Schwetzingen. Beim Klärwerk des Zweckverbandes Bezirk Schwetzingen, das die Abwässer von Oftersheim, Plankstadt, Ketsch, Brühl und der Stadt Schwetzingen aufnimmt, sind auch dieses Jahr einige größere Investitionen notwendig. Wir haben uns mal wieder auf dem Areal auf Ketscher Gemarkung bei einem Rundgang mit Zweckverband-Geschäftsführer Matthias Steffan, Heike Notheisen von der Bauverwaltung in Ketsch und Betriebsleiter Thomas Grabbe umgeschaut.
Modernisierung der Abluftanlage: Notwendige Investitionen für Betriebssicherheit
Die Verbandsversammlung hatte in ihrer Sitzung im Mai beschlossen, die Abluftbehandlungsanlage der Rechen- und Sandfanggebäude sowie der Schlammbehandlung zu erneuern. Die Arbeiten sind bereits im Masterplan von 2015 als notwendige Instandhaltungsmaßnahme aufgeführt. Ein Ingenieurbüro hat eine detaillierte Entwurfsplanung inklusive einer Kostenberechnung vorgelegt.
Die Anlage des Rechen- und Sandfanggebäudes ist für 20 000 Kubikmeter Abluft ausgelegt, die des Gebäudes für die Schlammentwässerung für 5000 Kubikmeter Abluft. Das Klärwerk hat keine Dieselbevorratung. Für die Betriebssicherheit sollen 6000 Liter Kraftstoff für etwa drei Tage vorgehalten werden.
Klärwerk Bezirk Schwetzingen: Sanierung der Eindicker – Kosten und Zeitplan im Fokus
Im Wäschereigebäude wird Raum frei, der zum Diesellager umfunktioniert werden soll. Dafür muss ein neues Lager für Reinigungschemikalien her. Außerdem muss die Haustechnik im Wäschereigebäude ertüchtigt werden. Die Erneuerung der Abluftanlage einschließlich der zusätzlichen Maßnahmen kostet rund 1,53 Millionen Euro, rechnet Grabbe vor. Im aktuellen Haushalt sind nur 800 000 Euro vorhanden, der Rest wird per Nachtragshaushalt berücksichtigt. Die Planungen laufen, die Vergabe erfolgt in der Verbandsversammlung im November, die Maßnahme ist für nächstes Frühjahr projektiert, so der Betriebsleiter.
Die Sanierung der drei sogenannten Eindicker kostet weitere 2,8 Millionen Euro. Die bereits in den aktuellen Haushalt eingestellten 450 000 Euro bezogen sich nur auf den maschinentechnischen Austausch der drei Krählwerke. Zur Vermeidung von Zeitverzögerungen durch etwaige Lieferkettenprobleme und Kostensteigerungen bei der Materialbeschaffung waren die Krählwerke bereits vorab bestellt worden.
Energieautarkie durch Photovoltaik: Neue Wege für nachhaltigen Strombezug
Die gesamten Projektkosten umfassen drei Eindicker-Krählwerke einschließlich Überfallwehre, Fracht, Montage, Planung und Statik. Die Ausschreibung geht jetzt raus, im November soll die Vergabe erfolgen. Ein Behälter nach dem anderen werde dann saniert, sagt Grabbe.
Die Verbandskläranlage hat hohe Stromkosten. Insbesondere durch den Krieg in der Ukraine sind die Energiepreise stark gestiegen. Der Zweckverband muss die benötigten Strommengen direkt am Spotmarkt einkaufen. Das Klärwerk holt Strom teils aus dem Blockheizkraftwerk und teils aus dem Netz. Jetzt soll Strom für die Eigenversorgung produziert werden, erläutert Geschäftsführer Matthias Steffan. Photovoltaik soll die Energie-Autarkie der Kläranlage optimieren.
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Ein Ingenieurbüro hatte dazu verschiedene Möglichkeiten zum Bedarf berechnet. Betriebsleiter Thomas Grabbe und sein Stellvertreter Ralf Weber hatten sich in Chur in der Schweiz die Möglichkeit eines faltbaren Solardachs über den Becken angeschaut. Dadurch würden keine extra Flächen verbraucht, die die Kläranlage ohnehin nicht hat. Das Investitionsvolumen hätte sich auf rund 4,5 Millionen Euro belaufen.
Klärwerk Bezirk Schwetzingen: Ackergelände gekauft
Jetzt gibt es eine günstigere Lösung. Der Zweckverband hat ein Ackergelände nördlich der Kläranlage gekauft. Das 6000 Quadratmeter große Grundstück soll zu einem Drittel für Photovoltaikmodule genutzt werden. Vorher werden aber die Dachflächen des Betriebsgebäudes, der Schlammentwässerung sowie des Rechenhaus- und Sandfangkomplexes für den Ausbau der erneuerbaren Energiegewinnung genutzt.
Der Ankauf des Grundstücks sei eine notwendige Vorsorgemaßnahme, führt Steffan aus. Um die Investitionskosten verträglicher zu gestalten, war bereits mit der Bürgerenergiegenossenschaft Kurpfalz Kontakt ausgenommen worden. Das Interesse an diesen Photovoltaikanlagen ist da. Das würde rund 800 000 Euro Investitionskosten für die Errichtung vermeiden, „bei gleichzeitiger Einbindung der Bürgerinnen und Bürger der Verbandsgemeinden an der Energiewende“, heißt es im Beschlussvorschlag des Zweckverbandes.
Die Anlage auf den Dachflächen wird etwa 212 Kilowatt Peak leisten, das entspricht rund 195 000 Kilowattstunden Strom pro Jahr. Die elektrische Anbindung über bestehende Gebäude ist möglich. Eine Baugenehmigung ist nicht erforderlich. Die Leistung auf einem Teil der Freifläche, der Zweckverband hat dann noch Reservefläche für die Erweiterung der Kläranlage zur Verfügung, kommt auf 300 Kilowatt Peak, die Gesamtstromerzeugung beträgt rund 294 000 Kilowattstunden pro Jahr. Die Anbindung vom Nachbargrundstück ist über Niederspannungskabel möglich.
Klärwerk Schwetzingen auf dem Weg zur klimaneutralen Stromversorgung
Die zu erwartende Gesamtstromerzeugung beträgt etwa ein Drittel des derzeitigen Netzstrombezugs und wäre nahezu vollständig im Tagesbedarf verwertbar. Damit wäre die Verbandskläranlage im Strombezug klimaneutral. Der Überschuss geht in das Netz des Betreibers. Falls weitere Photovoltaikanlagen vorgesehen sein sollten, können die beiden Belebungsbecken immer noch mit Solarfaltdächern überbaut werden. Erst werden die Dachflächen mit Modulen belegt, dann kommt der neue Außenbereich dran, teilt Steffan mit.
Der 1969 gegründete Zweckverband nahm 1977 die Abwasserreinigung und 1978 die thermische Schlammbehandlung in Betrieb. Ab 1999 lief die Umsetzung der dritten Reinigungsstufe mit dem Umbau zur weiterführenden Stickstoff-Elimination und biologischen Phosphor-Elimination. 2010 wurde die Teilsanierung der Sand- und Fettfangbecken in Angriff genommen, 2014 die Sanierung der Faulturmköpfe und des Treppenturms. 2016 folgte die Einweihung des neuen Blockheizkraftwerks.
2017 wurde die Sanierung der Rechenanlage fertiggestellt. Im Jahr 2021 lief die Sanierung der Beckenstraßen und der beiden Nachklärbecken. Das Abwasser durchläuft gemäß den gesetzlichen Vorgaben einen Reinigungsprozess. Es ist jedoch kein Trinkwasser, aber von so guter Qualität, dass es von der Umwelt bedenkenlos aufgenommen werden kann. Über den Auslauf der Kläranlage in den Althrein wird es wieder ein Teil des natürlichen Wasserkreislaufs.
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