Brückenstopp

Schwetzinger SPD bezieht Stellung zu Brückendebakel: „Hätte man wissen können“

Die Sozialdemokraten kritisieren die misslungene Planung rund um die Überführung für die "Schwetzinger Höfe": Die SPD spricht von einem immensen finanziellen Schaden.

Von 
Jürgen Gruler
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Schwetzingen. „Ein neuer Oberbürgermeister ist im Amt und schon soll die Pfaudler-Brücke doch nicht gebaut werden, weil sich für alle ganz plötzlich und unvorhergesehen die Rahmenbedingungen geändert haben“, so fasst SPD-Fraktionsvorsitzender Robin Pitsch den Ausstieg aus dem Brückenprojekt von den „Schwetzinger Höfen“ über die Bahnlinie in Richtung Vereinshaus Bassermann zusammen. „Wir finden gut, dass nun nicht länger Geld für dieses Projekt verschwendet wird, aber leider sind bereits hunderttausende Euro in die Planung geflossen und andererseits waren diese Fakten im Vorfeld absehbar. Als SPD-Minderheit wollten wir genau diese Situation mit den nun angeführten Argumenten die ganze Zeit verhindern“, so Pitsch.

In der Diskussion werden unter anderem technische, städtebauliche und organisatorische Bedenken zum Brücken-Aus angeführt. So sei die Rampe der Brücke aufgrund der barrierefreien flachen Neigung am Ende einfach zu lang, um eine tatsächliche Abkürzung darzustellen, mitunter sei der Weg über die projektierte Brücke sogar länger als über die Südtangente oder die Bahnhofsunterführung, so die SPD. „Hier hätte man ganz einfach über den Neigungswinkel und die Mindesthöhe bereits im Vorfeld die Brückenlänge berechnen können und über Google Maps die Wegstrecken abmessen können, dann hätte man gesehen, dass die Brücke für niemanden eine Zeit- oder Wegersparnis hat“, sagt Pitsch. „Wir als SPD hatten diesen Nichtmehrwert von Beginn an immer wieder thematisiert.“

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Zudem habe die Brücke für den Radverkehr zu keinem Zeitpunkt eine ernste Rolle gespielt. „Die Verwaltung hat die neue Radbrücke zwar als Entlastung für den Radverkehr angepriesen. Aber in keinem einzigen Verkehrsgutachten ist die Brücke als zentrales Verkehrselement vorgesehen. Auch die von Altstadtrat Simon Abraham mehrfach eingeforderten Nachweise bleibt die Verwaltung bis heute schuldig. Insofern war die Brücke schon immer entbehrlich“, sagt Stadtrat Hans-Peter Müller. „Immerhin: Es macht die Sache einfacher, auf sie zu verzichten.“

Die Termine waren doch bekannt

Die technische Machbarkeit wird ebenfalls als Grund für das Brücken-Aus genannt: „Ausschreibungs- und Planungszeiträume, die zu kurzfristigen Terminabstimmungen mit der Bahn, die beim Einschwenken über die Gleise den Zugverkehr für längere Zeit einstellen muss und nicht zuletzt die Umsetzungsfrist des Fördergebers Ende 2026. Die waren doch im Prinzip bekannt oder fängt man ein solches Projekt ohne eine solche Timeline an“, fragt Stadträtin Anna Abraham.

Hauptkriterium der Brückenabsage seien aber die enorm gestiegenen Kosten, die ursprünglich bei rund 11 Millionen lagen, von denen die Stadt aufgrund einer Bundesförderung von 9 Millionen immerhin noch knapp zwei Millionen hätte berappen müssen. „Das Problem war immer, dass der Bundeszuschuss gedeckelt war, sodass jeder Euro Mehrkosten automatisch durch die Stadt zu tragen war. Angesichts der Baupreisentwicklung der letzten Jahre und der Erfahrung von Projekten in anderen Städten war klar, dass der veranschlagte Wert überschritten wird“, so Stadträtin Sabine Rebmann. Daher seien die nun real berechneten Gesamtkosten von mindestens 15 Millionen mit 6 Millionen von der Stadt keine Überraschung.

Und Auch die erheblichen jährlichen Instandhaltungskosten hätten im Vorfeld in die Abwägung einer Entscheidung fließen müssen. Die Stadt habe sich erst jetzt konkret mit Instandhaltungs- und Abschreibungskosten beschäftigt - zu spät.

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„Schwetzingen hat durch das bisherige Brückenprojekt mit seinen Vorarbeiten und Planungen erheblichen finanziellen Schaden erlitten“, so Robin Pitsch. Neben Kosten für die Machbarkeitsstudie und Ausführungsplanung seien auch Grundstücke von der Bahn gekauft worden. „Mit diesen länglichen und schmalen Grundstücken direkt an der Bahn kann man nichts anfangen, außer einer Lärmschutzwand - die im Projekt ,Schwetzinger Höfe’ aber ohnehin eingepreist ist. Diese Grundstücke sind für eine kommunale Entwicklung wohl wertlos.“ Zudem stehe die Frage im Raum, ob die bereits durch den Bund geleisteten Förderzuschüsse für die Planungen zurückgezahlt werden müssten.

„Jetzt mal abgesehen von einem imaginären Mehrwert, den die Befürworter dieser Brücke zuschreiben mögen: Wenn man das alles zusammenzählt, könnte es sein, dass die Stadt mehr als eine Million Euro in den Sand gesetzt hat“, meint der Fraktionsvorsitzende. Um nun das Pfaudler-Areal adäquat an den Radverkehr und die Südtangente anzuschließen, könnte sich die SPD einen parallel zu den Gleisen und hin zur Südtangente abfallenden Radweg vorstellen. „Das hatten wir immer als Alternative vorgeschlagen“, sagt Sabine Rebmann.

„Im Projektverlauf wurde vieles nicht zu Ende diskutiert, durchdacht und am Ende abgenickt. Es muss zu denken geben, wenn der neue OB Matthias Steffan direkt nach Amtsübernahme die Projektrisiken so schnell neu oder endlich mal richtig bewertet, um quasi in letzter Sekunde noch größeren Schaden von der Stadt abzuwenden. Man muss dem OB Anerkennung dafür zollen. Von den Entscheidern am Ratstisch hätten wir uns schon damals eine kritischere Haltung gewünscht“, resümiert Pitsch. zg

Chefredaktion Jürgen Gruler ist Chefredakteur der Schwetzinger Zeitung.

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