Im Interview

Kreistag des Rhein-Neckar-Kreises: Drei Politiker sind seit 25 Jahren dabei

Chefredakteur Jürgen Gruler im Gespräch mit drei Kreisräten, die sich seit 25 Jahren im Gremium engagieren: Jutta Schuster (CDU), Dr. Ralf Göck (SPD) und Adolf Härdle (Grüne) erzählen über ihre Tätigkeit.

Von 
Jürgen Gruler
Lesedauer: 
Eine geöffnete amtliche Wahlbenachrichtigung liegt auf einem Tisch. © Marijan Murat/DPA

Rhein-Neckar-Kreis. Jutta Schuster (CDU) aus Plankstadt, Dr. Ralf Göck (SPD) aus Brühl und Adolf Härdle (Grüne) aus Hockenheim haben etwas gemeinsam – sie engagieren sich im Kreistag. Seit inzwischen 25 Jahren und werden dafür dieses Jahr wohl auch den Ehrenring des Kreises dafür erhalten.

Alle drei stehen am 9. Juni zur Wiederwahl bereit. Wir haben im Vorfeld mit ihnen über Ziele und Probleme ihrer ehrenamtlichen Arbeit im Kreistag gesprochen, aber auch darüber, wie sich die Tätigkeit in den Jahren verändert hat:

Wie hat sich die Kreistagsarbeit in den zurückliegenden 25 Jahren verändert?

Adolf Härdle: Dem Grunde nach hat sich die Gremienarbeit im Kreistag von den Themen und Inhalten her nicht viel verändert. Die Ausschüsse für Verwaltung und Finanzen, für Umwelt, Verkehr und Wirtschaft, für Schulen, Kultur und Sport sowie der Ausschuss für Soziales bilden das Rückgrat der Gremienarbeit. Allerdings ist die Aufsichtsratstätigkeit in den Gesellschaften der AVR und der GRN Gesundheitszentren komplexer und anspruchsvoller geworden. Bei der Aufstellung des jährlichen Haushaltsplans bilden die strategischen Ziele eine gute Grundlage. Wichtig ist mir persönlich der gute Kontakt mit den Schulleitungen an den jeweiligen Standorten, auch der Austausch mit den Betriebsräten und Geschäftsführungen im GRN Gesundheitszentren und dem BZG Bildungszentrum in Wiesloch ist wichtig. Festzustellen ist eine stärkere Präsenz von ehemals zwei auf sechs Vertreter der Grünen-Fraktion in den Gremien. Bei Redebeiträgen hat sich die Akzeptanz der Grünen bei ihren Kreistagskollegen in den anderen Fraktionen verbessert, war es doch 1984 durchaus üblich, dass ein Wortbeitrag eines Grünen durch Ignoranz bestraft wurde. Demonstratives Zeitung lesen und gelangweilte Gesichter waren oft angesagt.

Drei Kreisräte, die seit 25 Jahren dem Gremium angehören

  • Adolf Härdle (72), Oberstudienrat a.D., verheiratet, drei Kinder, Fraktion Die Grünen. Bis 1980 in der evangelischen Jugendarbeit und Jugendzentrumsbewegung aktiv und 1978 Mitbegründer des Vereins Waldfestival.
  • Von 1980 bis heute Mitglied im Gemeinderat Hockenheim und Fraktionssprecher Bündnis 90/Die Grünen, Mitglied in GV Hockenheim-Ring GmbH und im Gemeinsamen Ausschuss HoRAN, Mitglied im Technischen Ausschuss/Werkausschuss. Teil diverser Bürgerinitiativen und Initiator Bürgerentscheid.
  • Von 1984 bis 1989 Mitglied im Kreistag und dann wieder seit 2004 bis heute.
  • Jutta Schuster (62), IT-Beraterin, CDU-Fraktion: Erstmals im Alter von 25 Jahren für die CDU in Plankstadt in den Gemeinderat gewählt, seit 20 Jahren deren Fraktionssprecherin. Sie engagiert sich für junge Familien, die Förderung des Ehrenamts und hat ein offenes Ohr für die Belange der Vereine. Seit 2010 Trägerin der Staufer Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg.
  • 1999 erstmals in den Kreistag gewählt. Sie vertritt dort die Interessen von Eppelheim, Oftersheim und Plankstadt. Aufsichtsratsmitglied im GRN Rhein-Neckar, Sprecherin der CDU-Fraktion im Jugendhilfeausschuss sowie Mitglied in der Verbandsversammlung der Metropolregion.
  • Dr. Ralf Göck (61), Bürgermeister der Gemeinde Brühl und stellvertretender Vorsitzender des Bürgermeisterverbandes Rhein-Neckar. SPD-Fraktion.
  • Im Kreistag Vorsitzender der SPD-Fraktion, aktive Mitwirkung in den Aufsichtsräten und Ausschüssen des Kreises, ebenso bei der Metropolregion Rhein-Neckar, die ihn im Dezember 2023 einstimmig zum Vorsitzenden ihres Planungsausschusses wählte, den bis dahin der zum Mannheimer Oberbürgermeister gewählte Christian Specht geleitet hatte.
  • Mehr Infos und Kontakt über die Internetpräsenz www.ralfgoeck.de

Ralf Göck: Zunächst will ich sagen, dass das kollegiale Miteinander, untereinander und zwischen Verwaltung und Kreisräten, erfreulicherweise konstant positiv geblieben ist. Manche Initiativen werden parteiübergreifend gestellt. Uneins war man sich in der Vergangenheit meist nur bei der Höhe der Kreisumlage, bei der meine Fraktion für eine niedrigere war. Erwähnenswert sind die längeren und komplizierteren Vorlagen wie in allen Gremien. Es gibt deutlich mehr Themen wahrzunehmen und im Blick zu behalten. Dazu trägt auch die Differenzierung des Kreises in Eigenbetrieb und Gesellschaften bei.

Jutta Schuster: Die Themenvielfalt hat in den Jahren zugenommen. Die Themen sind komplexer und vielfältiger geworden. Die Vorbereitungszeit und die Beratungsintensität hat sich deutlich erhört, ebenso auch die Abstimmung untereinander. Die Parteienlandschaft hat sich verändert – in den Anfangsjahren waren vier Fraktionen im Kreistag vertreten, heute haben wir sechs. Dadurch hat sich auch die Diskussionsmentalität verändert. Die Diskussionskultur ist schwieriger und kontroverser geworden.

Jutta Schuster. © Schuster

Der Kreistag ist ja relativ groß, kommt man da als Einzelne/r überhaupt zu Wort?

Schuster: Es besteht immer die Gelegenheit sich aktiv in die Kreisarbeit einzubringen. Die CDU-Fraktion trifft sich regelmäßig vor jeder Sitzung, um über die anstehenden Themen und die Stellungnahmen zu informieren und zu diskutieren – zusätzlich trifft sich der Fraktionsvorstand monatlich. Als Geschäftsführerin der CDU-Kreistagsfraktion gehöre ich zum engeren Fraktionsvorstand und kann somit unmittelbar bei Strategiegesprächen und Entscheidungen aktiv mitwirken. Als Sprecherin der CDU-Fraktion gebe ich in den Sitzungen des Jugendhilfeausschusses die Stellungnahmen der CDU ab.

Härdle: In der Tat ist es wohl so, dass ein hoher Prozentsatz der Kreistagskollegen und -kolleginnen nicht die Chance erhält sich im Rahmen der Kreistagssitzung oder in den Ausschüssen zu Wort zu melden. Als Sprecher meiner Grünen Fraktion im Schulausschuss organisiere ich die Vorberatungen und nehme regelmäßig zu Sachverhalten Stellung. Auch als Mitglied im GRN Aufsichtsrat koordiniere ich die Arbeit und bin hier sowohl innerhalb als auch außerhalb des Gremiums aktiv. Es stellt für mich ein absolutes Privileg dar, in der Form tätig sein zu dürfen.

Göck: Theoretisch könnte sich jede und jeder zu Wort melden – womöglich würden sich die routinierten Sprecher freuen, wenn die ein oder der andere ein Thema übernehmen würde. Aber das bedeutet natürlich Vorbereitungsarbeit. Manchmal braucht es ein paar Stunden für zehn Minuten Rede, das weiß ich aus Erfahrung, denn ich hatte wohl 15 Reden in den 20 Kreistagssitzungen seit 2019 zu halten. Das will und kann nicht jede und jeder leisten.

Mehr zum Thema

Kommunalwahlen

Den Kreistag im Rhein-Neckar-Kreis wählen – aber warum denn?

Veröffentlicht
Von
Jürgen Gruler
Mehr erfahren
Verkehrspolitik

Zur Kreistagwahl im Rhein-Neckar-Kreis: Mobilität – nachhaltig und klimafreundlich

Veröffentlicht
Von
Redaktion
Mehr erfahren
Klimapolitik

Zur Kreistagwahl im Rhein-Neckar-Kreis: Lebensgrundlagen erhalten

Veröffentlicht
Von
Redaktion
Mehr erfahren

Letztlich vertretet ihr ja auch die Menschen in den Kommunen, in denen ihr zu Hause seid. Gibt es da nicht auch innerhalb der Fraktionen Konflikte darüber, wie man abstimmen soll? Also so eine Art Interessenskonflikt?

Göck: Das gibt es, ist aber recht selten. Zuletzt war es bei der neuen Kreisstraße zwischen Laudenbach und Weinheim der Fall, die mitten durch Hemsbach geht – da waren die örtlichen Kreisräte in allen Fraktionen eher kritisch eingestellt. Ich hoffe, dass es gelingt, den GRN Verbund mit vier Klinik-Standorten für die wohnortnahe Versorgung zu erhalten und dass hier nicht unsere Schwetzinger Klinik als „Opfer“ von Kreisräten aus anderen Teilen unseres Kreises herausgepickt wird.

Schuster: Man spürt deutlich, dass der Rhein-Neckar-Kreis unglaublich heterogen ist. Neben dem eigenen Wahlkreis muss man aber immer alle 54 Kreisgemeinden im Blick haben. Es gibt viele Themen in den verschiedenen Raumschaften, die beispielsweise in Plankstadt und Oftersheim eine andere Rolle spielen als im Kraichgau. Deshalb ist es sehr spannend solche Themen dann in den Vorberatungen der Fraktion anspruchsvoll zu diskutieren und dann entsprechend in den Stellungnahmen abzubilden. Ich bin der Meinung, dass der CDU als stärkster Fraktion das sehr gut gelingt.

Adolf Härdle. © Härdle

Härdle: Bei der Diskussion um die jährlich festzusetzende Höhe der Kreisumlage kann es zu unterschiedlichen Auffassungen kommen, differiert die Leistungsfähigkeit der 54 Kommunen im Rhein-Neckar-Kreis doch sehr stark. Letztlich finden wir hier einen Konsens. Meine Erfahrung ist vielmehr die, dass sich meine Fraktionskolleginnen und -kollegen mit mir freuen, wenn es durch meine „Wächterfunktion“ gelingt, nicht nur die Louise-Otto-Peters-Schule, die einzige Kreiseinrichtung in Hockenheim, zu erhalten, sondern auch durch den Zehn-Millionen-Neubau deren Weiterentwicklung zu ermöglichen.

Was sind derzeit die dringlichsten Probleme des Kreises?

Härdle: Der Rhein-Neckar-Kreis steht vor vielen Herausforderungen. Beispielhaft sehe ich Handlungsbedarf bei der Aufstellung des Haushaltsplans, eine solide Haushaltsführung des Rhein-Neckar-Kreises ist schließlich die Voraussetzung für verantwortliches Handeln. An den vier Standorten der GRN Kliniken ist eine wohnortnahe Gesundheitsversorgung sicherzustellen, allerdings stellen das zu tragende Defizit und die Investitionszuweisungen des Kreises mit nahezu 60 Millionen Euro eine zu große Belastung dar und kann auf Dauer so nicht akzeptiert werden. Im Rahmen der Gremienarbeit sehe ich es als meine Aufgabe an, die Geschäftsführung bei ihren Konsolidierungsbemühungen zu begleiten und im Bedarfsfall zu unterstützen. Vom Land ist zu erwarten, dass es seine finanzielle Verantwortung bei Investitionen wahrnimmt, der Bundesgesetzgeber muss zudem schnellstmöglich im Einvernehmen mit den Ländern die Krankenhausreform auf den Weg bringen, um Insolvenzen im Gesundheitswesen zu vermeiden.

Dr. Ralf Göck. © Göck

Göck: Das drängendste Problem sind die aktuelle Finanzschwäche des Kreises bei steigenden laufenden Ausgaben und hohe Investitionen in die Infrastruktur. Die Personalkosten steigen deutlicher als in den Vorjahren und das Defizit der Kliniken ist sehr hoch. Investiert wird derzeit in die ehemalige Polizeidirektion neben dem Landratsamt an der Kurfürstenanlage, die zu Büroräumen für die Verwaltung umgebaut und erweitert wird. Es wird eine neue GRN Klinik in Sinsheim gebaut und etliche Schulbauten laufen. Das bedeutet aber auch, dass derzeit kein Geld da ist, um den Weg zur Klimaneutralität einzuschlagen, der die energetische Sanierung der kreiseigenen Gebäude erforderlich macht.

Schuster: Hier geht es ganz klar um die Finanzsituation – wir haben große Herausforderungen wie die Krankenhausfinanzierung und Krankenhausreform, die Kostensteigerungen im Sozialhaushalt – speziell auch bei der Jugend- und Eingliederungshilfe, Flüchtlingsunterbringung, Arbeitsaufnahme von Flüchtlingen und der Ausbau des ÖPNV. Ferner müssen die beschlossenen Investitionsprojekte wie zum Beispiel der Krankenhausneubau in Sinsheim und die Sanierung der Kreisverwaltung in Heidelberg umgesetzt werden. Und dies alles bei wegbrechenden Einnahmen was die prognostizierten Mindersteuereinnahmen für 2025 unterstreichen.

Welche Ziele habt ihr euch im Falle einer Wiederwahl gestellt?

Schuster: An oberster Stelle steht für mich der Erhalt der vier Kreiskliniken – besonders natürlich die Klinik in Schwetzingen. Der Erhalt der landwirtschaftlichen Flächen zwischen Eppelheim und Plankstadt sowie die ökologisch wertvollen Flächen in Oftersheim sind ebenfalls ein großes Ziel. Und die Bildung ist der Schlüssel für unsere Zukunft, deshalb müssen wir unser erfolgreiches Berufsschulwesen im Kreis fortsetzen und unsere Bildungseinrichtungen sanieren und weiterhin ausbauen.

Mehr zum Thema

Bildungspolitik

Zur Kreistagwahl im Rhein-Neckar-Kreis: Berufliche Schulen fit für die Zukunft

Veröffentlicht
Von
Redaktion
Mehr erfahren
Sozialpolitik

Zur Kreistagswahl im Rhein-Neckar-Kreis: Soziales ist bei uns Sache des Kreises

Veröffentlicht
Von
Redaktion
Mehr erfahren
Infostand

Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises informiert über Wahlen

Veröffentlicht
Von
PM LRA
Mehr erfahren

Göck: Für mich hat der Erhalt der GRN Klinik Schwetzingen ebenso hohe Priorität wie die Verbesserung der Finanzlage des Kreises. Wenn es nicht gelingt die Finanzlage des Kreises zu verbessern, dann wird manche Kreisgemeinde im nächsten Jahr erdrückt, denn die 54 Städte und Gemeinden zahlen die Ausgaben des Kreises über eine Umlage, die bei anhaltender Finanzschwäche des Kreises nochmals stark ansteigen würde.

Härdle: Durch eine Ausbildungsoffensive sollte im Bereich der Kindertagesstätten und im Gesundheitsbereich der Versuch unternommen werden, dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken. Die Qualifizierung von Pflegefachpersonal durch die generalistische Pflegeausbildung ist anzustreben.

Infos zur Wahl gibt es auf der Homepage des Kreises.

Chefredaktion Jürgen Gruler ist Chefredakteur der Schwetzinger Zeitung.

Copyright © 2025 Schwetzinger Zeitung

VG WORT Zählmarke