Schwetzingen. Es war die letzte Gemeinderatssitzung vor der Wahl am 9. Juni, also die letzte offizielle öffentliche Plattform für die Ratsmitglieder. Zudem hatten sich im Vorfeld die SPD und die Freien Wähler – vor allem deren Fraktionssprecher Robin Pitsch und Carsten Petzold – ein Scharmützel in dieser Zeitung zum Thema Fußgänger- und Radfahrerbrücke zum Neubaugebiet „Schwetzinger Höfe“ geliefert. Fast kurios war es da, dass ausgerechnet diese beiden am Mittwochabend als turnusgemäße Urkundspersonen an der Reihe waren.
Und selbst direkt im Vorfeld der Versammlung wurde vor Ort im Sitzungssaal rund um den Ratstisch heftig diskutiert – diesmal ging es um den zweiten Tagesordnungspunkt, die neuen Vergaberichtlinien für das Palais Hirsch. Dass diese quasi inoffiziellen Diskussionen fast länger dauerten als der öffentliche Teil der Sitzung, war angesichts dieser Begleitumstände irgendwie ungewöhnlich. Nach gerade einmal 14 Minuten entließ Oberbürgermeister Dr. René Pöltl die wenigen erschienenen Bürger und die Presse schon wieder, der Rat tagte noch weiter nichtöffentlich.
Längere Diskussionen bleiben bei der Gemeinderatssitzung in Schwetzingen aus
Es gab keine Stellungnahme der Parteien oder der beiden Einzelkämpfer Zieger und Sahin – außer eine kurze Erklärung der CDU zu ihrem Abstimmungsverhalten beim Thema Palais Hirsch. Kein Bürger hatte ein Anliegen in die Fragestunde mitgebracht und – im Vergleich zu früheren Jahren fast verwunderlich – kein einziges Gemeinderatsmitglied meldete sich bei den abschließenden Anfragen.
Die beiden Tagesordnungspunkte wurden quasi mehrheitlich durchgewunken, die Einzelheiten waren wohl im Vorfeld geklärt. Beim Thema Fußgänger- und Radfahrerbrücke über die Bahnlinie stellte OB Pöltl noch einmal kurz klar, dass es aktuell lediglich um eine Vergabeentscheidung bezüglich der der Objekt-, Ingenieur- und Elektroplanungsleistungen gehe. Der grundsätzliche Beschluss über den Bau der Brücke sei ja bereits vor Monaten vom Gemeinderat gefasst worden.
Die Entscheidung, diesen Bieter auszuwählen und dem Gemeinderat vorzuschlagen (Firma IGS Ingenieure aus Weimar) habe die Verwaltung nicht getroffen, weil er das günstigste Angebot abgegeben hatte. „Dieses Angebot hatte die beste Bewertung – mit Abstand“, erklärte Pöltl.
Das Angebot zum Bau der Brücke in Schwetzingen liegt deutlich unter der Kostenschätzung
Es sei ein sehr fachkundiges Büro, das zudem eine Dependance in Baden-Württemberg habe. Dass der Angebotspreis mit etwa 1,077 Millionen Euro deutlich unter der Kostenschätzung von fast 2,6 Millionen Euro liege, mache die Sache noch erfreulicher. Letztlich wurde die Vergabe mit großer Mehrheit genehmigt, lediglich die komplette SPD-Fraktion und Haydar Sahin (ehemals Aktive Bürger) stimmten dagegen. Den Sozialdemokraten fehlt vor allem die Einbettung der Brücke in ein Gesamtverkehrskonzept.
Noch deutlicher ging die Abstimmung bezüglich der Neufassung der Benutzungsordnung für das Palais Hirsch aus. Auslöser für diesen Tagesordnungspunkt war eine dort abgehaltene AfD-Veranstaltung im Februar – was rechtens war. Denn nach der der bisherigen Fassung war es politischen Parteien und Gruppierungen sowie Privatpersonen generell gestattet, das Gebäude am Schlossplatz für politische Veranstaltungen anzumieten und zu nutzen. Das wird sich nun in Teilen ändern: Die Nutzung des Palais Hirsch wird für die politischen Kräfte in einem Zeitraum von sechs Monaten vor einer jeweiligen Wahl ausgeschlossen. Diese Vorgehensweise entspreche dem im Grundgesetz verankerten Gleichheitsgrundsatz, da damit alle politischen Parteien und Gruppierungen gleich behandelt würden, erklärte der OB.
Warum die CDU-Fraktion dem Antrag nur zur Hälfte zustimmte, erklärte Sarina Klein: Sie – sowie Markus Bürger und Rita Erny – hielten es für falsch, wegen einer Partei, „die wir unbestritten nicht in unserer Mitte haben wollen“, alle anderen auszuschließen. „Wo fangen wir an, wo hören wir auf?“, sagte sie. Für alles andere seien der Verfassungsschutz und die Zivilcourage der Bürger zuständig. Grundsätzlich halte sie es für wichtig, solchen Parteien wie der AfD mit Inhalten zu begegnen. So wurde die Neufassung bei drei Gegenstimmen verabschiedet – auch das fast ohne Diskussionen in einer knapp viertelstündigen Gemeinderatssitzung.
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