Schwetzingen/Neulußheim/Speyer. Die Pandemie und die mit ihr einhergehenden gesetzlichen Verordnungen hat weitere Folgen: Das Amtsgericht Schwetzingen verurteilte einen 56-jährigen Unternehmer aus Speyer zu einem Bußgeld von insgesamt 30 000 Euro wegen des Besitzes von gefälschten Impfausweisen. Der aufmerksamen Mitarbeiterin einer Apotheke ist es zu verdanken, dass etliche gefälschte Impfausweise beziehungsweise Impfzertifikate zu Beginn des vergangenen Jahres aus dem Verkehr gezogen werden konnten.
Ausgangspunkt war eine Situation Anfang Dezember 2021 in einer Neulußheimer Apotheke: Der Angeklagte sei um die Mittagszeit in die Apotheke gekommen, habe drei Impfausweise, für sich, seine Frau und sein Kind, vorgelegt, um hierfür die entsprechenden digitalen Impfzertifikate zu erhalten. Die Mitarbeiterin habe sie sich den Personalausweis zeigen lassen und die Daten mit denen des Impfausweises verglichen. Schließlich habe sie den Kunden kurz um Abnahme der Maske gebeten, um die Übereinstimmung mit dem Lichtbild vorzunehmen. Personal- sowie den Impfausweis habe sie wieder zurückgegeben, allerdings den Impfausweis kopiert.
Amtsgericht Schwetzingen: Falsche Daten auf Impfausweisen
Wie sie weiter schilderte, sei die Sache für sie zunächst nichts Besonderes gewesen. Dies sei in diesen Tagen häufig vorgekommen. Allerdings seien ihr beim genauen Hinsehen Bedenken gekommen. Gerade beim Vergleich der Chargennummern mit den Impfdaten hätten sich bei ihr Zweifel eingestellt, worauf sie ihre Chefin hinzugezogen habe.
Dies bestätigte auch die Apothekerin in ihrer Aussage. Sie schilderte weiter, diverse Nachforschungen angestellt zu haben. So habe sie im betreffenden Impfzentrum in Offenbach, aber auch beim angeblichen Impfarzt hinsichtlich ihrer Zweifel an den vorliegenden Impfdaten nachgefragt. Im Ergebnis hat sich dies bestätigt: Die verwendeten Daten waren falsch.
Im Anschluss wurden drei in die Ermittlungen eingebundene Kriminalbeamte gehört. Danach sei der Ermittlungsvorgang über den Polizeiposten Neulußheim zur Kripo gekommen. Bereits Anfang letzten Jahres habe man die Wohnung des Angeklagten in Speyer durchsucht und insgesamt 17 gefälschte Dokumente, auch in digitaler Form, gefunden. Interessanterweise befanden sich darunter die eigenen sowie ein serbisches Impfbuch. Schließlich, so eine Kriminalbeamtin, haben die Ermittlungen ergeben, dass die Impfungen beim Angeklagten und seiner Angehörigen nicht erfolgt seien. Allerdings konnte auch festgestellt werden, dass die in Neulußheim vorgelegten Impfausweise bei einer Apotheke in Frankfurt akzeptiert und dort digitale Zertifikate ausgestellt wurden.
Amtsgericht Schwetzingen: Fragwürdiges Alibi
Im Anschluss wurde noch zwei, im Nachhinein von der Verteidigung benannten Zeugen vernommen. Hintergrund war, dass diese bestätigen sollten, dass sich der Angeklagte mit ihnen um die Mittagszeit in Frankfurt getroffen hätte und somit nicht in der Neulußheimer Apotheke gewesen sein könnte. Damit hätte der Angeklagte ein Alibi für das Geschehen in Neulußheim gehabt.
Beide Zeugen bestätigten ein Treffen um die Mittagszeit in Frankfurt. Einer der beiden hatte das Treffen sogar noch in seinem Notizbuch vermerkt. Akribisch und durch hartnäckiges Nachfragen der vorsitzenden Richterin Neuschl brachte diese jedoch auch zum Vorschein, dass die Zeugen wenig detaillierte und fundierte Ausführungen über den tatsächlichen Zeitraum des Treffens machen konnten. Während die Vorsitzende den Eintrag im Notizbuch offensichtlich nicht in Frage zu stellen schien, fokussierte sie ihr Nachhaken auf den Punkt: Fand das Treffen, wie vermerkt, tatsächlich zwischen 12 und 14 Uhr statt? Eine eindeutige Antwort darauf konnten beide nicht geben.
Amtsgericht Schwetzingen: Verteidiger fordert Freispruch
In ihrem Plädoyer stellte die Staatsanwältin fest, dass die Anklage vollumfänglich bestätigt wurde und verwies auf die Aussagen von Apothekerin beziehungsweise deren Mitarbeiterin sowie dem Ermittlungsergebnis der Kriminalpolizei. Bei den Zeugen der Verteidigung erkannte sie dagegen Erinnerungslücken. Mit Blick auf hohe kriminelle Energie des Angeklagten forderte sie eine Geldstrafe von 240 Tagessätzen. Beim Tagessatz hielt sie 150 Euro für angemessen.
Dem widersprach der Verteidiger in allen Punkten. Er sah den Nachweis, dass sein Mandant die Impfausweise gefälscht hätte, als nicht erwiesen. Des Weiteren hätten die benannten Zeugen das Treffen in Frankfurt bestätigt und somit den Vorwurf entkräftet, dass sein Mandant die Ausweise in Neulußheim vorgelegt habe. Er forderte daher, den Angeklagten freizusprechen.
Das Urteil der Vorsitzenden lautete schließlich 200 Tagessätze à 150 Euro. In ihrer Begründung führte sie aus, dass der Ausweis des Angeklagten und sein Impfbuch eindeutig zu ihm führten. „Wem gibt man schon seinen Ausweis?“, so Richterin Neuschl. Die beiden Alibizeugen habe der Angeklagte Unternehmer zudem durch seine persönliche Kontaktaufnahme „selbst verbrannt“. Konkrete Erinnerungen konnte sie bei beiden auch nicht feststellen.
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