Freier Autor Stefan Kern ist ein freier Mitarbeiter der Schwetzinger Zeitung.

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