Musik im Park

Pixies in Schwetzingen: Joey Santiago über die Magie der Live-Auftritte

Die Pixies sind eine einflussreiche Alternative-Rock-Band, die große Namen der Musikbranche inspiriert hat. Trotzdem haben sie nie geplant, Hits zu schreiben, und bleiben ihrer Underground-Musik treu, während sie weiterhin erfolgreich touren. Wir haben vor ihrem Auftritt bei Musik im Park mit Gitarrist Joey Santiago gesprochen.

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Jakob Roth
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Die Pixies mit Gitarrist Joey Santiago (v.l.), der früheren Bassistin Paz Lenchantin, Schlagzeuger David Lovering und Leadsänger Black Francis („Charles“). Mit Joey Santiago haben wir im Vorfeld des Auftrittes in Schwetzingen gesprochen. © dpa

Schwetzingen. Die Pixies sind ein Phänomen: Als Alternative-Rock-Gruppe lehnten sie Kommerzmusik ab und dachten nie daran, einen Hit zu schreiben. Trotzdem inspirierten die Pixies große Namen der Musikbranche. Kurt Cobain versuchte mit „Smells like Teen Spirit“ einen Song im Stil der Pixies zu schreiben. Bono von U2 und David Bowie sprachen der Gruppe große Komplimente aus. Die Pixies verbinden damit zwei Welten und schaffen es, Underground-Musik vor Tausenden zu spielen. Auch bei „Musik im Park“ in Schwetzingen werden die Pixies am Donnerstag, 8. August, auftreten. Wir haben exklusiv mit dem Gitarristen Joey Santiago über seine vergangene Album-Tour, einen überraschenden Personalwechsel in der Band und lustige Backstage-Witze gesprochen.

Dieses Frühjahr habt ihr eine besondere Touridee umgesetzt. Die Alben „Trompe le Monde“ und „Bossanova“ habt ihr in 15 europäischen Städten in voller Länge gespielt. In den Jahren davor waren die Songs dieser Platten nicht so oft zu hören. Wie habt ihr die Entscheidung getroffen, den Fokus auf diese beiden Alben zu legen?

Joey Santiago: Wenn ich mich recht erinnere, hatte „Trompe le Monde“ vor ein paar Jahren sein so und so vieltes Jubiläum. Dann haben wir einfach entschieden, auch noch „Bossanova“ dranzuhängen – das war’s schon. Natürlich hätten wir auch nur ein Album am Stück spielen können und dann noch zusätzliche Songs. In etwa so, wie wir es vorher gemacht haben. Aber wir haben entschieden, dass beide Alben jetzt mal die volle Aufmerksamkeit unserer Fans verdienen.

Musik im Park 2024

  • Mika, Donnerstag, 1. August, 19.30 Uhr: Tickets gibt’s ab 59,90 Euro.
  • Pur, Freitag, 2. August, 19.30 Uhr: ausverkauft.
  • Tom Jones, Dienstag, 6. August, 20 Uhr: Tickets ab 59,90 Euro.
  • Giovanni Zarrella, Mittwoch, 7. August, 20 Uhr: Tickets ab 49,90 Euro.
  • Pixies, Donnerstag, 8. August, 19 Uhr: Tickets für 67,90 Euro oder 74,90 Euro („Front of Stage“).
  • Placebo, Samstag, 10. August, 19.30 Uhr, Tickets für 69,90 Euro oder 79,90 Euro („Front of Stage“).
  • Karten gibt es im Kundenforum dieser Zeitung in der Carl-Theodor-Straße 2 in Schwetzingen, bei allen bekannten Vorverkaufsstellen und unter www.reservix.de.

„Trompe le Monde“ war euer letztes Album, bevor es bis 2004 keine Pixies mehr gab – und lange keine neue Musik. Erinnerst du dich noch an die Arbeit im Studio?

Santiago: Ein bisschen. Ich erinnere mich noch, wie die Songs im Studio zusammengebastelt wurden. Tatsächlich haben wir bei diesem Album vorab gar nicht viel geplant. Wir haben uns einfach im Studio getroffen und aufgenommen. Weil wir gleichzeitig auf Tour waren und jedes Jahr ein Album als Pixies veröffentlicht haben, wurde „Trompe le Monde“ auch in mehreren Tonstudios produziert.

Spannungen und Wiedervereinigung der Pixies

Hattest du das Gefühl, dass „Trompe le Monde“ das letzte Pixies-Album sein könnte? Ich meine, die Band hat sich kurz danach ja erstmal aufgelöst . . .

Santiago: Es gab damals durchaus Spannungen in der Gruppe, aber das ist bei allen Bands völlig normal. Und ja, ich dachte, dass „Trompe le Monde“ unser letztes Album sein könnte – und das selbst noch nach unserer Wiedervereinigung 2004. Als wir da wieder zu spielen begannen, dachte ich, dass wir nie wieder ein Album zusammen aufnehmen. Aber wir als Band wollten trotzdem irgendwie weitermachen.

Lang ist es her, dass ihr Songs wie „Dig for Fire“ (zuletzt 2012) oder „Stormy Weather“ (zuletzt 2005) gespielt habt. Was für ein Gefühl ist das, diese Songs jetzt wieder zu spielen?

Santiago: Das fühlt sich gut an. Einige Leute haben sich „Dig for Fire“ ausdrücklich gewünscht. Und wir als Band können das gut nachvollziehen. Es gibt aber auch andere Songs, die echt Spaß machen: „All over the World“ zum Beispiel. Ja, wir haben viele Songs, auf die wir uns auch beim Konzert in Schwetzingen freuen.

Was macht diese Songs so reizvoll für euch?

Santiago: Wir haben sie einfach eine ganze Weile lang nicht mehr gespielt. Außerdem sind die Gitarrenstimmen bei manchen dieser Songs echt verrückt.

Und für wen spielt ihr diese Raritäten wieder – macht ihr das für langjährige Fans oder wollt ihr euch selbst herausfordern?

Santiago: Ich denke beides. Ich glaube, dass ein Teil unserer Fans sehr enthusiastisch ist und alles hören möchte. Und wir haben „alles“ schon lange nicht mehr gespielt. Und für die Leute, die uns schon öfter gesehen haben, ist es sicher auch gut, mal dieses Zeug zu hören, was wir nicht oft spielen.

Pixies in Schwetzingen: Inspiration durch das Hansa Tonstudio in Berlin

Nur ein einziges Konzert dieser Tournee spielt ihr in Deutschland, in Schwetzingen. Ein Song, den ihr zuletzt oft gespielt habt, wurde in Deutschland produziert. „Blown away“ habt ihr im Sommer 1989 im Hansa Tonstudio Berlin aufgenommen. Wie war die Arbeit in Deutschland zu diesem Song? Er hat ja doch ganz schön viel Hall . . .

Santiago: Oh, ja! Wenn man sich diesen Song anhört, trieft er nur so vor Hall. Alles ist im „Reverb“ (Hall-Effekt in Tonstudios). Das Hansa Tonstudio ist nahe beim Checkpoint Charlie, wir konnten damals sogar noch die Berliner Mauer sehen. Da war auch plötzlich dieses Element „Gefahr“, das wir gerne verarbeiten und das uns sehr inspiriert. Die Stimmung im Studio war gut. Komisch war aber der Kontrollraum dort – wir konnten nämlich nicht hineinsehen, während wir spielten. Das Gefühl war: Wir sitzen in diesem fensterlosen Raum und arbeiten einfach völlig ungestört.

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War dieser Song eine spontane Idee? Ihr habt ihn ja kurz nach einem Konzert in Berlin aufgenommen . . .

Santiago: Ich glaube wir hatten in Griechenland ein wenig freie Zeit und „Charles“ (Frank Black) hatte einen neuen Song geschrieben. Ich weiß nicht, ob das Studio da schon gebucht war. Jedenfalls waren wir nur da, um genau diesen Song aufzunehmen. Das haben wir mal eben gemacht, weil wir frei hatten – come on!

Pixies in Schwetzingen: David Bowies Kompliment und seine Bedeutung

Euer Sound hat viele große Künstler inspiriert. David Bowie und Bono von U2 bewundern euch. Kurt Cobain ist frühzeitig von einem seiner Konzerte abgehauen. um euch zu hören. Wie viel bedeuten euch solche Komplimente?

Santiago: Mir bedeutet das sehr viel. Ich meine, dass jemand sein eigenes Konzert früher als geplant verlässt, nur um danach auf ein weiteres Konzert zu gehen, ist schon verdammt gut. Noch dazu möchte kein Musiker nach dem eigenen Auftritt gleich das nächste Konzert anhören – da muss man die Band schon wirklich, wirklich gerne sehen wollen. Deswegen bin ich sehr froh, dass Kurt Cobain uns wohl gerne hören wollte. Vielleicht waren wir einfach zufällig in derselben Stadt und er dachte sich: „Na gut, das höre ich mir an.“ Aber klar fühlt sich das toll an, von anderen Musikern gesehen zu werden. Aber lass’ mich nicht lügen, David Bowies Kompliment war das Beste!

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Stimmt, David Bowie sagte einmal in einem Interview, dass dein Gitarrenspiel den Pixies-Sound ausmacht? Wie hat es sich angefühlt, so etwas zu hören?

Santiago: Oh, Mann. Es war einfach komisch, ihn meinen Namen in diesem Interview sagen zu hören: „Santiago“ – das war einfach nur surreal. Das war für mich einer dieser Momente im Leben.

Obwohl ihr „Trompe le Monde“ und „Bossanova“ in voller Länge gespielt habt, stand euer größter Erfolg „Whereis my Mind?“ immer auf der Setlist. Macht es noch Spaß, diesen Song live zu spielen, oder fühlt es sich etwas nach Pflicht an?

Musik im Park in Schwetzingen mit den Pixies: Klassiker „Where is my Mind?“

Santiago: Nein, ganz und gar nicht. Wir wissen, wie es ist, im Publikum zu stehen. Bei einem Konzert muss es eben die „Gimme Shelters“ oder die „Jumping Jack Flashs“ geben. Das braucht ein Konzert, um ein in sich vollständiges Erlebnis zu sein – und das wissen wir auch. Unsere Fans kommen auch deshalb. Manchmal spielen wir „Where is my Mind?“ aber nicht. Das ist in Ordnung. Aber es oft zu spielen stört uns überhaupt nicht.

Bekommt ihr Ärger mit Fans, wenn der Song nicht gespielt wird?

Santiago: Nein, nicht dass ich wüsste. Aber manchmal reißen wir solche Witze, wenn das Catering schlecht ist oder so. So auf die Art: „Wenn das Essen nicht schmeckt, spielen wir heute kein ,Where is my Mind’?“Wir machen damit unsere Späße. Natürlich meinen wir das aber nicht ernst. Wir wissen, wie wichtig der Song für unsere Fans ist.

Wann ist das Catering so schlecht, dass „Where is my Mind?“ ausfällt?

Santiago: Ach, weißt du, wenn’s einfach nicht schmeckt. Das hören wir dann schon, die Crew isst nämlich immer zuerst (lacht). Aber Spaß beiseite: Alle werden gut verpflegt. Wir machen nur gerne solche Scherze.

Der Song erschien auf eurer ersten Platte „Surfer rosa“. Wusstet ihr beim Schreiben sofort, dass der Song ein Klassiker werden könnte?

Santiago: Ja, ich meine, das Schreiben hat sich gut angefühlt. Zu dieser Zeit haben wir einfach Songs zusammengetragen und das Riff, das ich geschrieben habe, war relativ schnell fertig. Es war auch das einzige, was mir sofort, ohne großes Nachdenken, eingefallen ist. Ich habe es gespielt und dachte gleich: „Ja, das ist großartig.“ Wir haben uns als Band aber nie auf das Schreiben von Hits konzentriert. Wir waren eine dieser Musikgruppen, die für die damalige Zeit noch ziemlich alternativ waren. Und anzunehmen, dass wir einen Hit machen, wäre abwegig gewesen.

Und als es dann passiert ist, der erste Hit als Alternative-Band? War das ein komisches Gefühl?

Santiago: Ist es denn wirklich ein Hit? Wir hatten nie wirklich einen – zumindest nicht nach der Definition der großen Musikfirmen. Natürlich ist das Lied inzwischen sehr bekannt, ich meine, der Song war im Film „Fight Club“ (schmunzelt). Aus irgendeinem Grund ist „Where is my Mind?“ eben berühmt geworden. Aber der Song war nie in den Top 40. Für uns war das eine Art „Leck mich“ an die Leute, die diese Chartlisten machen und sich nur für Zahlen interessieren. Denn Zahlen sind nicht alles.

Überraschender Personalwechsel bei den Pixies

Eure Albumtour hat mit einer Überraschung angefangen. Bassistin Paz Lenchantin spielt nach zehn Jahren nicht mehr bei den Pixies. Stattdessen hilft jetzt Emma Richardson (vorher „Band of Skulls“) aus. Wie waren die ersten Pixies-Auftritte mit ihr?

Santiago: Ja, wir verstehen uns. Sie ist bei uns mit voller Kraft durchgestartet. Abseits der Musik haben wir uns aber noch nicht so gut kennengelernt. Also hab’ ich ihr gesagt, dass wir demnächst in Charlotte (USA) entspannt Mittag essen gehen.

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Auf dem Pixies-Album „Doggerel“ (2022) hast du zum ersten Mal einen Songtext geschrieben – wie kam es dazu?

Santiago: „Charles“ hat mich gefragt und ich dachte nur: „Was?!“ So auf die Art: „Warum fragst du gerade mich?“ Ich meine, er ist einer der verdammt besten Songschreiber da draußen. Und dass er gerade mich gefragt hat, hat sich gut angefühlt. Warum er mich gefragt hat? Ich weiß es nicht. Ich kann mir nur vorstellen, dass er die Art mag, mit der ich die Welt sehe. Tatsächlich habe ich dann etwas ganz Akzeptables geschrieben. Außerdem habe ich gelernt, wie schwierig es ist, einen Text zu schreiben.

War das Schreiben denn sehr anstrengend für dich?

Santiago: Nein, es hat mir sogar großen Spaß gemacht. In meiner Highschool war ich Mitglied in einer Art „Gedichte-Club“. Nach der Schule trafen wir uns im Haus eines Lehrers und haben unsere kleinen Gedichte vorgelesen, das hat Spaß gemacht.

Energie und Leidenschaft der Pixies nach 38 Jahren

Gibt es Songschreiber, die du bewunderst?

Santiago: Ich mag Musiker wie Mick Jagger oder Keith Richards. Sie haben bestimmte Wortphrasen geprägt, die heute völlig normal verwendet werden. Ich weiß zum Beispiel gar nicht, ob es Ausdrücke wie „Get off my Cloud“ vor den Stones überhaupt gab.

Es ist jetzt 38 Jahre her, seit die Pixies gegründet wurden. Und ihr habt eine Menge erreicht – manche Bands würden so langsam über den Ruhestand nachdenken. Woher nehmt ihr diese Energie, immer noch zu touren?

Santiago: Oh Gott, ich glaube, wir haben alle das Reisefieber. Josh Homme („Queens of the Stone Age“) hat diesen Toureffekt einmal so beschrieben: „Dass man immer touren will, wenn man zu Hause rumsitzt. Und dann wiederum nach Hause will, wenn die Tour in vollem Gange ist.“ Wenn wir zu lange nichts tun, werden wir unruhig. Wir müssen einfach ständig irgendwas bewegen.

Belebt es dich, lange auf Tour zu sein? Obwohl es ja anstrengend ist.

Santiago: Auf dieser Tour, die wir gerade gemacht haben, mit „Trompe le Monde“ und „Bossanova“, haben wir drei Abende pro Stadt gespielt. Und das hat großen Spaß gemacht. Es war einfach toll, all diese schönen Städte zu sehen. Aber nach der zweiten oder dritten Show wollte ich dann einfach weiterziehen. Ich mag es einfach unterwegs zu sein.

Info: Die Pixies spielen am Donnerstag, 8. August, bei Musik im Park im Schwetzinger Schlossgarten. Das Konzert beginnt um 19 Uhr, mit dabei sind die Bands „Sprints“ und „Picture Parlour”. Karten gibt es im SZ-Kundenforum ab 67,90 Euro, VIP-Tickets kosten 99,90 Euro (plus Gebühr).

Freier Autor Freier Mitarbeiter

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