Schwetzingen. „Nach vielen Jahren endlich wieder ein Konzert, veranstaltet vom Forschungszentrum ,Hof Musik Stadt’, das hier im Palais Hirsch arbeitet.“ Das sagte Dr. Rüdiger Thomsen-Fürst, Hauptamtlicher Mitarbeiter in diesem Forschungszentrum, am Sonntagabend in seiner Einführung zum Konzert der „Hofcapelle Carlsruhe“.
Er erklärte, dass das Forschungszentrum ein Kooperationsprojekt der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim, der Heidelberger Akademie der Wissenschaften sei, unterstützt von der Stadt Schwetzingen. Im Konzert wurden Stücke zu Gehör gebracht, die zum letzten Mal vor 200 Jahren erklangen. Wie kam es dazu?
Bei Archivarbeiten im Schloss Salem am Bodensee entdeckte man eine Notensammlung aus dem 18. Jahrhundert mit Werken von bekannten und weniger bekannten Komponisten. Einige Exemplare tragen den Vermerk „de Sternenfels“. Daraus konnte man schließen, dass diese veritable Notensammlung Caroline Auguste Friederike von Sternenfels gehörte, einer Hofdame der Erbprinzessin Markgräfin Amalie von Baden. (1754 – 1832). Aus verschiedenen Quellen weiß man, dass Caroline Auguste wie die Markgräfin Noten kaufte und bestellte, Kompositionen abschrieb und eine Musikzeitschrift abonnierte.
Die neu entdeckte Sammlung gibt auf diese Weise Aufschluss über die musikalischen Gewohnheiten des Hofes Ende des 18. Jahrhunderts. Während des Konzerts wies Thomsen-Fürst, der dieses besondere Projekt musikwissenschaftlich betreut hat, auf die Bedeutung dieses Fundes hin und erläuterte weitere Besonderheiten der Sammlung. Die aufbereiteten Werke sollten nicht nur in akademischen Kreisen vorgeführt, sondern auch der Öffentlichkeit präsentiert werden.
Das machte nun die „Hofcapelle Carlsruhe“ am vergangenen Sonntag in Schwetzingen. Das Ensemble, gegründet 2016 von Kirstin Kares, macht sich zur Aufgabe, Musik des Karlsruher Hofes in verschiedenen Besetzungen mit historischen Instrumenten wieder zur Aufführung zu bringen.
Phänomenale Interpreten
Für das Konzert im Palais Hirsch standen vier phänomenale Interpreten zur Verfügung: die Cembalistin Kirstin Kares, die Cellistin Gabriela Bradley, die Violinistin Benedetta Constantini und der Tenor Bernhard Gärtner. Auf dem Programm standen erlesene Instrumental- und Vokalwerke von weitgehend unbekannten Komponisten wie Lachnith, Bucher, Mezger oder Kornacher. Das Publikum lauschte mit großer Begeisterung den Ergebnissen der Wiederbelebung dieser alten Musik auf höchstem Niveau.
Eröffnet wurde das Konzert mit der „Sonata pour la Clavecin et Violino C-Dur“ von Ludwig Wenzel Lachnith (1746 – 1820), einem Komponisten, der Mitglied des Hoforchesters in Zweibrücken war, nach Paris ging, wo er Komposition studierte und als Hornist auftrat.
Bekannt wurde Lachnith insbesondere durch „Les Mystères d’Isis“, eine Bearbeitung von Mozarts Zauberflöte, wie Thomsen-Fürst informierte. Wer mit dem Cembalo einen trockenen starren Klang assoziiert, wurde hier eines Besseren belehrt. Silberhelle Linien des Cembalos in Kombination mit der rauschenden Klangfülle der Violine verliehen der fantasievoll interpretierten zweisätzigen Sonate eine sehr aparte Sonorität.
In einer ganz anderen Klangwelt bewegte sich das Lied „Herrn Christian Friedrich Schubarths Abschied an seine Gattin“ von Franz Xaver Bucher (1860 – 1820). Die Melodielinien des Cembalos und des Cellos verschmolzen aufs Schönste mit Gärtners ausdrucksstarker Tenorstimme.
Eine unmittelbar ansprechende Wirkung erzeugte auch die dreisätzige „Sonata 3ta B-Dur für Cembalo und Violine“ des weitgehend unbekannten Komponisten Franz Mezger (um 1760 – nach 1808). Die zwei Lieder eines anonymen Komponisten passten ebenfalls gut zu Gärtners lyrischer Stimme, sie verlangten ihr viel Differenzierungsvermögen ab. Die Begleitung am Cello und Cembalo war mehr als nur eine klangschöne Stütze. Hinreißend brillierten an ihren Instrumenten Kirstin Karen und Benedetta Constantini.
Ebenso anregend wie glanzvoll erklang zum Schluss das „Trio F-Dur für Violine, Cello und Cembalo“ von Ludwig Kornacher (2. Hälfte des 18. Jahrhunderts), wo Gabriela Bradley einen wunderbaren Celloklang entfaltete. Man spürte, da ist viel Leidenschaft im Spiel, das Plädoyer für die neu zu entdeckende Kammermusik aus der Sammlung gelang mitreißend. Dafür gab es anerkennenden Applaus.
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